Jesteburg. Im Abstiegskampf der Regionalliga Nord hilft den VfL-Fußballerinnen der Überraschungserfolg gegen den Spitzenreiter nicht wirklich weiter.
Wie einen Sieg feierten die Fußballfrauen des VfL Jesteburg das 1:1 (0:1) auf eigener Anlage gegen den „großen“ HSV. Dessen Fußballfrauen sind die Übermannschaft der Regionalliga Nord, sie reisten mit einer Erfolgsbilanz von 14 Siegen und einem Unentschieden als ungeschlagener Tabellenführer an. Alles andere als drei Punkte, die sie aus Jesteburg entführen wollten, hatten sie nicht auf der Rechnung.
Doch dann gab es in der 88. Minute diesen magischen Augenblick, auf den Jesteburgs Frauen so lange hingearbeitet haben. Als Tania Rocha Ferreira ihre gerade eingewechselte Mitspielerin Laura Vetter mustergültig steil schickte, diese die Hamburger Torhüterin umkurvte und den Ball in die Mitte vor der HSV-Tor passte. Direkt vor die Füße von Emilia van Gunst, die den Ball zum 1:1-Endstand über die Torlinie drückte.
Erfreulich: In der Vorwoche gab es auch bei Hannover 96 ein 1:1
Was für eine Genugtuung für die „Rüsselkäferinnen“, die eine Woche zuvor ebenfalls mit einem 1:1-Unentschieden vom Tabellenvierten Hannover 96 heimgekehrt waren. In Niedersachsens Landeshauptstadt hatten sie bis in die Nachspielzeit mit 1:0 geführt, um am Ende noch den Ausgleich zu kassieren. Doch anders als die HSV-Frauen in Jesteburg, die enttäuscht und mit hängenden Köpfen vom Platz schlichen und zwei vergebenen Punkten nachtrauerten, waren die VfL-Frauen froh über die Ergebnisse gegen die beiden Traditionsvereine.
„Diese beiden Punkten gegen Hannover und den HSV hatten wir nicht eingeplant“, räumte Trainer Marcel Hagemann ein. Denn mit zwei Niederlagen gegen Burg Gretesch und – besonders enttäuschend – gegen den FC St. Pauli waren die Fußballerinnen aus Jesteburg alles andere als erfolgreich in die Regionalliga-Rückrunde gestartet.
„Der Kampfgeist stand allen Spielerinnen ins Gesicht geschrieben“
Hagemann hatte sein Team darauf eingestellt, dass die Hamburgerinnen die größeren Spielanteile haben würden. Sein Rezept war eine sichere Defensive, um nach Balleroberungen über Konter gefährlich nach vorn zu spielen. Für zusätzliche Motivation brauchte der Trainer nicht zu sorgen. „Der Kampfgeist stand allen Spielerinnen ins Gesicht geschrieben“, sagte die verletzte Stammtorhüterin Laura Jungblut.
In der 24. Minute nutzten die Hamburgerinnen ihre erste gute Möglichkeit zum 1:0. VfL-Torhüterin Lena Staack konnte den Ball beim ersten Versuch noch an die Querlatte lenken, der Nachschuss von Markella-Dimitra Koskeridou landete aber im Tor. Die mitgereisten HSV-Fans ärgerten sich in der Pause darüber, dass zwei weitere HSV-Treffer wegen eines Foulspiels und einer Abseitsstellung keine Anerkennung fanden.
Rote Karte für HSV-Torhüterin nach Notbremse in der 85. Minute
In Halbzeit zwei wendete sich das Blatt. Der VfL war immer öfter in Ballbesitz, der HSV wurde zunehmend ungenauer im Aufbauspiel. „Die Hamburgerinnen schwimmen“, stellte Laura Jungblut fest. Sie sollte Recht behalten. In der 85. Minute lief Lina Appel allein auf die HSV-Torhüterin zu, die aus dem Tor gestürmt kam und – deutlich zu hören – neben dem Ball auch Lina Appel am Fuß traf, die Jesteburgerin so kurz vor der Strafraumgrenze zu Fall brachte.
Schiedsrichterin Lis Pirotton (Kiel) zeigte Lela-Celin Naward die rote Karte wegen einer Notbremse. Der folgende Freistoß brachte keinen Erfolg. Aber eine Minute später traf Emilia van Gunst gegen Hamburgs „Ersatztorhüterin“ Aaliyah-Milene Thomas zum 1:1. Van Gunst hatte schon in Hannover den so wichtigen Treffer für den VfL Jesteburg erzielt.
Die acht Minuten Nachspielzeit wollen kein Ende nehmen
Als die Unparteiische nach acht Minuten Nachspielzeit endlich abpfiff, kannte der Jubel keine Grenzen. Die Taktik von Coach Hagemann war aufgegangen. Den höheren Spielanteilen und dem Mehr an Chancen für den HSV stellten die VfL-Frauen eine starke kämpferische Teamleistung entgegen. „Wir haben einen Punkt geholt. Egal wie, egal auch, ob verdient oder nicht. Wir wissen jetzt: Nur so geht es“, freute sich der Trainer.
„Wir wollten das Spiel so lange wie möglich offen halten, das ist uns gelungen. Wir haben Moral und Kampfgeist bewiesen und sind aus unserem Tief seit Oktober 2021 aufgrund von einigen schweren Verletzungen und der Corona-Pandemie jetzt hoffentlich heraus,“ sieht er dem Abstiegskampf in den kommenden Wochen zuversichtlich entgegen.
Nur ein Punkt besser als FC St. Pauli auf dem ersten Abstiegsplatz
Tabellarisch hat der Punktgewinn gegen den HSV die Jesteburgerinnen nicht nach vorn gebracht – im Gegenteil. Konkurrent SV Meppen II gewann 6:1 gegen den Walddörfer SV und zog in der Tabelle vorbei. Die Fußballerinnen aus dem Kreis Harburg trennt nur noch ein Platz und ein Punkt vom ersten Abstiegsplatz, auf dem der FC St. Pauli steht.
Am Sonntag, 13 Uhr, geht es weiter mit dem Auswärtsspiel beim Tabellenneunten TV Jahn Delmenhorst. Danach folgen noch insgesamt neun Spiele, viele auch gegen Gegner, die nicht das Kaliber eines HSV oder von Hannover 96 haben.