Stade. Ab 2024 sollen Sportler auf großen Wellen wie an einem Strand reiten können. Kurz vor der Baureife kommt plötzlich Protest auf.

Bis zu zwei Meter hohe Wellen sollen hier einmal künstlich erzeugt werden und ein Ambiente wie an einem Ozeanstrand schaffen: Seit einigen Jahren schon planen die beiden Altländer Brüder und passionierten Surfer Jan und Dirk Podbielski auf einem Acker bei Stade einen großen Surfpark zum ganzjährigen Wellenreiten.

Jetzt ist das 20-Millionen-Projekt in eine entscheidende Phase zur tatsächlichen Realisierung eingetreten. Bis zum gestrigen Freitag lagen Pläne und Umwelt-Gutachten für den notwendigen Bebauungsplan öffentlich aus. Bürger und Behörden konnten dazu Stellung beziehen.

Surfpark auf dem Acker bei Stade: Projekt liegt voll im Terminplan

Diese Stellungnahmen würden nun geprüft, sollten sich daraus keine wesentlichen Änderungen der Planung ergeben, könnte der Stadtrat noch im März den Bebauungsplan als Satzung beschließen, teilte ein Sprecher der Stadt auf Anfrage mit. Im Mai oder Juni würde schließlich das Baurecht vorliegen, so dass konkrete Bauanträge gestellt und erste Erschließungsarbeiten beginnen könnten. 2024 wollen die Podbielskis dann ihren „Surfgarten Stade“ als ersten seiner Art in Deutschland eröffnen.

Zwei weitere Projekte des Herstellers solcher Anlagen sind derzeit auch in Düsseldorf und München geplant. Eine Konkurrenz sieht Investor Jan Podbielski in den beiden anderen Surfparks aber nicht. Dazu seien sie viel zu weit entfernt. Für seinen Stader „Surfgarten“ liege man im derzeitigen Bebauungsplan-Verfahren zudem voll im Terminplan: „Das Projekt lebt mehr denn je, jetzt kann es voll losgehen“, sagt Podbielski

Allerdings sieht er sich derzeit kurz vor Baubeginn plötzlich mit ziemlich viel Protest konfrontiert. „Bürgeraktion Surfpark – nein danke!!!“, so bezeichnet sich eine Initiative, die von dem Stader Arzt Bernd Hohendorff gegründet worden ist und auch schon eine Trecker-Demo organisiert hat. Bürger aus der Region, aber auch Landwirte und Umweltverbände würden einen solchen Surfpark mitten auf der Stader Geest ablehnen. „Da ist eine ziemlich breite Front zusammengekommen“, sagt Hohendorff, dessen Initiative jetzt noch einmal Gespräche mit den Stader Ratsfraktionen vereinbart hat, um in der Politik einen Meinungsumschwung zu bewirken. Bisher gab es dort eine breite Zustimmung für das Vorhaben, mit dem Stade auch sein touristisches Profil schärfen soll.

Kritiker äußern ökologische Bedenken gegen den Surfpark

Im Wesentlichen werfen die Kritiker dem Projekt Wasserverschwendung und den Verbrauch von landwirtschaftlichen Flächen vor. Das Vorhaben passe angesichts von Klimakrise und Ressourcenknappheit nicht mehr in die Zeit. Auch einen hohen Stromverbrauch und die Verkehrsbelastung durch die angepeilten 200.000 Besucher pro Jahr nennt die Bürgeraktion als Kritikpunkte.

Die Simulation zeigt, wie der Surfpark bei Stade aussehen könnte.
Die Simulation zeigt, wie der Surfpark bei Stade aussehen könnte. © HA | wavegarden

Die Investoren verweisen indes auf ihr Nachhaltigkeitskonzept: So soll beispielsweise ein spezielles Regenrückhalte-Becken die Verdunstung des Wassers im 22.000 Quadratmeter großen Pool ausgleichen und als Reservoir dienen. Strom und Wärme sollen zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien erzeugt werden. Das Wasser wird indes gar nicht beheizt. „Wir sind Nordsurfer und ziehen uns auch bei 4 Grad den Wetsuit an“, heißt es auf der Internetseite. Zudem soll zum S-Bahnhof (S 3) in Stade ein Pendeldienst eingerichtet werden.

Ob der Protest gegen den Surfgarten bei der Stader Kommunalpolitik eine Meinungsänderung bewirken kann, dürfte derzeit fraglich sein. Zum einen gibt es offensichtlich auch deutlichen Zuspruch in der Bevölkerung. So seien während der Auslegung des Bebauungsplans 254 Stimmen aus der Öffentlichkeit eingegangen, davon seien etwa 85 Prozent positiv, 15 Prozent äußerten sich kritisch, hieß es bei der Stadt.

Ursprünglich sollte hier ein BMW-Werk entstehen

Zum anderen ist die Fläche an der K 30 schon lange als Gewerbe- oder gar Industriefläche vorgesehen. Ursprünglich hatte sich Stade damit um die Ansiedelung eines BMW-Werkes beworben. Daraus wurde zwar nichts, doch Gewerbe soll hier auf jeden Fall entwickelt werden, der Surfpark und eine erste Gewerbefläche, wie sie beide der neue Bebauungsplan vorsieht, wären nun der erste Schritt zu einer solchen Entwicklung.

„Stade hat da ein Flächenproblem, wir wollen und werden das ohnehin für Gewerbe nutzen“, sagt der Stader Ratsvorsitzende Karsten Behr (CDU), der sich dort einen Surfpark gut vorstellen kann, wie er sagt: „Stade ist touristisch aufgestellt, das passt auch mit der S-Bahn“ Er gehe daher weiter von einer relativ breiten Mehrheit im Stadtrat für das Projekt aus. Ähnlich die Einschätzung des Stader SPD-Ratsfraktionschefs Kai Holm. „Die Fraktion steht positiv zu dem Vorhaben und wird es weiter positiv begleiten“, sagt er.

Das ist geplant:

  • Der „Surfgarten“ in Stade soll auf einem rund 60.000 Quadratmeter großen Grundstück in der Nähe des Sportflugplatzes bei Stade-Agathenburg entstehen. Herzstück ist ein zweigeteilter Pool mit einer Fläche von 22.000 Quadratmetern.
  • Dort sorgt dann eine Wellenmaschine des spanischen Herstellers Wavegarden für unterschiedliche Wellen von 50 Zentimetern bis zu zwei Metern Höhe, die auf Knopfdruck angepasst werden können. Auch Form, Größe und Kraft der Wellen lassen sich einstellen und sollen so das Gefühl echter Ozeanwellen vermitteln. Pro Stunde sind in den beiden Beckenbereichen so 500 linke und 500 rechte Wellen möglich. Profis wie Anfänger sollen dann darauf surfen können.
  • Teil der Planung ist zudem ein großes Hauptgebäude, sowie Surf-Schule, Shop, Restaurant, Kletterwand, Beachvolleyball-Felder und ein Abenteuer-Spielplatz. Angedacht sind auch Stellflächen für Wohnmobile und kleine Ferienhäuser auf dem Gelände. Die Investoren rechnen dabei mit bis zu 200.000 Besuchern jährlich aus der Region von Bremen bis Hamburg.
  • Der spanische Hersteller der Wellenerzeugungstechnik Wavegarden gilt als Marktführer. Sechs solcher Anlagen weltweit wurden vom ihm in den vergangenen Jahren realisiert, darunter in Brasilien, der Schweiz, England und Wales. Offensichtlich ein wachsender Markt: Derzeit sind laut Wavegarden weltweit sogar 46 Projekte für Surfparks in Planung.