Buchholz. Klimaaktionsplan soll CO2-Emissionen massiv senken. Aktivisten legen ergänzendes Konzept vor. Das wäre möglich
Die Stadt Buchholz will bis 2035 – und damit 15 Jahre früher als geplant – klimaneutral werden. Dafür hat die Nordheidestadt in den vergangenen Monaten vom Hamburg Institut einen Klimaaktionsplan (KAP) erarbeiten lassen.
Dieser soll aufzeigen, welche Maßnahmen notwendig sind und wie diese umgesetzt werden können. Jetzt ist der Fahrplan und Handlungsleitfaden zum Erreichen der Klimaneutralität fertig. Am vergangenen Dienstag wurde er im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt.
Ziel der Klimaneutralität um 15 Jahre vorzuziehen, ist ambitioniert
„Das Ziel der Klimaneutralität um 15 Jahre vorzuziehen, ist ambitioniert“, sagt Hamburg Institut-Geschäftsführer Robert Werner. „Die erfolgreiche Umsetzung wird nicht allein mit Veränderungen in puncto Technologie und Effizienz zu bewältigen sein, sondern setzt einen intensiven Beteiligungsprozess lokaler Akteure und Akteurinnen und die Einbindung aller relevanten Gremien voraus. Wir sind hoch motiviert, hierfür die Weichen zu stellen.“
Der Schlüssel für das Gelingen liegt laut Hamburg Institut im Zusammenwirken aller Akteure. Wirtschaft und Landwirtschaft, Energieversorger, Politik und Bürgerinnen und Bürger müssen ihren Beitrag leisten, so das Ergebnis des Beratungsunternehmens mit Sitz in Altona. Dieses begleitet nicht nur Kommunen bei der Energiewende, sondern berät auch Firmen, Ministerien und Verbände im Energie- und Umweltsektor.
Ausbau von Photovoltaikanlagen und der Ersatz älterer Windenergieanlagen
Wesentliche Handlungsfelder zur Senkung der CO2-Emissionen sind die erneuerbaren Energien, der Ausbau von Photovoltaikanlagen und der Ersatz älterer Windenergieanlagen. Eine Vorbildfunktion in der Installation von PV-Anlagen könnten laut Hamburg Institut öffentliche Liegenschaften einnehmen. Für alle genannten Zielgruppen, Hauseigentümer, Gewerbetreibende und Verantwortlichen Öffentlicher Einrichtungen könnte ein Solarkataster die Möglichkeit bieten, das technische Potenzial der eigenen Dachflächen unkompliziert und kostenfrei zu ermitteln. Die Beauftragung eines solchen Katasters wird im Klimaaktionsplan ausdrücklich empfohlen. Hierfür sollte, grob geschätzt, mit Kosten von 40.000 bis 50.000 Euro gerechnet werden.
Darüber hinaus empfiehlt das Hamburg Institut bei der Wärmeversorgung den Einsatz dezentraler Lösungen wie Wärmepumpen. Ölheizungen und Erdgasheizungen sollten ausgetauscht werden. Allerdings räumen die Fachleute ein, sei das Potenzial für den Neubau von Wärmenetzen in Buchholz überschaubar.
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Auch im Bereich Verkehr muss die Nordheidestadt laut KAP umsteuern. Der Umstieg vom motorisierten Individualverkehr auf den Umweltverbund (Fuß, Fahrrad, Bus) habe Vorrang, so die Experten. „Da in Buchholz sehr viele kurze Wege mit dem Pkw zurückgelegt werden, besteht hier ein hohes Potenzial zur Steigerung von Fahrrad- und Fußverkehr durch Bereitstellung attraktiver Infrastruktur“, heißt es in dem Papier. Und weiter: „Auf die Steigerung des Fahrradverkehrs sollte in Buchholz das Hauptaugenmerk gerichtet werden.“
Den Wirtschaftsunternehmen in Buchholz gibt der KAP eine klare Richtung vor: Sie sollen sich um den Einsatz erneuerbarer Wärme kümmern sowie um die klimafreundliche Beschaffung. In der Landwirtschaft wird die Schaffung von Treibhaus-Senken empfohlen sowie auf das Energiesparpotenzial durch klimafreundliche Ernährung und den Umstieg auf Bioprodukte verwiesen.
Die von Buchholz Zero errechneten Zahlen geben detaillierten Überblick
Zeitgleich mit der öffentlichen Vorstellung des KAP am Dienstag haben auch die Aktivisten der Klimaentscheid-Gruppe „Buchholz Zero“ Vorschläge und Zahlen zum Erreichen der Klimaneutralität bis 2035 erarbeitet und diese an Bürgermeister Jan-Hendrik Röhse und den Klimaschutzbeauftragen der Stadt Buchholz, Nico Wiesmann, überreicht. „Unsere Klima-Vision ist ein erster Entwurf für einen individuellen Klima-Aktionsplan“, sagt Aktivist Peter Eckhoff. „Mit überschlägigen Berechnungen auf Basis umfangreicher Statistiken wird eine Treibhausgasbilanz erstellt und bringt diese in Verbindung mit den wichtigsten und effektivsten Maßnahmen zur Klimaneutralität. Damit wird keine Machbarkeitsstudie erstellt, aber die Größenordnung der Vision und Mission abgeschätzt.“
Die von Buchholz Zero errechneten Zahlen geben einen detaillierten Überblick über das, was jetzt in Buchholz geschehen muss, um das Ziel der Klimaneutralität auch tatsächlich bis 2035 erreichen zu können. Zudem listet die Klimavision auf, welche Kosten und Einsparungen auf diesem Weg auf die Stadt zukommen könnten und wie viele Stellen zur Umsetzung der einzelnen Maßnahmen geschaffen werden müssten.
CO2-Einsparungen von 73,1 Prozent pro Jahr sehen die Aktivisten
Die Zahlen sprechen für sich: So würden sich, den Berechnungen von Buchholz Zero nach, die Emission im Bereich Strom durch den Ausbau von Photovoltaik und Windenergie von 76.300 Tonnen CO2 auf 4390 Tonnen in 2025 verringern. Durch die Umstellung auf Großwärmepumpen und Fossile Energieträger zur Wärmeerzeugung reduzierten sich die Emissionen von 5250 Tonnen CO2 auf 333 Tonnen in 2035 und damit um 93,7 Prozent. Im Bereich Kraftstoffe würde die Umstellung auf E-Fuels, E-Methan und dem Aufbau von Kapazitäten zur Produktion von grünem Wasserstoff einen Rückgang der Emissionen um 666 Prozent zur Folge haben. CO2-Einsparungen von 73,1 Prozent pro Jahr sehen die Aktivisten im Zuge von Gebäudesanierungen und Heizungsmodernisierungen. Im Zuge der Umsetzung der geforderten Maßnahmen könnten zudem 408 neue Arbeitsplätze in der Region entstehen.
„Damit dies keine Utopie bleibt, ist nun entschiedenes Handeln gefordert“, sagt Peter Eckhoff. „Wir müssen jetzt mit der Umsetzung des Klimaaktionsplans beginnen! Je länger wir warten, desto länger bezahlen wir für importierte fossile Energieträger und desto härter müssen wir mit anderen Kommunen um die letzten noch verfügbaren Termine sowie Bauteile bei Handwerks-, Sanierungs-, Heizungs- und Photovoltaik-Betrieben konkurrieren.“ Eine schnelle Umsetzung befürwortet auch Hamburg Institut-Geschäftsführer Robert Werner.
Aus diesem Grund soll es unmittelbar nach den Sommerferien in Sachen Klimaaktionsplan weitergehen. Die erarbeiteten Maßnahmen für Buchholz sollen dann auf einem städtischen Workshop am 25. August weiter besprochen und priorisiert werden.
Über Buchholz Zero:
- Buchholz Zero ist eine lokale Initiative von GermanZero, die sich in Buchholz dafür einsetzt, bis spätestens 2035 klimaneutral zu sein.Bundesweit engagieren sich unter dem Dach von GermanZero 25 Städte für das Ziel.
- So soll die völkerrechtliche Verpflichtung aus dem Pariser Weltklimaabkommen von 2015 eingehalten werden – eine Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad.
- Das entscheidende Werkzeug zum Erreichen der Klimaziele ist nach Auffassung von GermanZero ein Gesetzespaket, das Klimaneutralität als Staatsziel in das Grundgesetz aufnehmen soll.
- Die Lokalgruppen leisten dafür engagierte Überzeugungsarbeit. Weitere Infos: www.buchholzzero.de