Landkreis Harburg. Landrat und Bürgermeister üben Schulterschluss. Region fühlt sich bei der Planung der Strecke Hamburg - Bremen/Hannover übergangen
Landrat Rainer Rempe und mehrere Bürgermeister aus der Region erheben schwere Vorwürfe gegen die Bahn AG. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Informationspolitik bei den Trassenplanungen zur Strecke Hamburg/Bremen – Hannover und ihren Auswirkungen auf den Landkreis Harburg. Nach einem Treffen der Verwaltungschefs fordern Landrat Rainer Rempe und die Bürgermeister im Landkreis Harburg nachdrücklich eine bessere Beteiligung.
„Die Deutsche Bahn spielt nicht mit offenen Karten und enthält uns Informationen und Unterlagen vor“, sagt Landrat Rainer Rempe. „Das ist ein Unding. Es scheint, als ob die Deutsche Bahn die im Dialogforum Schiene Nord in einem fundierten Prozess gefundene und in der Region breit getragene Lösung eines Ausbaus der Bestandsstrecke in Frage stellt, ohne dass wir als Kommunen und die Öffentlichkeit beteiligt werden. Das lassen wir nicht mit uns machen.“
Kommunen planen Infoveranstaltung am 5. Juli
„Wir fordern ein faires Verfahren ein“, betonen Landrat Rempe sowie Salzhausens Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Krause und Tostedts Samtgemeindebürgermeister Dr. Peter Dörsam als Vertreter der Kommunen. Dörsam ist zudem auch einer der Vorsitzenden des Beirates zur Umsetzung von Alpha E. Angesichts der Kommunikationspolitik der Bahn nehmen die Kommunen eine Information der Bürgerinnen und Bürger nun selbst in die Hand. Dazu findet am 5. Juli um 18.30 Uhr in der Burg Seevetal eine öffentliche Veranstaltung statt.
Die Kommunen wollen weitere Schritte vorbereiten: „Das Alpha E wurde in einem vorbildlichen Prozess mit breiter öffentlicher Beteiligung erarbeitet. Jetzt stelle die Bahn die Verhältnisse auf den Kopf und provoziere mit den Planungen im Verborgenen spätere Klagen vor Gericht, sagt Dörsam.
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Die Deutsche Bahn plant im Auftrag des Bundes den Streckenaus- bzw. -neubau zwischen Hamburg und Hannover. Dabei arbeitet sie einerseits an der Umsetzung des Maßnahmenpaketes, das unter dem Begriff „Alpha E“ vom Dialogforum Schiene Nord 2015 geschnürt worden war. Die „Alpha E-Variante“ sieht unter anderem einen Ausbau der bestehenden Strecke Hamburg – Hannover über Lüneburg und Celle vor. Andererseits prüft die Deutsche Bahn den vollständigen Neubau einer Strecke, die sich in einem Korridor in der Nähe der A 7 bewegt (wir berichteten). Argumentiert wird in diesem Zusammenhang mit dem „Deutschland-Takt“, einem Maßnahmenpaket, das zusätzlich in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen wurde. Das wollen Landkreis und Kommunen nicht hinnehmen.
Die Glaubwürdigkeit der Politik steht auf dem Spiel
„Die Glaubwürdigkeit der Politik steht auf dem Spiel, wenn die Beschlüsse von 2015 gegen einen Neubau plötzlich nicht mehr gelten würden“, sagt Rempe. Teil der Planungen der Bahn sind neben dem Bestandsausbau eine „bestandsnahe“ und eine „bestandsferne“ Trassenvariante. Bereits an der Sensitivitätsanalyse, die raumordnerische und naturschutzfachliche Aspekte berücksichtigt, übten der Landkreis und die betroffenen Kommunen im Landkreis deutlich Kritik.
„Naturräume und Siedlungsgebiete werden bei einem Neubau durchschnitten“, sagt Rempe. „Die Anwendung von Kriterien innerhalb und außerhalb des Landkreises war nicht transparent nachvollziehbar“, ergänzt Wolfgang Krause. „Doch die Bahn hat alle Argumente nur lapidar vom Tisch gewischt. Wir haben von der Bahn nur die pauschale Antwort erhalten, dass die Kritik teilweise nicht nachvollzogen werden könne und andere Punkte berücksichtigt würden. Es gibt keine näheren Angaben, was genau gemeint ist“, so Krause.
Die sonst in Planungen übliche Gegenüberstellung fehle
Die sonst in Planungsprozessen übliche Gegenüberstellung fehle. „Auch ansonsten hat die Bahn offenbar wenig Interesse am Dialog, eine Information der Öffentlichkeit ist momentan gar nicht vorgesehen“, kritisiert Dörsam. Detaillierte und aussagekräftige Unterlagen zur bestandsfernen Variante haben Landkreis und Kommunen bisher nicht erhalten, Gesprächstermine werden immer wieder verschoben. „Wir werden immer wieder vertröstet und hingehalten.“
Dabei will die Bahn bereits im Herbst die fertigen Vorplanungen mit einer eindeutigen Trassenempfehlung an das Eisenbahnbundesamt weiterleiten. „Wir müssen hier über Trassen diskutieren, deren Verlauf wir immer noch nicht kennen“, sagt Krause. Im Heidekreis dagegen seien schon vor Monaten Gespräche über eine Variante entlang der A7 geführt worden. Das Argument der Bahn, dass unterschiedliche Arbeitsgruppen die Planungsabschnitte bearbeiten würden, halten die Kommunen für einen Vorwand. „Wir befürchten, dass die Bahn bewusst nur stückchenweise informiert und detailliertere Erkenntnisse aus taktischen Gründen zurückhält“, so Rempe.