Evendorf. Holt die Deutsche Bahn alte und abgelehnte Pläne aus der Schublade? Rund 400 Demonstranten bei Demo, scharfe Kritik vom Landrat
Planungen der Deutschen Bahn über eine mögliche neue Bahnstrecke durch den Landkreis Harburg stoßen bei den betroffenen Anwohnern auf eine breite Ablehnung. Mehr als 400 Anwohner aus dem Landkreis Harburg und den ebenfalls betroffenen Gemeinden aus dem Heidekreis waren am Sonnabend bei einer Protestkundgebung in Evendorf, die genau auf der geplanten Trasse stattfand.
Anlass für die Demonstration: In einer jetzt bekannt gewordenen Karte der Bahn verläuft die eingezeichnete Strecke nur wenige Hundert Meter an der Ortschaft vorbei. Evendorf würde zwischen der A7 und der Bahntrasse eingebaut. Das wollen die Evendorfer unbedingt verhindern. Und sie sind nicht allen: Bei der Protestaktion am Schwindeweg erhielten sie Unterstützung durch zahlreiche Politiker von der Bundes- bis zur Ortsebene.
Fahrzeit der Bahn zwischen Hamburg und Hannover verkürzen
Ein Rückblick: Seit Jahrzehnten gibt es immer wieder Planungen der Deutschen Bahn, die Fahrzeit zwischen Hamburg und Hannover zu verkürzen. Die bestehende Strecke geht im Moment von Hamburg über Lüneburg und Celle nach Hannover. Von 2003 an gab es den Entwurf, neue Bahnschienen östlich der A7 durch den Landkreis Harburg nach Hannover zu bauen.
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Nach vielen Protesten von Bürgerinitiativen, unzähligen Gesprächen zwischen Lokalpolitikern, Bürgern, der Bahn und der Bundespolitik einigte man sich 2015 schließlich darauf, keine neuen Bahntrassen anzulegen. Dafür sollte die bereits bestehende Strecke ausgebaut werden. Dieses Projekt wurde unter dem Namen „Alpha-E” bekannt. Die anvisierte Reisezeit zwischen Hamburg und Hannover: 67 Minuten. Doch in einem neuen Entwurf für den Deutschlandtakt ist eine Zeit von 59 Minuten angesetzt. Dazu steht in den Stichpunkten des Entwurfs: „Bau einer Aus-/Neubaustrecke, Verlauf und Kilometrierung offen”.
Landrat Rempe: „Kartenmaterial wurde uns bisher vorenthalten”
Die im Hintergrund laufenden Planungen bei der Deutschen Bahn für den Bau sind bisher kaum an die Öffentlichkeit gedrungen. Selbst in den mutmaßlich betroffenen Landkreisen sind die Politiker wenig informiert worden. Harburgs Landrat Rainer Rempe (CDU) hatte in der vergangenen Woche zusammen mit mehreren Bürgermeistern ein Treffen mit Vertretern der Deutschen Bahn. „Kartenmaterial wurde uns bisher vorenthalten”, sagte Rempe während der Protestaktion. Der Kreis hat die Bahn aufgefordert, nun bis zum 31. Mai das Material zur Verfügung zu stellen. „Bisher ist es nicht eingegangen. Das halte ich für ein Unding und ein Zeichen extrem schlechter Kommunikation”, kritisiert der Landrat vier Tage vor dem Ablauf der Frist.
Die Glaubwürdigkeit der Politik stehe auf dem Spiel, wenn die Beschlüsse von 2015 gegen einen Neubau, plötzlich nicht mehr gelten würden. Unterstützung bekommen die Landkreise aus der Landesregierung. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) stehe zu den Ergebnissen von Alpha-E, erklärte Rempe den 400 Teilnehmern der Kundgebung: „Wir erwarten, dass der Bund das ebenso akzeptiert”. Dazu steht auch Svenja Stadler, SPD-Bundestagsabgeordnete aus dem Landkreis Harburg: „Die Deutsche Bahn ignoriert die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger. Das ist ein Schlag in die Magengrube”.
Für Christian Sauer von der Bürgerinitiative Egestorf und seine Mitstreiter beginnt der Protest nun erst. „Der Druck muss jetzt aufrecht gehalten werden”, sagte Sauer bei der Veranstaltung. Es sei schließlich nicht nur Evendorf betroffen. Die Bahnstrecke würde durch den gesamten östlichen Landkreis gehen. Profitieren würden von der Bahnstrecke übrigens Reisende aus dem Landkreis Harburg nicht. Denn soweit bisher bekannt, sind keine Bahnhöfe entlang der Strecke hier geplant.