Mienenbüttel. Aus einem Tierversuchslabor soll ein Tierheim werden. Genehmigung laut Landkreis auf der „Zielgeraden“. Die Hintergründe zum Projekt.
Im Sommer gab es bereits grünes Licht für eine Nutzungsänderung, jetzt steht das geplante Tierzentrum Mienenbüttel möglicherweise auch kurz vor einer Betriebserlaubnis. „Wir erwarten die Genehmigung für Ende Februar, Anfang März und können dann starten“, sagt Doris Firlus, die auf dem Gelände einer lange heftig umstrittenen und inzwischen geschlossenen Tierversuchsanstalt ein Tierheim betreiben will.
Auch der Landkreis Harburg als Aufsichtsbehörde geht inzwischen offenbar von einer baldigen Entscheidung aus, äußert sich aber noch zurückhaltend: Man befinde sich beim Weg zur Genehmigung „auf der Zielgeraden“, hieß es im Winsener Kreishaus auf Abendblatt-Anfrage.
Betreiber bekamen etliche Auflagen vom Landkreis
So hatte der Landkreis den künftigen Tierzentrumsbetreibern unter anderem bauliche Auflagen vorgegeben. Beispielsweise musste ein eigener medizinischer Bereich eingerichtet werden, um kranke Tiere zu pflegen oder Fundtiere zunächst in Quarantäne zu halten, berichtet Firlus. Sie selbst musste für den Betrieb eines Tierheims eine besondere Eignungsprüfung ablegen, was sie inzwischen getan habe, wie sie sagt. Und sie musste nachweisen, dass ein Betreuungs-Tierarzt der Einrichtung zur Verfügung steht.
Auch etliche „tierschutzgerechte“ Umbauten waren notwendig: so bekam das frühere „Affenhaus“ mehrere Fenster, die es dort vorher in dem Versuchslabor nicht gegeben hatte. Im Tierzentrum soll dann Platz soll für 100 Hunde und 18 Katzen sowie Kleintiere sein. Bei den Hunden werde es sich zum einen um Fundtiere, aber auch um sogenannte gefährliche Hunde handeln, die wegen Beißvorfällen oder aufgrund ihrer Rasse auf behördlicher Anordnung in einem Tierheim untergebracht werden müssen. „Wir wollen ihnen eine zweite Chance geben und sie resozialisieren“, sagt Firlus, die als Mitarbeiterin Hamburger Behörden lange mit solchen Hunden zu tun hatte. „Wenn es dann vertretbar ist, versuchen wir neue Halter zu finden“, sagt sie.
Geplant ist auch eine Wildtier-Station
Die Finanzierung des Tierheimbetriebs erfolge dann unter anderem durch die Kostenerstattung von Kommunen, die in der Regel Fundtiere unterbringen müssen. Geplant sei zudem, beim Landkreis auch den Betrieb einer eigenen Wildtier-Station zu beantragen, um gefundene Tiere aus der Natur gezielt auswildern zu können.
Pläne gibt es aber auch für einen künftigen gewerblichen Teil im Tierzentrum, das immerhin über eine Fläche von 3,5 Hektar und fünf größere Gebäude verfügt. Unter anderem könnte es dort einmal einen Hundefriseur oder auch eine Hundeschule geben, sagt Tierzentrumsbetreiberin Firlus. Noch aber sei dafür beim Landkreis kein Antrag gestellt worden.
Tag der Offenen Tür am 20. Februar
Wie das frühere Tierversuchslabor und heutige Tierzentrum heute aussieht wollen Betreiberin Firlus und ihre Mitstreiter nun am 20. Februar bei einem Tag der Offenen Tür (10 bis 18 Uhr) der Öffentlichkeit zeigen.
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„Das wollen wir machen, bevor die Tiere dort sind, damit man für sie keinen Stress erzeugt, wenn dort viele Besucher kommen sollten“, sagt Firlus, deren Vorhaben unter Tierschützern bisher sehr umstritten war. Es gibt Befürworter und auch Kritiker, die am liebsten den Eigentümern des Areals keine neue Verwertung zugestehen wollen.
Versuchslabor seit Jahrzehnten in der Kritik
Immerhin stand das frühere Tierversuchslabor bereits seit Jahrzehnten in der Kritik von Tierschützern: Schon 1981 hatten Aktivisten 48 Hunde aus dem Labor befreit, das seinerzeit Thema im niedersächsischen Landtag wurde. Im Herbst 2019 konnte dann die Tierschutzorganisation Soko Tierschutz Fotos und Videos aus dem Labor schmuggeln, die verstörende Bilder von Affen und Hunden zeigten.
Dem damaligen und bereits Mitte der 1960er Jahre gegründeten Unternehmen Laboratory of Pharmacology and Toxicology (LPT) wurde daraufhin Misshandlungen von Tieren vorgeworfen und es gab etliche Demos vor Ort und in der Hamburger Innenstadt, zu der allein rund 15.000 Teilnehmer kamen.
Labor-Unternehmen soll aufgelöst werden
Wenig später entzog der Landkreis LPT die Haltungserlaubnis für Wirbeltiere in Mienenbüttel. 96 Hunde und etliche Katzen mussten an Tierschutzorganisationen abgegeben werden. In der Folge benannte sich das Unternehmen schließlich in „Provivo Biosciences“ um und versprach zunächst eine Neuausrichtung von Forschung und Management. Zudem wurde der Firmen-Standort Mienenbüttel aufgegeben und den dortigen Mitarbeitern gekündigt. Gleichzeitig kündigte das Unternehmen an, dass es Gebäude und Grundstück an das geplante Tierzentrum vermieten werde.
Im Dezember 2021 schließlich überraschte Provivo dann mit der Nachricht, sich bis spätestens Ende 2022 sogar komplett aufzulösen und keine Tierversuche mehr durchzuführen. Auch die Standorte in Neugraben und Schleswig-Holstein würden geschlossen, 120 Mitarbeitern sei bereits gekündigt worden. Man wolle mit einem neuen Unternehmen und einem anderen Standort mit tierversuchsfreien Zelltests forschen, hieß es. Die Vermietung von Gebäuden und Gelände an das Tierzentrum sei von dieser Entwicklung aber nicht betroffen, versichert die künftige Betreiberin Firlus.