Lüneburg. Bett verschieben, lästern, ein Blick in die Familiengeschichte: Coach Christine Lenz hilft müden Menschen, besser zu schlafen.

Wenn der Wecker morgens klingelt, bedeutet das häufig das Ende einer wenig erholsamen Nacht. Fünf bis zehn Prozent der Menschen in Deutschland können abends nur schwer einschlafen oder nachts nicht richtig durchschlafen, schätzt die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin.

Sie leiden unter einer Einschlaf- oder Durchschlafstörung, die keine körperliche Ursache hat, kurz: nicht organische Insomnie. Doch es gibt Möglichkeiten, den eigenen Schlaf wieder ins Lot zu bringen. Was dabei helfen kann, weiß Schlafcoach Christine Lenz. Sie gibt sie müden Menschen Tipps, wie die Nacht wieder erholsam wird.

Spaziergang am Abend und Kerzenlicht helfen beim Einschlafen

Dabei kann auch ein Ortswechsel helfen: Vanessa Holz, die das Schlaf­coaching bei einem Gewinnspiel gewonnen hat, ist vom Münsterland nach Lüneburg gereist – um eine Nacht im Museum zu verbringen. Die 32-Jährige schläft im Sleep Cube, mitten in der Ausstellung. An ihrer Stirn ist ein Sensor befestigt, der die Gehirnaktivität in den verschiedenen Schlafphasen misst. Als Vanessa Holz am nächsten Morgen den Schlafkubus wieder verlässt, fühlt sie sich gut erholt: „Das war ein richtiges Abenteuer, der Wind war extrem, ich musste viele Geräusche erst einmal einordnet. Aber ich bin ausgeschlafen.“

Eigentlich sei sie eine gute Schläferin, meint die Erzieherin, die tagsüber berufsbedingt viel spricht und im Arbeitsalltag fast nie allein ist. „Abends bin ich platt und schlafe sehr schnell ein, innerhalb von drei bis fünf Minuten.“ Das könne ein Zeichen für Übermüdung sein, sagt Christine Lenz. Optimal seien zehn bis 20 Minuten zum Einschlafen.

Um den Abend einzuläuten empfiehlt sie einen Spaziergang, allein oder mit dem Partner. „Beim Gehen entspannen sich andere Gespräche als auf dem Sofa, auch das gemeinsame Lästern über andere verbindet und nimmt sozialen Druck raus.“ So entspannt sei es einfacher, anschließend gut zu schlafen.

Fernseher, Tablet und Handy, die über den Bildschirm blaues Licht ausstrahlen, sollten bereits ein bis zwei Stunden vor dem Schlafengehen ausgeschaltet bleiben. Stattdessen rät Lenz zu viel rotem Licht. „Zünden Sie Kerzen oder ein Feuer im Kamin an, das Flackern erinnert uns an gemütliche Runden am Lagerfeuer.“ Wer den Abend erfolgreich ruhig und schummrig – Alkohol gehört übrigens nicht dazu – gestaltet hat, sollte einen Fehler vermeiden: „Viele Menschen gehen dann ins Bad zum Zähneputzen, bei voller Beleuchtung.“ Vanessa Holz macht hier alles richtig, sie nutzt im Badezimmer Kerzen und eine warm leuchtende Salzlampe.

Lesen und positive Gedanken aufschreiben läuten ruhige Nacht ein

Auch feste Rituale können beim Einschlafen helfen. „Bücher sind immer super für ein sanftes Hinübergleiten“, sagt die Beraterin. E-Book-Reader seien allerdings nicht so gut geeignet. Auch eine Wärmflasche, warme Socken oder ein Fußbad erleichterten das Abschalten. Sie empfiehlt zudem einen positiven Abschluss des Tages, um störende Gedankenkarussell zu stoppen. „Setzen Sie sich mit einer Tasse Tee in einen Sessel und schreiben fünf Dinge auf, die an diesem Tag schön waren.“ Die aktive Erinnerung an Gutes könne auch an weniger schönen Tagen helfen. „Wer dann durch seine Notizen blättert, merkt, dass das Leben doch nicht ganz so grau ist.“

Das Schlafzimmer sollte nicht nur gut durchlüftet sein und eine Raumtemperatur von etwa 17 bis 18 Grad haben, sondern auch so gestaltet sein, dass man sich dort richtig wohl fühlt. „Da wir uns bis zu 37 Mal in der Nacht drehen, kann es helfen, das Bett an die Wand zu stellen“, sagt Lenz. Zudem sollte man vom Bett aus die Tür sehen können. Auch Kuscheltiere seien unbedingt hilfreich, nicht nur beim Umzug ins Heim oder auf Geschäftsreise. „Der vertraute Geruch kann sehr beim Ein- und Durchschlafen helfen.“ Vertrauen und ein Gefühl von Sicherheit seien sehr wichtig für eine ruhige Nacht, betont Lenz. „Schlaf hat viel mit Urinstinkten zu tun.“

Die individuelle Schlafgeschichte zu kennen, ist wichtig für besseren Schlaf

Mit ihren Klienten betrachtet sie auch immer die individuelle Schlaf­geschichte. „Schlaf ist sehr persönlich und intim. Jeder Mensch sollte für sich überlegen, was ihm gut tut.“ Dabei könne auch ein Blick auf die Herkunftsfamilie helfen, sagt Lenz und verweist auf Forschungen aus der Epigenetik. Das noch junge Fachgebiet untersucht, wie äußere Einflüsse sich genetisch auswirken. Wenn die Eltern früher zum Beispiel mit vielen Geschwistern in einem Raum geschlafen haben, könne auch das eigene Bedürfnis nach Nähe im Schlaf groß sein. Es gebe Singles, so Lenz, die sich daher nachts in Schlaf-WGs treffen.

Damit der Übergang in den Schlaf gelingt, sollte Dunkelheit herrschen. „Nur wenn es ganz dunkel ist, bildet der Körper ausreichend das Schlafhormon Melatonin“, sagt die Beraterin. Ein guter Schlaf im eigenen Biorhythmus sei sehr wichtig für die Gesundheit, so arbeite das Immunsystem im Schlaf besonders gut. „Schlafen ist eine kostenlose Prävention in die gesundheitliche Zukunft.“

Für Vanessa Holz, die ihre ausgewerteten Schlafdaten einige Tage später erhalten wird, hat der genaue Blick auf ihren Schlaf neue Erkenntnisse gebracht. „Ich werde künftig eher eine Stunde früher ins Bett gehen und vorher einen Spaziergang machen. Dafür verzichte ich abends lieber auf die Serie am Tablet.“

Nachts im Museum: Übernachtung im Schlafkubus

  • Für die Schlafanalyse hat Christine Lenz den sogenannten Home Sleep Test genutzt. Der Sensor misst die Phasen von Tiefschlaf, leichtem Schlaf und Traumschlaf sowie Wachphasen. Zudem misst er Bewegung, Kopflage und Schnarchen. Die Daten geben Aufschluss über das Ausmaß einer möglichen Insomnie.
  • Der Schlafkubus von Sleepero im Museum Lüneburg kann für Übernachtungen (ohne Schlafberatung) gebucht werden. Er bietet Platz für bis zu drei Personen, die die Nacht in der Abteilung „schichten & schieben“ verbringen – umgeben von Ausstellungsstücken aus der Eiszeit. Für die Übernachtungsgäste gibt es eine Box mit Snacks und Getränken. Check-In ist bis 17 Uhr, Check-Out spätestens 9.30 Uhr.
  • In der Nacht ist das Museum mit einer Alarmanlage gesichert. Deshalb kann das Haus nach 20 Uhr zwar im Notfall verlassen, aber nicht wieder betreten werden. Der Schlafkubus ist deshalb nichts für Nachtschwärmer. Eine Nacht kostet 140 Euro. Weitere Infos auf www.museum-lueneburg.de.