Moisburg. Weil der Schnee im Norden fehlt, trainieren Sportler im Landkreis Harburg mit speziellen Fahrrädern und Rollern. Besuch vor Ort

Noch hat sich der graue Dezembertag nicht richtig entschieden, ob er tatsächlich Tag werden will. Raureif hängt hier an einem Feldweg zwischen Moisburg und Immenbeck im Landkreis Harburg auf dem Gras der Wiesen und eine dicke, Wolkenschicht lässt diesen Sonntagmorgen im Dämmerlicht verharren.

„Für die Hunde ist das jetzt genau richtig, die mögen diese Kälte“, sagt Tanja Petrasovits, während sie einem ihrer Hunde das Geschirr anlegt. Was gar nicht so einfach ist. Der schlanke, agile Jagdhund-Mischling bellt hell, wirft den Kopf hin und her und will immer wieder losstürmen. Auch die anderen Hunde fallen jetzt ins Bellen ein. „Man merkt genau, dass sie jetzt laufen wollen“, sagt Petrasovits noch.

Sofort schießen die kleinen Zuggespanne blitzartig ab

Dann sind die Gelände-Fahrräder und auch der „Dog-Scooter“, eine Art Roller mit großen Reifen, in Position gebracht. Schließlich gibt jemand das Startsignal und sofort schießen die kleinen Zuggespanne so blitzartig ab, als wären sie zuvor mit einem Gummiband aufgezogen worden. Rund acht Kilometer preschen sie nun über die Wege in der grauen Winterlandschaft, teilweise mehr als 30 Kilometer pro Stunde erreichen sie dabei.

Fiona Elers (l.) und. Bianca Strey kurz vor dem Start zu einem Sprint über acht Kilometer. Die Hunde sind als europäische Schlittenhunde besonders dafür geeignet und haben einen merkbaren Drang zum Laufen.
Fiona Elers (l.) und. Bianca Strey kurz vor dem Start zu einem Sprint über acht Kilometer. Die Hunde sind als europäische Schlittenhunde besonders dafür geeignet und haben einen merkbaren Drang zum Laufen. © AT | Axel Tiedemann

Zughundesport – so lautet der Oberbegriff für eine Vielzahl von Disziplinen, bei denen ein Hund-Mensch-Team wie hier auf dem Moisburger Feldweg die Basis ist. Ursprung sind zwar Schlittenhund-Rennen, längst hat sich die Szene aber weiterentwickelt. Zumal in Norddeutschland, wo Schnee selten geworden ist. Also nimmt man Wagen mit Rollen, an die zwei oder drei Hunde gespannt werden. Oder es kommen eben auch spezielle und geländetaugliche Fahrräder und Roller zum Einsatz, an die dann auch nur ein Hund mit einer Zugleine und speziellen Ruckdämpfern gespannt werden kann. „Canix-Bike“ und „Canix-Scooter“ heißen diese beiden Disziplinen im Zughundesport, die auch im Landkreis Harburg praktiziert werden. „Das alles hat den Vorteil, dass man auch mit einem Hund alleine trainieren kann“, sagt Tanja Petrasovits.

Die Gruppe trifft sich im Winter regelmäßig zum Training

Die 44-Jährige ist so etwas wie die Gründerin der eher locker verbundenen Gruppe von Zughunde-Freunden, die sich auf einem ehemaligen Wochenendhausgrundstück im Winter regelmäßig zum Training trifft und gelegentlich zusammen auch zu Meisterschaften fährt. „Arctic Spring Racing Team“ steht auf ihren dicken Winterjacken.

Freunde und Familie von ihr sind dabei, aber auch Zufallsbekanntschaften. So wie der Buxtehuder Niels Elers, der mit seiner 17-jährigen Tochter Fiona dazu gehört. Beim Spaziergehen mit ihrem früheren Hund waren die beiden auf die schnellen Radgespanne aufmerksam geworden und schnell fasziniert davon: „Da braucht man gar nicht nach Süddeutschland fahren, das funktioniert auch hier – ganz ohne Schnee“, sagt Elers.

Wird das Wetter wärmer, könnte die Hunde überhitzen

Sobald im Herbst die Temperatur unter zehn Grad Celsius sinkt, geht für das Team im Landkreis Harburg die Saison los. Alles andere wäre den Hunden zu warm, sie würden überhitzen. „Im Sommer gehen wir mit ihnen ganz normal spazieren“, sagt Tanja Petrasovits, die auf eine ziemlich lange Erfahrung mit Zughunden zurückblickt. In den 90er und 2000er Jahren hatte sie mit ihrem Mann Ralph bis zu 22 Hunde. Das Ehepaar war aktiv in der Schlittenhund-Szene, trainierte im Landkreis und fuhr oft zu Rennen in den Schnee nach Bayern oder Österreich. „Das waren immer auch schon Sprint-Rennen“, berichtet sie. Beide waren dabei sehr erfolgreich: Er war Niedersachsenmeister der offenen Klasse (bei den Wettkämpfen spannte er

13 Tiere an), sie Vizemeister der Klasse bis vier Hunde.

Tanja Petrasovits war früher auch bei großen Schlittenhund-Rennen erfolgreich. Im Landkreis trainiert sie nun lieber mit speziellen Fahrrädern oder auch
Tanja Petrasovits war früher auch bei großen Schlittenhund-Rennen erfolgreich. Im Landkreis trainiert sie nun lieber mit speziellen Fahrrädern oder auch "Dog-Scootern" © AT | Axel Tiedemann

Später standen dann ihre drei Kinder und die Familie mehr als das Hobby im Vordergrund. Die Hunde wurden älter und starben dann auch. Vor ein paar Jahren schließlich bekam Tanja Petrasovits über eine Bekannte aber wieder einen Greyster, die als Jagdhund-Mischlinge auch als europäische Schlittenhunde bezeichnet werden und speziell für die kürzeren Sprintstrecken geeignet und gezüchtet worden sind und einen inneren Drang zum schnellen Laufen haben. Bald kamen noch drei solcher Hunde hinzu und Tanja Petrasovits kam wieder auf den Geschmack. Diesmal aber eben mit Fahrrädern, die über die spezielle Zugleine verfügen. „Nur mit der Leine in der Hand zu fahren, das geht nicht, da landet man schnell im Gras“, sagt sie. Und wie beim Fahren mit Schlitten müsse man sich ein gewisses fahrerisches Können antrainieren. „Hunde kürzen in Kurven gerne mal ab, da muss man immer wachsam sein.“ Das sei eben Sport mit Tier, wobei beide ihre Freude an den schnellen temporeichen Touren haben sollen.

Die Hunde müssen mindestens 1,5 Jahre alt sein

Die Hunde selbst werden dazu langsam an ihre Aufgabe herangeführt und kommen erst ins Geschirr, wenn sie mindestens 1,5 Jahre alt sind. Ganz wichtig sei aber immer, dass kein Zwang ausgeübt wird. Wenn der Hund nicht will, dann will er nicht, sagt sie. Und betont: „Das sind ja immer auch Familienmitglieder, keine Geräte.“