Neu Wulmstorf. Jubiläums-Feier des Gymnasiums muss wegen Corona ausfallen. Sonderheft erinnert dafür an Geschichte, die mit Streit begann

Zuerst musste corona-bedingt die Jubiläumsfeier abgesagt werden, nun auch das für Ende Dezember geplante Ehemaligentreffen. Fast scheint es, als würde in Neu Wulmstorf das besondere Jubiläum des Gymnasiums in diesem Jahr nur wenig Nachhall finden. Doch eben nur fast.

Das kürzlich erschienene Jahrbuch der Schule widmet sich jetzt ganz der mittlerweile 50-jährigen Geschichte, die mit einem Streit zwischen Niedersachsen und Hamburg ihren Ausgang genommen hatte. Herausgekommen ist eine Art Sonderheft zum 50-Jahre-Jubiläum. Die Feier dazu wird nun voraussichtlich im kommenden Frühjahr nachgeholt. „Wir hoffen es jedenfalls“, sagt Schulleiter Jörg Berthold.

Datenanalyse-Unternehmer erinnert sich an schlechte Mathenoten

Für alle aber, die noch im Jubiläumsjahr in Erinnerungen schwelgen wollen, bietet das Jahrbuch eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten: Seien es alte Schwarzweißfotos, Titelseiten der Schülerzeitung oder auch kurze Erinnerungen von früheren Schülern. Etwa von Wolfgang Zehrt (Abi-Jahrgang 1984), der vergnüglich an seine schlechten Mathenoten erinnert – was ihn aber nicht daran gehindert habe, viele Jahre später sein Datenanalyse-Unternehmen an die New-Yorker Börse zu verkaufen, wie er schreibt und mit einem fröhlichen „Ätsch!“ schließt.

Bei der Zusammenstellung solcher Kommentare, Anekdoten und Wendepunkte der Schulgeschichte ging es den beiden Machern des Jahrbuchs, den Lehrern Markus Bröer und Sascha Sobkowiak, eben nicht darum die Schulhistorie chronologisch abzubilden, wie sie in einem Vorwort schreiben. Vielmehr habe man viele Mosaiksteine aus den vergangenen 50 Jahren zusammengetragen, um ein buntes Bild der Schule zu schaffen.

Das erste Mosaiksteinchen dieser Geschichte war eben die Diskussion um 1970 über die sogenannten Umlandschüler: Seinerzeit hatte es im Landkreis Harburg nur zwei Gymnasien gegeben, eines in Winsen und eines in Buchholz. Die Bevölkerungszahlen im südlichen Speckgürtel stiegen allerdings schon damals stark an. In der Nähe von Hamburg war es üblich, dass man dort dann zur weiterführenden Schule ging, zum Beispiel im nahen Neuwiedenthal. Hamburg aber drängte darauf, dass im Nachbar-Landkreis Schulen gebaut werden, weil die Stadt keine Umlandschüler mehr aufnehmen wollte. „Schulstreit zwischen Hamburg und Niedersachsen“ titelten Zeitungen damals.

Aufbau der Baracken, wo im September 1971 der erste Unterricht aufgenommen wurde. 
Aufbau der Baracken, wo im September 1971 der erste Unterricht aufgenommen wurde.  © AT | GNW

Folge davon war die Gründung des Neu Wulmstorfer Gymnasiums. Der damalige erste Schulleiter Wolfgang Mitgau startete Anfang September 1971 schließlich mit zwei weiteren Kollegen und zwei Klassen. Allerdings nicht in einem fertigen Schulgebäude. Vielmehr wurden die ersten beiden Jahrgänge in provisorischen Holzpavillons unterrichtet, die man am Rand der Wiesen flugs montiert hatte.

38 Millionen Mark kostete der Neubau seinerzeit

Zwei Jahre wurde dort unterrichtet, während nebenan die neue Schule gebaut wurde. 1973 bezog das Gymnasium schließlich den Neubau; gebaut wurde aber immer noch. Erst 1979 wurde der gesamte Gebäudekomplex fertig, in den auch die Realschule zog. 38 Millionen Mark kostete der Bau seinerzeit, der einige architektonische Besonderheiten bot: So war der „B-Trakt“ als eine Art Atrium mit Grünbepflanzung angelegt, den man von anderen Trakten über brückenartige Wege erreichte. Es gab eine eigene Schwimmhalle, die erst 2007 in die Regie der Gemeinde überging.

Das Highlight für die Schüler aber war der eigene Schulsee, an dem man zahlreiche Freistunden verbrachte oder in der großen Pause einmal herumschlenderte. Die später gegründete Segel-AG konnte hier sogar mit ihren Optimisten-Jollen trainieren. Welche Schule hatte das schon?

Der damalige Neubau in den 1970er Jahren mit eigenem Schul-See
Der damalige Neubau in den 1970er Jahren mit eigenem Schul-See © AT | GNW

Doch die architektonischen Besonderheiten hatten auch Tücken, wie sich später herausstellte. So gab es beispielsweise Metallwände zwischen den Klassenräumen, um Raumgrößen zu verändern. Praktisch, aber nicht praktisch für die Akustik. Auch die Bauweise der 70er Jahre entpuppte sich viele Jahre später wegen der teils problematischen Baustoffe als wenig ideal. Das Gebäude wurde daher 1997 zunächst aufwendig saniert.

In die von 1994 bis 2016 andauernde „Ära“ des zweiten Schulleiters Peter Lindemann fiel dann aber in den Jahren um 2006 ein weiterer Neubau des Gymnasiums, weil mit Abschaffung der Orientierungsstufe plötzlich wieder 330 Schüler und 16 Lehrkräfte zusätzlich hinzukamen – während nach einer Reform zuvor die Zahlen noch gesunken waren. Praktisch entstand damit ein neues Schulzentrum für Gymnasium und Realschule mitten im wachsenden Ortskern. Heute werden hier im Gymnasium rund 960 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, rund 900 mehr als ganz am Anfang der nun 50-jährigen Schulgeschichte.