Hittfeld. Einstige „Kreisbildstelle“ ist heute Einrichtung, die in Pandemiezeiten digitale Technik in Klassenzimmer und Jugendzentren bringt

Auf Regalen sind schwarze Koffer bis hoch an die Decke gestapelt: „Mikrofone, Kameras, kleine Computer, WLAN-Technik und mehr bis hin zur mobilen Bühnenausstattung lagern hier“, sagt Ekkehard Brüggemann, während er seinen Besucher durch die Räume des Kreis-Medienzentrums in Hittfeld führt.

Vorbei geht es an einem ratterndem 3D-Drucker, der für den Einsatz im modernen Werkunterricht getestet wird und gerade mit geschmolzenem Plastikdraht ein kleines Spielzeugschloss entstehen lässt.

Standort ist früheres Lernzentrum des Gymnasiums Hittfeld

Schon ist das neue Studio mit der markanten grünen Hintergrundwand erreicht. Kabel liegen noch auf dem Boden, Werkzeuge auf einem Tisch. Erklär-Filme werden hier geschnitten, Audio-Beiträge für das Internet produziert oder Live-Streaming-Angebote ausprobiert. „Das ist in ständiger Entwicklung“, sagt Brüggemann. Er leitet das Medienzentrum, das jetzt durch die Corona-Pandemie einen zuvor kaum erahnten Schub erfahren hat. Auf gut 170 Quadratmetern baut Brüggemann mit seinem Team hier im früheren Lernzentrum des Gymnasiums Hittfeld derzeit zusätzlich ein „digitales Medienbildungslabor“ auf. Das neue Studio ist sozusagen der Auftakt.

Personell getragen wird das „Digilab“ wie das Medienzentrum nun heißt, vom Landkreis Harburg, aber auch vom niedersächsischen Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ). 2023 soll es komplett fertig sein. Aber schon vor einigen Tagen wurde die Idee von der niedersächsischen Landesregierung für ihre Vorbildfunktion zur Digitalisierung des Landes ausgezeichnet.

Benjamin Fahl richtet einen 3-D-Drucker aus, um ihn für modernen Werkunterricht zu optimieren.
Benjamin Fahl richtet einen 3-D-Drucker aus, um ihn für modernen Werkunterricht zu optimieren. © AT | Axel Tiedemann

Lehrkräfte aus Schulen oder Pädagogen aus der Jugendpflege und anderen Bildungsbereichen im Landkreis Harburg können den Umgang mit digitaler Unterrichtstechnik in Seminaren lernen; Schüler finden moderne Geräte, um selbst mit dem Internet arbeiten zu können. Das Medienzentrum bietet pädagogische Konzepte und das Team testet selbst, was geht und was nicht. „Es gibt da einen enormen Umbruch in der Bildung, aber das Internet ist auch ein absolut chaotischer Ort – und da braucht man dann eine qualitative Kontrolle“, sagt Brüggemann.

Mit Corona-Pandemie zeigte sich was digital möglich ist

Im Prinzip aber sei die Aufgabe immer noch so wie bei der früheren Kreisbildstelle, aus der das Medienzentrum entstanden ist. Damals war das eine zentrale Stelle, die Lernfilme, Abspielgeräte und auch Unterrichtsmaterialien an die Schulen lieferte. Längst lagern heute solche Filme auf Servern, von denen sie digital abgerufen werden.

Doch das war nur der Anfang. Was mit der Digitalisierung heute möglich und derzeit auch nötig ist, zeigte sich dann 2020 mit dem Beginn der Corona-Pandemie. Schulen und Jugendzentren wurde zeitweise geschlossen, Unterricht und auch Treffpunkte mussten ins Internet verlagert werden.

In kürzester Zeit aufgrund der Nachfrage das Studio aufgebaut

Doch wie? „Es war plötzlich klar, dass Medien die Räume überbrücken müssen, man brauchte ganz neue Konzepte“, berichtet Brüggemann. Wie organisiert man Video-Konferenzen und vor allem womit? Vor solchen Fragen standen die Bildungseinrichtungen unvermittelt. „Wir haben dann in kürzester Zeit das Studio aufgebaut“, sagt Brüggemann. Auch, um überhaupt erst einmal einen Server für solche virtuellen Runden anbieten zu können. Damals bestand am Medienzentrum zwar schon die Idee für ein solches „Digilab“, durch Corona wurde die Notwendigkeit für viele aber wohl erst richtig deutlich.

Das Digilab-Materiallager steckt voller moderner Technik.
Das Digilab-Materiallager steckt voller moderner Technik. © AT | Axel Tiedemann

Was aber in solchen Situationen möglich ist, zeigte sich bald: Als die Jugendzentren im Landkreis geschlossen wurden, entwickelte das Medienzentrum eben ein digitales Jugendzentrum. Über eine Video-Streaming-Plattform konnten Jugendliche aus vielen Orten gemeinsam Spiele spielen und chatten. „Es ging darum, dass man den Kontakt zu ihnen nicht abreißen lässt“, sagt dazu Matthias Haist, der im Medienzentrum die Angebote im Bereich Kreisjugendpflege betreut.

Auch für die Wirtschaftsförderung im Landkreis Harburg entwickelte das Zentrum ein neues Konzept. In Vor-Corona-Zeiten bot die Kreisverwaltung regelmäßig zur Berufsorientierung Unternehmensführungen für Schulklassen an. Auch das ging nun natürlich nicht mehr. Also war jetzt eine mobile, digitale Lösung gefragt, eben mit der Technik aus dem Medienzentrum. Per WLAN wurde aus der Vor-Ort-Führung schließlich eine Live-Video-Führung, die man sich zuhause oder im Klassenraum am Computer ansehen konnte und dennoch zeitgleich mit Hilfe eines mobilen Chatsystems auch Fragen stellen konnte. Nicht mehr der Bus brachte nun Schüler und Betriebe zusammen, sondern das Internet.

Konzept für digitale Podiumsdiskussion erstellt

Ganz ähnlich auch das Konzept für eine Podiumsdiskussion, die von einer Schule und dem Jugendzentrum in Winsen organisiert wurde, aber eben nicht vor größerem Publikum stattfinden konnte. Mit der digitalen Technik war es jetzt möglich, dass sich auch andere Schulen zuschalten konnten, viel mehr Jugendliche hatten also die Möglichkeit, sich zu informieren als sonst bei solchen Veranstaltungen.

Auch wenn Corona irgendwann Geschichte sein sollte, der digitale Schub dieser Zeit wird bleiben und sich weiterentwickeln, glaubt Brüggemann. Und: „Es haben ja viele erst jetzt für sich richtig entdeckt, was da noch möglich ist.“