Timmendorfer Strrand. Bis zum 8. März 2021 läuft die 34. Saison des Schleswig-Holstein Gourmet Festivals zwischen Nordsee, Ostsee und Hambuger Umland.
Kein Champagner Empfang mit Klönschnack und Häppchen zu Beginn und auch keine Dessertparty zum Schluss, bei der alle Köche köstliche Nachtische zubereiten und man keiner süßen Sünde widerstehen kann. Stattdessen Kulinarik mit Regeln, Abstand, Hygiene und frischer Luft. Aber diese dem Virus geschuldeten Umstände taten Genuss und Spaß keinen Abbruch beim Eröffnungsabend vom Schleswig-Holstein Gourmet Festival (SHGF). Vier Michelin-Sterne leuchteten am Sonntag Abend über dem Maritim Seehotel in Timmendorfer Strand, wo im Festsaal ein köstliches Sechs-Gänge-Menü serviert wurde.
Bis zum 8. März 2021 läuft die 34. Saison des Gourmet Festivals. In 16 Betrieben zwischen Nordsee, Ostsee und Hamburger Stadtrand wird 35mal gut getrunken und vor allem gegessen, was 18 Köchinnen und Köche aus Deutschland, Dänemark, Frankreich und der Schweiz auf die Teller zaubern.
Ohne Angst, aber mit Abstand
"Ich freue mich, bin stolz und glücklich, dass unser Festival eröffnet werden kann", sagte Klaus-Peter Willhöft. „Es gilt, sich mit dem Virus zu arrangieren: Ohne lähmende Angst, aber mit gebührendem Abstand und gebotener Achtsamkeit.“ Der 76-Jährige lenkt die Geschicke der veranstaltenden Kooperation Gastliches Wikingland seit mehr als 30 Jahren. „Unsere kulinarischen Ereignisse sind aus Schleswig-Holstein nicht mehr wegzudenken.“ Der Gourmet-Reigen begann 1987 als Reaktion auf das Schleswig-Holstein Musik Festival.
Thomas Lemke, Küchenchef im Gourmet-Restaurant Orangerie im Maritim, ließ als Appetitanreger Räucheraal-Schaum sowie Pralinen von der Gänseleber, abgeschmeckt mit Meerrettich und Erdnüssen, servieren. Als zweiten Gang hatte Hausherr Lutz Niemann, seit 30 Jahren in der Orangerie und seit 1994 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, Forelle, Krabbe und Joghurt kombiniert. Begleitet wurde das Törtchen von einem frischen kühlen Gurkensud.
Kleiner Herbstgarten mit Kürbiseis
Kleiner Herbstgarten hieß die Kreation von Eicke Steinort. Der 38-Jährige führt ein eigenes Haus in Wasserleben an der Flensburger Förde. Aber er hat auch schon auf dem Hamburger Süllberg, in München, Dubai sowie Istanbul gekocht und beim Franzosen Alain Ducasse (drei Sterne) in London am Herd gestanden. In Timmendorfer Strand fanden sich cremiges Kürbiseis, Pralinen vom Ziegenkäse sowie Pilz-Crumble auf dem Tellerr.
Star des Abends war Marco Müller aus Berlin
Star des Abends war Marco Müller. Der 50-Jährige kocht im Berliner Restaurant Rutz, das im März vom Gourmet-Führer Guide Michelin mit drei Sternen ausgezeichnet wurde. Die Zutaten Dorsch, Kombu-Alge, Holunderblüte und Walnuss hatte er zu einer aromenreichen Speise mit fein austarierter Süße-Saure-Balance und verschiedenen Texturen verarbeitet.
Ein Gaumen- und Augenschmaus auf schwarzem Porzellan, jeder Bissen ein Genuss. "Ich mag den Dorsch", so Müller, der Lammfleisch, Kartoffeln und Algen aus Schleswig-Holstein in der Bundeshauptstadt verarbeitet. "Pur und konzentriert" nennt er seine Küche, "es geht mir immer und zuerst um das Produkt." Und sein Leibgericht sind ganz bodenständig die Königsberger Klopse, wie seine Großmutter sie zubereitet hat.
Zwei Fahrstühle fielen aus
Lutz Niemann präsentierte als Hauptgang einen zarten Lammrücken mit Auberginen-Mousse, einer sahnig-fruchtig-cremigen Tomate sowie kleinen Backkartoffel-Häufchen. "Die Vorbereitung und exakte Planung war das A und O für diesen Abend", sagte der erfahrere Küchenchef. Dass aber ausgerechnet zwei Fahrstühle ausfielen und so die Arbeit für Küche und Service erschwert war, merkten die rund 140 Gäste nicht.
Für das Finale trug Taro Bünemann, Patissier in der Orangerie, die Verantwortung. Der 32-Jährige wurde in Göttingen geboren und wuchs bei seiner Mutter in Tokio auf. Zum kleinen Dessert hatte er als Referenz an die Ostsee eine Marzipan-Muschel, eine Sanddorn-Creme und einen Stein aus weißer Schokolade auf den Teller gelegt. Das eigentliche Dessert wartete auf mit Birne, Nougat, Cassis und geröstetem schwarzen Tee. Ein perfektes Zusammenspiel der japanischen und deutschen Wurzeln des Süßspeisen-Spezialisten.
Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) freut sich über Normalität
Die Grüße der Landesregierung überbrachte Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP). "Ich freue mich, dass das Schleswig-Holstein Gourmet Festival stattfindet. Das bringt wieder ein Stück Normalität in diese ungewöhnliche Zeit." Und außerdem könne die Küche im nördlichsten Bundesland mehr als "Grünkohl mit Zucker und karamellisierten Kartoffeln".
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Die begleitenden Weine kamen aus Deutschland, Österreich und Frankreich. Bei Heißgetränken, Feingebäck und edlen Bränden als Digestif plauderten die Gäste noch lange nach Ende des Menüs, bedankten sich beim freundlichen und umsichtigen Service, applaudierten den drei Musikern und freuten sich über gelungene Kulinarik in Corona-Zeiten.