Idstedt . Wie das Puppenbauer-Ehepaar Peter und Claudia Röders Herrn von Bödefeld, Karlchen und Bernd das Brot zum Leben erwecken.

Herr von Bödefeld sitzt auf Plastikkisten und stiert in die Ferne, die Haare zerzaust. So kennen ihn ältere Zuschauer der "Sesamstraße". Daneben hockt Karlchen, der mal bei RTL seine großen Auftritte hatte, und in der anderen Ecke lugt ein lilafarbenes Monster mit aufgesperrtem Maul hervor. Ganz hinten ragen Playmobilköpfe aus Schaumstoff in den Raum. Willkommen in der Puppenwerkstatt von Peter und Claudia Röders.

Uli von Bödefeld, so lautet der vollständige Name dieser früheren Sesamstraßen Figur ist eine Klappmaulpuppe, bei der Menschen durch das Öffnen und Schließen der Hand den Mund bewegen – er klappt auf und zu. Hier oben zwischen Eckernförde und Flensburg in dem rund 900- Einwohner Dorf Idstedt in Schleswig-Holstein ist sein Geburtsort und der anderer Figuren. Viele von ihnen waren einmal Berühmtheiten, wie Herr von Bödefeld, andere wie Wolle das Schaf, Pferd oder Bernd das Brot und Tabaluga sind es noch immer. Peter und Claudia Röders, Puppenspieler und -bauer, haben Hunderte von bekannten und weniger bekannten Figuren und Puppen in ihrer 300 Quadratmeter großen Werkstatt geschaffen.

Röders würde gern einmal "einen richtigen Griesgram" bauen

Dass ihr mittlerweile 20 Jahre alter Sohn Philipp sich als Kind nicht allein in die Werkstatt in der alten Scheune getraut hat, ist verständlich. Zwar gucken all diese Gestalten freundlich, aber so ohne Puppenspieler, die ihnen Leben einhauchen, ohne Drehbuch und Texte wirken sie freundlich, aber doch leblos, als warteten sie darauf, endlich einmal wieder zum Leben erweckt zu werden. Was ist Herr von Bödefeld auch schon ohne dieses affektierte Sprechen, ohne dieses ständige Haare-Zurückstreichen. Zurzeit arbeiten die beiden an bis zu zwei Meter großen Playmobilpuppen, in der Fachsprache heißen sie Großfiguren, in die später Menschen schlüpfen, um durch Playmobilparks weltweit zu laufen und die Besucher zu erfreuen.

„Meistens freuen sich die Menschen über die Puppen“, sagt Claudia Röders, die als Puppenspielerin schon häufiger in solch einer Großfigur unterwegs war. Sie haben große Augen und meist lächeln sie, da kann man gar nicht böse sein. Apropos böse! Ein Traum wäre es, mal eine weniger pädagogisch wertvolle liebe Figur zu bauen, „sondern so einen Arsch, einen richtigen Griesgram“, sagt Claudia Röders und lacht. Es ist ein freundliches Lachen.

Das Maskottchen von Kiel sitzt friedlich neben dem von Flensburg

Das Ehepaar arbeitet seit 29 Jahren gemeinsam jeden Tag in der heimischen Werkstatt. Davor war Peter Röders als Puppenspieler unterwegs, zu Weihnachten zieht das Ehepaar immer noch los, macht Theater mit ihren Puppen. Die sind aus Schaumstoff oder Kunststoff. Mit Hilfe von 3-D-Druckern und viel Handarbeit schaffen sie ihre Geschöpfe. Meistens nach genauen Vorgaben, so wie Twipsy damals zur Expo 2000 in Hannover. „Ach ja, das war so ein schräges Teil mit so einem Riesenkopf“, sagt Peter Röders und grinst. Die Vorgaben, wie das Maskottchen zu sein hat, waren in mehreren Heftern vorgegeben. Einige Figuren haben es ins arabische Fernsehen geschafft. „Aber die Synchronisation war furchtbar. Die hatten so hohe schrille Stimmen“, erzählt Peter Röders.

Viel Raum für eigene Ideen bleiben beim Puppenbauen zwar nicht, und doch ist jede Figur ein echter Röders. Es sind eben keine Figuren vom Fließband. „Jeder Puppenbauer hat seine eigene Handschrift“, so Peter Röders und Ehefrau Claudia ergänzt: „Man baut immer einen Teil von sich selbst mit ein.“ Das Zebra, das Maskottchen vom THW Kiel, sitzt hier friedlich neben Sigi, der Möwe von der SG Handewitt. Sie mögen Rivalen in den Handballstadien sein, werden sie aber ausrangiert, oder müssen sie bei den Röders repariert werden, sind sie quasi Brüder.

Der Puppenbauer, der früher Puppenspieler war – als Samson

Und dann hängt dort ein Foto mit Samson, Lilo Pulver, Horst Janson und anderen damaligen Schauspielern. In dem zotteligen Bären steckt Peter Röders. Sechs Jahre lang in den 1970er Jahren spielte der 73-Jährige den gutmütigen, beliebten Tollpatsch. Und dann dämmert es dem Werkstattbesucher: Diese Stimme, sie kommt einem bekannt vor. Und man hört förmlich das bekannte „Ui-Ui-Ui“. Dann erzählt er von Lilo Pulvers, die so „unbeleckt von allem“ war, von Horst Janson, „ein toller Typ“ und von Henning Venske, den Peter Röders am meisten von allen ehemaligen Schauspielkollegen schätzt. Gebaut hat Röders Samson allerdings nicht, das war sein Vorbild, der amerikanische Puppenbauer Kermit (!) Love. Immer noch stehen manchmal Erwachsene am Zaun vor dem efeubewachsenen Haus der Röders und wollen ihr Kindheitsidol treffen. Dann ist Herr Röders immer froh, dass sein Gesicht nicht so bekannt ist, sondern nur das von Samson. Dieser Starrummel, das ist nichts für ihn.

Er versteckt sich lieber in seinen Figuren und schafft sie. Wie lange noch? Was für eine Frage! Denn das Puppenbauen ist nicht irgendein Beruf, den man mit 65 Jahren sein lässt. Claudia Röders: „Das ist nicht unser Beruf, das ist unser Leben, und wir könnten nicht glücklicher sein.“