Hartenholm. Hartenholmer Familie bespielt den Norden: Jeanette und Siegfried Frank leben mit ihren Kindern das moderne Schaustellerleben
Immer unterwegs: Jeanette und Siegfried Frank leben mit ihren Kindern das moderne Schaustellerleben. Das Segeberger Paar will es nicht anders – mit seinem Puppentheater und mobilem Kino zieht es durch Norddeutschland. Allein sie zu treffen, ist eine Kunst.
Rund 20 Minuten dauert es, um einen gemeinsamen Termin zu finden. Um die Franks zu fragen, warum es ihr Ding nicht ist, an Ort und Stelle zu weilen. Ein bisschen Zeit haben sie dann aber doch – während der Film läuft. Action und Familienfilme zu zeigen, ist ihr Hauptgeschäft. Im Sommer bauen sie montags die Leinwand in Weissenhäuser Strand auf, Dienstag und Mittwoch in Heiligenhafen, donnerstags auf Fehmarn, freitags in Großenbrode. Und das sind nur die Abendtermine. 200 Veranstaltungen in zwei Monaten – wenn sie das erzählen würden, würde es wohl niemand glauben, witzeln sie. Denn vormittags tingeln sie an der Küste zudem von Seebad zu Seebad, um ihre Puppenbühne in den Seebädern aufzubauen. Ihr Programm haben sie schon an so ziemlich allen Orten gezeigt, die die Öffentlichkeit hergibt. Von Kita bis Scheune, vom Wald bis Freibad, von Strand bis Kirche.
Die Kinder absolvieren bei den Eltern eine Ausbildung
Über die Familie ist bisher wenig nachzulesen. Es ist ein Leben hinter den Kulissen – schon seit rund 30 Jahren. Die OpenMeer Kinotage in Großenbrode tragen ihre Handschrift, Campingplätze freuen sich über Abwechslung und viele Gemeinden in Segeberg, Stormarn und Lauenburg, die kein festes Kino haben. In Bad Oldesloe feierten sie im Frühjahr ihre Autokino-Premiere.
Stammsitz der Familie ist die Gemeinde Hartenholm, doch im Sommer zieht es Menschenmassen an die Küste. Und wo viele Menschen sind, machen sie Programm. Dann wohnen sie im Wohnwagen in Oldenburg, dichter an der Küste, auf einem seit jeher gemieteten Platz mit eigener Adresse. Pro Wagen ein Zimmer, erzählen sie, ein Küchenwagen etwa, und eigene Wagen für die Jugend.
Das Leben aus dem Koffer wurde ihnen in die Wiege gelegt. „Mein Vater hat 1974 mit dem mobilen Kino angefangen. Bis heute sind wir jedes Jahr damit an der Ostsee gewesen“, erzählt Siegfried Frank, gelernter Veranstaltungstechniker. Doch die Tradition reicht noch viel weiter. Seine Großeltern, Adelheid und Bubi Sperlich, bauten Deutschlands größtes Märchen-Zelttheater auf, erzählt Frank. „Sperlichs Märchentheater“ ist bis heute auf Tour und dürfte in Süddeutschland vielen ein Begriff sein. Laut Medienberichten sind die Sperlichs die größte Familientruppe, die seit dem Zweiten Weltkrieg mit Artisten, Musik und Schauspiel in Deutschland unterwegs ist.
Die Eltern von Jeanette Frank sind ebenfalls Schausteller, mit klassischen Fahrgeschäften und Mandelbrennerei, erzählt sie. „Diese Familien treffen sich immer wieder.“ Und so haben sich die Franks als Jugendliche kennengelernt. Sie waren als Kinder immer dabei, irgendwann wurde ein eigenes Geschäft daraus. Und ihr Wissen geben sie jetzt an ihre Kinder weiter.
Miguel und Celine sind bei ihnen in der Ausbildung. Im Winter lernen sie in speziellen Kursen für beruflich Reisende an der Walther-Lehmkuhl-Schule in Neumünster, um einen anerkannten Abschluss zu bekommen. Lebensmittelhygiene, Buchführung und Erste Hilfe stehen dann auf dem Stundenplan. Den Rest lernen sie an bis zu sieben Tagen pro Woche: Sie machen Termine, führen Buch, lernen Texte fürs Puppentheater, verkaufen Zuckerwatte und Popcorn, Getränke und Süßes. Denn der Süßkram bringt die Hälfte der Einnahmen.
Die Leinwand, die mit fünf bis 13 Metern in der Größe variabel ist, muss immer wieder aufgebaut und die Technik angeschlossen werden. Die Filme werden von einem modernen, 100 Kilo schweren Projektor an die Wand geworfen. Zwei Stunden dauert es, bis das mobile Kino steht. 80 Zuschauer passen diesmal in den Saal im Ferienpark Weissenhäuser Strand. „Man merkt am Anfang der Ferien, wie sich die Küste mit Gästen füllt.“ Dann sind sie erleichtert, sagt der 44-Jährige. „Aber so ist das Kinogeschäft, unsere Kosten sind hoch. Wir zahlen genauso wie die großen Kinos.“ Saalmieten, Gema und für das Recht, Filme zeigen zu dürfen. „Wenn man nicht fleißig und professionell ist, kann man das nicht lange machen. Aber wir sind zufrieden. Ich könnte mir keinen schöneren Arbeitsplatz vorstellen.“
Von Action bis Trickfilm – die Franks zeigen die ganze Bandbreite an aktuellen Kinofilmen. Nur ein paar Wochen nach Filmstart, dann ist die Miete an Warner Bros., Constantin Film oder Twentieth Century Fox etwas günstiger.
An Ort und Stelle zu weilen, ist einfach nicht ihr Ding. „Man muss das schon mögen“, sagt die 43-jährige Jeanette Frank, die gelernte Kauffrau ist. Doch ihr Leben habe so viele Vorteile, findet das Paar. Der Wochenrhythmus sei relativ regelmäßig, über die Jahre seien feste Engagements gewachsen, und dann die Arbeit als Familienbetrieb. „Für die Kinder war das immer ein Paradies“, sagt er. Und sie sind flexibel. Wenn die Menschen weniger gern ins Kino gehen, zum Beispiel im November und Dezember, dann zeigen sie mehr Puppentheater. „Mascha und der Bär“, klassische Märchen und moderne. Und wann bleibt da noch Zeit zum Üben? Jeanette Frank muss lachen: Sie schreibe die Texte selbst. „Im Auto.“ Beim Unterwegssein.
Und selbst wenn sie mal frei haben, bleiben beide am liebsten zu Hause. Genauso sieht auch ihr Programm aus – ohne viel Schnickschnack. Keine Werbung, kein Vorhang, es heißt einfach nur: „Allen Gästen viel Spaß.“