Kiel. Eltern hoffen vergebens auf Intervention im Fall der Kadettin Jenny Böken. Kieler Ministerium will sich nicht einschalten.

Die Eltern der vor zehn Jahren ums Leben gekommenen „Gorch Fock“-Kadettin Jenny Böken haben sich vergeblich an Schleswig-Holsteins Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) gewandt. Der Antrag, eine andere Staatsanwaltschaft als die Staatsanwaltschaft Kiel mit der Prüfung einer Wiederaufnahme der 2009 eingestellten Ermittlungen zu beauftragen, falle nicht in den Kompetenzbereich des Ministeriums, hieß es am Dienstag in Kiel in einer Pressemitteilung. Dies stünde gemäß Gerichtsverfassungsgesetz dem Generalstaatsanwalt in Schleswig zu. Diesem sei das Schreiben des Anwalts der Eltern zur Kenntnis zugeleitet worden.

Die Durchführung der Ermittlungen sowie die Entscheidung über Anträge auf Wiederaufnahme der Ermittlungen obliegen, wie das Ministerium betont, allein der Staatsanwaltschaft und gegebenenfalls den Gerichten. „Die Justizministerin nimmt keinen Einfluss auf die Ermittlungen und die Entscheidung der justiziellen Behörden.(...) Die Ausübung eines Einzelweisungsrechts der Justizministerin gegenüber dem Generalstaatsanwalt kommt hier daher nicht in Betracht.“

Staatsanwaltschaft angeblich nicht neutral

Über ihren Aachener Anwalt Rainer Dietz hatten sich die Eltern an die Ministerin gewandt und ihren Antrag damit begründet, sowohl der mit der Prüfung beauftragte Oberstaatsanwalt als auch die gesamte Staatsanwaltschaft Kiel brächten dem Fall „nicht die notwendige Unvoreingenommenheit und Neutralität“ entgegen. Verwiesen wurde unter anderem auf angeblich unvollständige Akten oder unzulängliche oder fehlerhafte Ermittlungen.

Die Todesumstände der 18-Jährigen, die während einer Ausbildungsfahrt des Segelschulschiffs der Marine in der Nacht zum 4. September 2008 bei einer Wache über Bord ging, sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Der Leichnam wurde erst nach elf Tagen aus der Nordsee geborgen. Die Ermittler halten ein Unglück für am wahrscheinlichsten. Die Eltern sehen jetzt Hinweise sogar für einen Mord – gestützt auf eine eidesstattliche Aussage eines früheren Bundeswehrangehörigen.

Der am 2. September gestellte Antrag auf Wiederaufnahme der Ermittlungen befindet sich in der Vorprüfung der Kieler Staatsanwaltschaft. Ein Sprecher sagte am Dienstag, eine Entscheidung hierüber werde „noch eine Weile“ dauern.

Wurde die junge Frau erdrosselt?

In der Eidesstattlichen Erklärung hat nach Angaben des Anwalts der frühere Bundeswehrangehörigen erklärt, kurz nach dem Auffinden der Leiche von Jenny Böken hätten ihn mehrere Männer – darunter Marineangehörige – in einer Kaserne besucht. Sie sollen angedeutet haben, dass die junge Frau erdrosselt worden sei. Der Anwalt sagte, die Personen müssten für die Behörden identifizierbar sein und angehört werden. Der Verfasser der Eidesstattlichen Erklärung war laut Dietz während der Ausbildungsfahrt nicht auf der „Gorch Fock“ gewesen.