Kiel/Aachen. Die Kadettin Jenny Böken war vor zehn Jahren auf dem Segelschulschiff ums Leben gekommen. Nun könnten neue Ermittlungen folgen.

Im Fall der vor zehn Jahren ums Leben gekommenen „Gorch Fock“-Kadettin Jenny Böken aus der Nähe von Aachen liegt der Staatsanwaltschaft Kiel eine neue Eingabe zur Prüfung vor. Das Ergebnis werde voraussichtlich in etwa drei Wochen feststehen, sagte Oberstaatsanwalt Axel Bieler am Mittwoch in Kiel. Dann werde entschieden, ob die bereits vor Jahren eingestellten Ermittlungen wieder aufgenommen werden. Die Eingabe hat laut Bieler der Aachener Rechtsanwalt Rainer Dietz als Vertreter der Eltern von Jenny Böken eingereicht.

Die Todesumstände der 18-Jährigen, die während einer Ausbildungsfahrt des Segelschulschiffs der Marine in der Nacht zum 4. September 2008 bei einer Wache über Bord ging, sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Der Leichnam wurde erst nach elf Tagen aus der Nordsee geborgen. Die Ermittler halten ein Unglück für am wahrscheinlichsten, die Eltern sehen Hinweise sogar für einen Mord.

Früherer Kadett belastet Kameraden

Dietz sagte am Mittwoch, zu den Unterlagen gehöre eine eidesstattliche Erklärung: Ein früherer Kadett habe erklärt, dass kurz nach dem Auffinden der Leiche von Jenny Böken ihn mehrere Männer - darunter Marineangehörige - in einer Kaserne besucht hätten. Sie sollen angedeutet haben, dass die junge Frau erdrosselt worden sei. Dietz sagte, die Personen müssten für die Behörden identifizierbar sein und angehört werden.

Der Verfasser der eidesstattlichen Erklärung war laut Dietz während der Ausbildungsfahrt nicht auf der „Gorch Fock“ gewesen. Der Mann habe nach eigener Aussage mit Jenny Böken zuvor auf einer Party in Düsseldorf in alkoholisiertem Zustand Sex gehabt. Filmaufnahmen davon seien auf der „Gorch Fock“ kursiert, habe Böken ihm am Telefon noch erzählt, berichtete Dietz aus der eidesstattlichen Erklärung. Böken habe gedroht, das Kursieren der Aufnahmen zu melden.

Obduzent sei befangen gewesen

Dietz nannte noch weitere Aspekte, die eine Wiederaufnahme der Ermittlungen aus seiner Sicht notwendig machen: Die Marine habe erklärt, es sei nicht mehr zu klären, wer nach Jenny Böken Wache hätte schieben müssen. Dies sei nicht glaubwürdig, die infrage kommenden Personen seien nach seinem Informationsstand nicht befragt worden. Zudem sei der Obduzent der Leiche der Vater eines Kadetten der „Gorch Fock“ gewesen - und damit befangen. In der Lunge sei kein Wasser gewesen, so dass Böken bereits vor dem Sturz in die Nordsee tot gewesen sein könnte.