Reinfeld. Genehmigung erteilt. Oberleitung für Lkw an der A 1 zwischen Reinfeld und dem Kreuz Lübeck wird von März an gebaut.
Dem Ausbau der A 1 zwischen dem Autobahnkreuz Lübeck und Reinfeld zum E-Highway steht nichts mehr im Wege. „Die Auftragserteilung soll bis Februar, der Baubeginn im März erfolgen“, sagt Harald Haase, Sprecher im schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministerium. Dann wird der sechs Kilometer lange Abschnitt in beiden Richtungen auf der rechten Spur mit Oberleitungen ausgerüstet. Alle 60 Meter soll ein ungefähr zwölf Meter hoher Mast mit einem bis zu zwölf Meter langen Ausleger stehen.
Für das Pilotprojekt stellt das Bundesumweltministerium rund 14 Millionen Euro bereit. Ende 2018 sollen die ersten Strom-Lkw der Reinfelder Spedition Bode auf den 25 Kilometern zwischen dem Lübecker Hafen und dem firmeneigenen Logistikzentrum pendeln – mit auf Knopfdruck nach oben ausfahrbaren Stromabnehmern. Bestenfalls laden sich die Batterien auf der Teststrecke so auf, dass die Hybrid-Lkw den Dieselmotor gar nicht mehr zuschalten müssen. Die erlaubte Höchstgeschwindigkeit beträgt wie bisher Tempo 80.
Auch bei Frankfurt und Rastatt entstehen Teststrecken
Die letzte Planungshürde ist genommen: Der Gesetzgeber hat die Freistellung von der Planfeststellung erteilt. Parallel war das Großprojekt europaweit ausgeschrieben worden. „Aktuell werden noch Verhandlungsgespräche mit den Bietern geführt“, sagt Ministeriumssprecher Haase. Bis Mitte Dezember folge die Aufforderung zur Abgabe von finalen Angeboten.
Ein Kilometer Stromautobahn kostet nach bisherigen Schätzungen zwei Millionen Euro. Die beiden Fahrdrähte hängen in 5,12 Metern Höhe über dem jeweils rechten Fahrstreifen an den Tragseilen der Masten. Diese stehen auch mal dichter als alle 60 Meter, falls dies aus landschaftlichen Gründen nötig ist. Entlang der Strecke werden außerdem drei etwa containergroße Gleichrichterunterwerke für die Stromversorgung aufgestellt. Außerdem müssen Kabel verlegt und neue Leitplanken aufgestellt werden. Nach neun Monaten soll die Anlage einsatzbereit sein.
Gut 9000 Lastwagen täglich
Täglich sind gut 9000 Lastwagen und rund 63.000 Autos auf der A 1 bei Reinfeld unterwegs. Während der Bauzeit sollen sich die Einschränkungen auf dem sechsspurigen Abschnitt in Grenzen halten. Der Großteil der Arbeiten könne auf der Standspur erledigt werden, sodass auch im Urlaubsverkehr nur geringe Behinderungen zu erwarten seien. Nur für die Installation der Fahrdrähte muss die rechte Spur einige Wochen gesperrt werden. Sie kann von allen Autofahrern wie gewohnt genutzt werden, wenn die Leitungen hängen.
Das Forschungs- und Entwicklungszentrum Fachhochschule Kiel begleitet den Feldversuch wissenschaftlich. In der zweiten Phase von 2019 bis 2021 wollen die Experten herausfinden, ob sich das System in der Praxis bewährt. Unter anderem geht es um die Energiebilanz, aber auch um die Akzeptanz in der Bevölkerung.
Eine der meistgenutzten Lkw-Verkehrsachsen
Je nach Ergebnis ist im Anschluss alles denkbar: Die Palette der Möglichkeiten reicht vom Abbau der Anlage bis zum Ausbau. „Eine Erweiterung des Systems in Richtung Hamburg (Hafen und Flughafen) wäre eine interessante Möglichkeit“, heißt es in der Projektbeschreibung. Der etwa 70 Kilometer lange A-1-Abschnitt ist eine der meistgenutzten Lkw-Verkehrsachsen im Land.
Die Reinfelder Spedition Bode, die 250 Mitarbeiter und 110 Zugmaschinen hat, will mindestens zwei Elektrolastwagen einsetzen. Sie kosten mit 250.000 Euro etwa dreimal so viel wie eine herkömmliche Zugmaschine. „Das ist für uns natürlich unheimlich spannend“, sagt Geschäftsführer Kai Bode. Die Lkw sollen die Strecke täglich bis zu 50-mal zurücklegen. Falls weitere Spediteure an dem Projekt interessiert sind, können sie sich noch bei den Organisatoren melden.
Auch Bewegung in einem anderen Thema
Auch wenn der Kreis Stormarn nicht direkt in den Feldversuch einbezogen ist, verfolgen die Verantwortlichen den Fortschritt gespannt. „Wir können stolz sein, bei diesem womöglich zukunftsweisenden Test als Erste mit dabei zu sein“, sagt Landrat Henning Görtz.
Immerhin brachte die E-Highway-Diskussion auch Bewegung in ein anderes Thema: Der 1500-Einwohner-Ort Hamberge, den der Bau der Stromautobahn am meisten betrifft, bekommt endlich den seit drei Jahrzehnten zugesagten Lärmschutz zur A 1. Im Jahr 2021 soll der Wall mit oben aufgesetzter Wand stehen. Dann verschwindet die Autobahn hinter der rund fünf Meter hohen Konstruktion.