Wilhelmshaven. Unterbeschäftigung wegen vorübergehender Ladungsverluste an der Elbe. Reederei-Allianzen setzen Umschlagbetriebe unter Druck.
Michael Blach ist seit Jahresbeginn gemeinsam mit Thomas Eckelmann Vorsitzender der Gruppengeschäftsführung bei Eurogate. Das Unternehmen, dass jeweils zur Hälfte Eckelmann und der Bremer BLG Logistics Group gehört, ist Europas größter Hafenumschlagsbetrieb und der Einzige, der Containerterminals in Hamburg und in Wilhelmshaven betreibt. Blach steht vor vielen Problemen.
Die Konkurrenz unter den Häfen ist hart, derzeit verändern sich vielerorts die Schiffsfahrpläne und das Ladungsvolumen, weil sich die Reedereien in großen Allianzen zusammenschließen. Das trifft besonders den Standort Hamburg. Zudem läuft der Terminal in Wilhelmshaven bei Weitem nicht so gut wie erwartet. Im Abendblatt-Interview spricht Blach über Ladungsverluste in Hamburg und die Folgen für die Eurogate-Terminals in Bremerhaven und Wilhelmshaven.
Herr Blach, in Hamburg verliert Eurogate Ladungsvolumen durch die Allianzenbildung mehrerer Reedereien an den Konkurrenten HHLA. Kann man sagen, dass Hamburg für ihr Unternehmen der Verlierer und Wilhelmshaven der Gewinner ist?
Michael Blach: So eindeutig und klar ist es nicht zu bewerten. Richtig ist: unser Hamburger Kunde Hanjin ist insolvent, China Shipping und UASC fallen der HHLA zu. Deshalb ergibt sich für dieses Jahr für uns in Hamburg eine Lücke. Wenn aber Hamburg Süd und Hyundai ins Maersk-Netzwerk integriert werden, kommt hoffentlich ein großer Teil von deren HHLA-Volumina zu uns. Der eigentliche Gewinner ist Bremerhaven.
Zwar bekommen wir dort nicht mehr Dienste, aber es werden größere Schiffe dorthin fahren und mehr Mengen bringen. In Wilhelmshaven hatten wir 2016 eine Reihe ungeplanter Schiffsanläufe, wegen operativer Probleme in anderen Häfen oder wegen kurzfristiger Netzwerkveränderungen. Wenn wir 2017 die gleiche Anzahl von unvorhergesehenen Anläufen bekommen, werden wir in Summe mit der neuen Allianz hier auch eine Umschlagzunahme verzeichnen. Andernfalls nicht.
Die Lücke beim Containerumschlag in Hamburg führt dazu, dass Sie dort weniger Beschäftigte brauchen. Wird es zu Kündigungen kommen?
Blach: Wir sind in engen Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern, wie wir die vorübergehende Unterauslastung auffangen. Dazu gehört die Frage, einer weiteren Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Wir haben auch Mitarbeitern angeboten, vorübergehend für sechs oder zwölf Monate in Bremerhaven zu arbeiten, wo mehr zu tun ist.
Wie viele haben das angenommen?
Blach: Bisher mehr als 20, aber vielleicht kommen noch weitere hinzu. Die Mitarbeiter bekommen einen finanziellen Ausgleich für die höhere Belastung und entscheiden individuell, ob sie eine Wohnung vor Ort nehmen, pendeln oder eine andere Lösung finden. Zudem rufen wir für Hamburg weniger Hilfskräfte vom Gesamthafenbetrieb ab. Unser Ziel ist es, ohne betriebsbedingte Kündigungen auszukommen, denn in absehbarer Zeit werden wir die Kräfte wieder benötigen.
Bringt der Konzentrationsprozess bei den Reedereien also Unsicherheiten?
Blach: Zumindest sorgt er dafür, dass sich Verhältnisse schneller ändern. Reeder entscheiden nach etlichen Kriterien, welche Häfen sie anlaufen – wie Kundenwünsche, Ladungsaufkommen, freie Kapazitäten, Bunkerverbrauch und so weiter. Nun geht es aber nicht mehr um einzelne Reedereien, mit denen man sich einigen muss, sondern um ganze Verbünde. Gerade im Ost-West-Verkehr werden sehr große Pakete geschnürt. Einigt man sich nicht, geht einem Terminal ja nicht das Ladungsaufkommen einer Reederei, sondern mit einem Schlag das von bis zu fünf Reedereien verloren. Das macht die Verhandlungen nicht gerade einfacher. Deshalb ist es sehr gut, dass Eurogate mit seinem Terminalnetzwerk sehr breit aufgestellt ist. Wir sind mittlerweile in zwölf Häfen vertreten. Wir können den Kunden mehr Möglichkeiten bieten – und Verluste an einem Standort können wir durch Hinzugewinne an anderer Stelle ausgleichen.
Manche Politiker fordern auch eine Hafenkooperation, um den Schiffsanlauf besser zu steuern, und beispielsweise weniger große Schiffe nach Hamburg und mehr nach Wilhelmshaven zu lenken. Geht das überhaupt?
Blach: Es gibt viele Aspekte und Möglichkeiten zu Hafenkooperationen, etwa durch Terminalbeteiligungen. Den Reedern aber vorzugeben, wo sie hinfahren sollen, das geht nicht.
Aus dem Kreis der Reedereien verlautet, Hamburg könnte noch häufiger angelaufen werden, wenn die Preise dort nicht so hoch wären. Stimmt das?
Blach: Das klingt, als könnten die Terminals Fantasiepreise durchsetzen. Nein. Das regelt der Wettbewerb. Würde ein Hafen keine marktkonformen Preise nehmen, würde er das bald spüren. Die Preise in den Häfen sind unterschiedlich, weil unter anderem die Anforderungen der Kunden unterschiedlich sind. Und die lokalen Kostenstrukturen unterscheiden sich letztlich auch.