Hamburg plant den Verkauf des Gewässers für 1,115 Millionen Euro. Die Stormarner Gemeinde will um ihren Namensgeber kämpfen und startet Rettungsaktion. Auch eine Privatperson hat Interesse am Kauf.

Großensee. Wer unvorbereitet zu einem Kampf antritt, tut das normalerweise nicht freiwillig. Die kleine schleswig-holsteinische Gemeinde Großensee (Kreis Stormarn), die derzeit um ihren Namensgeber kämpft, wurde von Hamburg unvermittelt in den Ring gestoßen. Die Hansestadt, seit 1937 Eigentümer des Großensees, den viele Norddeutsche als Naherholungsgebiet nutzen, will das 746.000 Quadratmeter große Gewässer verkaufen.

Der Großensee diente Hamburg bis 1989 als Trinkwasserreservoir. „Heute hat der Großensee für Hamburg keine strategische oder ökonomische Bedeutung mehr“, sagte Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde, der Hüterin über alle städtischen Flächen und Gebäude. Daher habe der zuständige Landesbetrieb für Immobilien und Grundbesitz (LIG) entschieden, sich von dem Gewässer zu trennen.

Die Gemeinde hingegen hat Verwendung für den See: Mit dem Strandbad am Südufer verdient Großensee jedes Jahr Tausende Euro, hinzu kommt die Bekanntheit, die das Dorf durch den See überregional erlangt hat. Was Großensee allerdings nicht hat, ist Geld. Hamburg fordert mindestens 1,115 Millionen Euro. Die Gemeinde hatte gerade durch den Verkauf einiger Grundstücke ihr Minus reduziert, die angestrebte Schuldenfreiheit rücke durch den Kauf des Sees „in weite Ferne“, sagt Bürgermeister Karsten Lindemann-Eggers (Wählergemeinschaft Bürger für Großensee). Dennoch: Bei einer Infoveranstaltung waren sich alle Anwesenden einig, dass der See in Gemeindehand übergehen soll. „Ich will, dass der See gekauft wird. Und bin bereit, etwas dazuzugeben“, sagte ein Besucher. Viele Großenseer zeigten sich willens, eine Eigentümergenossenschaft zu gründen oder Spenden zu sammeln.

Ein Kampf wäre jedoch kein Kampf ohne Gegner. In diesem Fall hat sich die Gemeinde ihre Gegner nicht selbst ausgesucht. Hamburg hat beschlossen, wer gegen wen antritt. Im beschränkten Bieterverfahren hat die Stadt neben Großensee die Stiftung Naturschutz angeschrieben. Und zwei Privatpersonen. Nach Abendblatt-Informationen handelt es sich um ein Unternehmen und eine Privatperson aus der Region, die schon früher Interesse am See bekundet hatten. Auch Günther Fielmann, Gründer der Optikerkette, der ein Haus am benachbarten Lütjensee sein Eigen nennt, kam ins Spiel. Gegenüber den Lübecker Nachrichten erklärte er jedoch, kein Kaufinteresse zu haben. Wie es heißt, ist auch der Stiftung Naturschutz der Preis für den See zu hoch.

Der Betrieb am Ufer des Großensees, der als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet eingestuft ist, geht indes unvermindert weiter. Während der Nordstrand für Besucher frei zugänglich ist, besitzt die Gemeinde am südlichen Ufer ein Naturbad. Nutzer des Strandbades und Anwohner fürchten vor allem, dass ein neuer Eigentümer ein Badeverbot erteilen könnte. Oder den See für kommerzielle Zwecke wie etwa eine Wasserski-Anlage nutzen wolle. „Wenn der Falsche kauft, wird der See vielleicht eingezäunt“, sagt Schwimmerin Brigitte Haufe und äußert so die Sorgen vieler Nutzer des Sees. Eine dreijährige Bausperre zu verhängen, wie Lindemann-Eggers es zunächst vorgeschlagen hatte, schiebe das Problem nur auf, gibt der Bürgermeister selbst zu. Derzeit werde ein Vorkaufsrecht geprüft.

Der Befürchtung, der See könne in falsche Hände geraten, tritt die Finanzbehörde entgegen. „Der Großensee dient ja auch vielen Hamburgern als Naherholungsgebiet“, sagt Behördensprecher Stricker. „Das soll auch so bleiben. Wir haben kein Interesse an einem eingezäunten See.“ Im Übrigen müsse jeder Käufer in bestehende Miet- und Pachtverträge einsteigen. Das Freibad der Gemeinde wäre demnach auch bei einem Verkauf vorerst nicht gefährdet.

Weil ihr dieses „vorerst“ nicht gefällt, will die Gemeindevertretung an diesem Donnerstag Vorkehrungen treffen. Die Kommunalpolitiker wollen einen Bebauungsplan aufstellen, der eine Insel auf dem See, die Wasserfläche und einen 50 Meter breiten Randstreifen entlang des Ufers schützt, sagt Lindemann-Eggers. Wer auf eine Niederlage vorbereitet ist, hat den Kampf schon fast gewonnen, soll das wohl heißen. Oder: „Wir werden die Nutzungsmöglichkeiten für neue Eigentümer deutlich einschränken.“