Experte warnt: Auch die Nordsee ist gefährlich. Das Baden ist an vielen Abschnitten der Lübecker Bucht verboten. Auch auf Usedom weiterhin heftige Winde und starke Unterströmungen.
Hamburg. Wieder ein tödlicher Badeunfall in der Ostsee, doch diesmal ist der Betroffene nicht ertrunken: Ein 55 Jahre alter Mann aus dem Raum Berlin ist am Mittwoch in Blekendorf (Kreis Plön) ums Leben gekommen. Der Mann sei im knietiefen Wasser zusammengebrochen, die Wiederbelebungsversuche am Sehlendorfer Strand seien erfolglos geblieben, sagte ein Polizeisprecher am Mittwochabend.
Unterdessen müssen viele Urlauber an der Ostsee derzeit auf Baden verzichten – besonders in der Lübecker Bucht. Dort gilt ein Badeverbot auf einer Länge von mehr als 55 Kilometern.
Wie ein Mitarbeiter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) dem Abendblatt bestätigte, sei die Lage an dem acht Kilometer langen Strandabschnitt am Timmendorfer Strand „weiterhin kritisch“. Die Roten Fahnen an den Rettungstürmen wurden am Morgen daher nicht entfernt. 15 Schilder am Strand weisen auf das Verbot hin. Wobei, so der DLRG-Mitarbeiter, sich die Brandung im Vergleich zu Dienstag bereits etwas beruhigt hätte. Man wolle jetzt die Entwicklung der Windgeschwindigkeiten abwarten. Derzeit pustet es mit vier Windstärken auf den Timmendorfer Strand. Sollte der Wind bis zum Mittag nachlassen, könnte das Badeverbot möglicherweise aufgehoben werden.
Badeverbot am Timmendorfer Strand
An die Türme der insgesamt 25 Rettungsschwimmer in Timmendorf kommen daher immer wieder Urlauber und fragen nach dem Grund des Badeverbots. Selbst Gäste, die schon seit Jahren an den Strandabschnitt kommen, fragen, was denn anders als in den Vorjahren sei. „Die beiden Toten, und vielen Rettungseinsätze sprechen da wohl für sich“, heißt es dann von der DLRG-Einsatzleitung. Die meisten Urlauber zeigten dann auch Verständnis für die schützende Maßnahme. Nur wenige seien verärgert. Einige missachten das Verbot allerdings.
Scharbeutz, Haffkrug und Sierksdorf
Vor Scharbeutz war erst am Dienstag ein Schwimmer ums Leben gekommen, ein 13-jähriger Junge konnte noch gerettet werden.
Auch in Scharbeutz, Haffkrug und Sierksdorf hat die DLRG ein Badeverbot ausgesprochen. Dort seien nach den Beobachtungen der 37 Rettungsschwimmer am 13 Kilometer langen Strandabschnitt am Mittwoch wesentlich weniger Menschen im Wasser zu sehen. Die Ehrenamtlichen werten das als positives Signal ihrer Arbeit. Denn ein Badeverbot ist eigentlich eher als eine Empfehlung zu verstehen.
Travemünder Hauptstrand frei
In Travemünde hingegegen kann gebadet werden. Jedoch nur im etwa 600 Meter langen Bereich des Hauptstrandes. Weiter nördlich, im Bereich Mövenstein und Brodten gilt ebenfalls ein Badeverbot. Nach Angaben des Wachleiters wird das heute auch nicht mehr aufgehoben werden. Noch immer weht der Wind mit Windstärke 5 und die Wellen erreichen eine Höhe von etwa 1,5 Meter.
Usedom
Etwas weiter östlich, auf Usedom in Mecklenburg-Vorpommern, gilt das Badeverbot nach Angaben der DLRG an allen Seebädern. Das betrifft etwa eine Strandbereich von 35 Kilometer Länge. Auch dort wird das Verbot am Mittwoch wahrscheinlich nicht mehr aufgehoben werden. Leider missachten einige Urlauber die Warnungen der Rettungsschwimmer und gehen trotzdem ins Wasser.
Aus den nördlicheren Gemeinden und Städten an der Ostsee wurden bisher keine Verbote gemeldet.
Nicht überschätzen
Unabhängig vom ausgesprochenen Badeverbot rät die DLRG, sich an einige Baderegeln zu halten (siehe Infokasten). Insbesondere Senioren seien beim Baden gefährdet, wenn sie bei mehr als 30 Grad Lufttemperatur ins mehr als zehn Grad kältere Wasser steigen. Alkohol, Übermut und unbekannte Gewässer stellen weitere Gefahrquellen für alle Altersgruppen dar.
Prof. Moustafa Abdel-Maksoud, Strömungsforscher an der TU Hamburg-Harburg, erklärt das gefährliche Phänomen der Strömungen. Wenn Wellen auf den Strand aufliefen, brächen sie, was man an dem weißen Schaum erkennen könne. Am Boden der Ostsee fließe das Wasser in entgegenges etzter Richtung ins Meer zurück. Und diese unsichtbare Unterströmung könne für viele zum Problem werden.
Am Donnerstag soll es an der Ostsee noch einmal ähnlich sommerlich wie heute werden. Am Freitag könnten Gewitter und Regen dann allerdings für etwas Abkühlung sorgen. Warm soll es aber weiterhin bleiben.
Unterdessen warnt Franz Bergmann von der DLRG, dass auch die Badegäste an der Nordsee schnell in Lebensgefahr geraten können, auch wenn dort die Verhältnisse gänzlich anders sind. „Die Hauptgefahrenquellen an Nord- wie Ostsee sind meistens starke Strömungen durch bestimmte Windrichtungen. Und derzeit bereiten eben diese starken auflandigen Winde an der Ostsee Sorgen. Das kann an der Nordsee auch passieren, wenn der Wind auf Nord oder Nordwest dreht.
Nach seiner Ansicht habe „jede Insel ihre besonderen Probleme, etwa durch Sturmschäden. 2013 hat das Orkantief „Xaver“ auf Wangerooge große Teile der Strände weggespült. Dort haben wir jetzt sehr starke Querströmungen. Die sind auch auf Juist und Spiekeroog zu spüren“, erklärt Bergmann: „Zudem haben Bauwerke wie Buhnen oder Sandbänke Einfluss auf die Strömung. Diese entwickelt manchmal stündlich eine ganz eigene Dynamik. Erfahrene Rettungsstationen kennen diese Problematik, müssen das aber jedes Jahr buchstäblich erfahren.“
Weitere Gefahre gäbe es „im Wattenmeer, aber auch auf den Seeseiten der Inseln bilden sich immer wieder Priele mit reißender Strömung. Durch diese Rinnen fließen die Wassermassen so stark, dass selbst kräftige Schwimmer nicht dagegen ankommen“, sagt Bergmann, der zugleich einen Tipp für alle Badegäste hat: „Besser ist es, dazu parallel zu schwimmen, um aus dem Sog wieder heraus zu kommen. Beim Schwimmen in starkem Wellengang in der Nähe von Buhnen droht Verletzungsgefahr. Die letzten Todesfälle an der Küste aber gab es bei Badegästen, die gesundheitlich vorgeschädigt waren, etwa durch einen Herzinfarkt.“
Badeunfälle in diesem Sommer in Norddeutschland