Die Arbeitsagentur in Stralsund stellt sich auf den Ernstfall ein. 455 ehemalige P+S-Arbeiter haben sich bereits vorsorglich zum 1. November arbeitslos gemeldet. Die Agentur rechnet mit weiteren Arbeitslosmeldungen.
Stralsund. Die Agentur für Arbeit rechnet in den kommenden Monaten mit maximal bis zu 1200 Arbeitslosmeldungen wegen der P+S-Werftenpleite. Aktuell haben sich bereits 455 Arbeitnehmer zum Stichtag 1. November arbeitslos gemeldet, sagte der Leiter der Agentur für Arbeit in Stralsund, Jürgen Radloff. Am 1. November läuft nach einem Jahr die Transfergesellschaft für die ehemaligen P+S-Beschäftigten aus. Derzeit sind dort 720 Werftarbeiter beschäftigt. Zudem werden in den kommenden Monaten mit der Fertigstellung der DFDS-Transportschiffe auch die Arbeiten der Stralsunder Schiffbaugesellschaft zurückgefahren, in der derzeit weitere rund 450 Mitarbeiter beschäftigt sind. Wann sich diese Mitarbeiter arbeitslos melden, stehe derzeit noch nicht fest, sagte Radloff.
Der Agenturchef äußerte Hoffnungen, dass der Großteil der Betroffenen nur kurzzeitig arbeitslos sein wird. Zum einen gebe es potenzielle Interessenten, die nach dem Kauf der Werft wieder Arbeitskräfte benötigten. Zudem würden Mitarbeiter aus der Metallbranche auch in Vorpommern gesucht. Der Wechsel in kleinere Betriebe in der Region ist vermutlich aber mit deutlichen Lohneinbußen verbunden. „Die Werft hat als großer Betrieb Löhne nach dem Metalltarif gezahlt, anders als dies den kleineren und mittleren Unternehmen in der Region möglich ist“, sagte Radloff. Die Unterschiede in der Entlohnung würden deshalb eine Vermittlung auf freie Arbeitsstellen in der Region nicht vereinfachen. Nach Branchenangaben liegt der Lohn in regionalen Metallbetrieben rund 30 bis 50 Prozent unter dem Werftenlohnniveau.
Überregional sieht die Situation nach Einschätzung Radloffs aber deutlich besser aus. „In anderen Regionen suchen auch Großbetriebe mit deutlich besseren Lohnangeboten nach Fachkräften aus dem Metallbereich.“ Der Chef der Transfergesellschaft der P+S-Werften, Oliver Fieber, rechnet im Oktober noch mit viel Bewegung. „Wir gehen von einer deutlich geringeren Zahl an tatsächlich Arbeitslosen aus“, sagte er. Rund 250 Mitarbeiter könnten noch im Oktober und November in neue Arbeitsverhältnisse eintreten, rund 200 außerhalb der Region.
Die Stralsunder Arbeitsagentur hat sich bereits auf den Ernstfall eingestellt und ein Sonderteam von fünf Mitarbeitern gebildet, die die ehemaligen P+S-Mitarbeiter betreuen sollen. „Mit der speziellen Anlaufstelle wollen wir den Mitarbeitern der Werft kurze Wege und schnelle Termine gewährleisten“, sagte Radloff. So würden bereits jetzt die Daten der vermutlich von Arbeitslosigkeit betroffenen Kollegen aufgenommen. Nach Angaben der Agentur sind zudem seit der Insolvenz im August 2012 rund 300 Mitarbeiter aus Zuliefer-Firmen arbeitslos geworden. Zum Teil hätten diese aber wieder Anstellungen beispielsweise bei Zeitarbeitsfirmen gefunden.
Von den 1690 Mitarbeitern in der Transfergesellschaft haben nach Angaben Fiebers 340 einen Job gefunden, unter anderem bei der Bremer Lürssen-Gruppe, die im Mai 2013 die Werft in Wolgast übernommen hatte. 630 haben ein befristetes Arbeitsverhältnis bei der Stralsunder Schiffbaugesellschaft oder Zeitarbeitsfirmen begonnen. Rund 720 befinden sich direkt in der Transfergesellschaft.
Die Insolvenz der Werft sei ein schwerer Schlag für die Region, da sie zum industriellen Kern gehöre. Das Aus der Transfergesellschaft wird die Arbeitslosenstatistik in Vorpommern allerdings kaum beeinflussen. Der Anteil der Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe an der Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nimmt in Vorpommern-Rügen gerade einmal 7,7 Prozent ein, wie Radloff erklärte. Die positive Entwicklung auf dem Dienstleistungssektor (Handel und Tourismus) könne die Entwicklung auf der Werft deshalb deutlich überlagern. (dpa)