Nach dem Tod zweier rumänischer Arbeiter in Papenburg will Niedersachsen im Bundesrat eine Initiative einbringen, um Betriebsräte zu stärken und gegen Missbrauch von Werkverträgen vorzugehen.

Hannover. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) will mit einer Bundesratsinitiative gegen den Missbrauch von Werkverträgen vorgehen. Das rot-grüne Landeskabinett beschloss am Dienstag einen Antrag, um die Kontrolle der Betriebsräte in Unternehmen zu stärken und die Arbeitnehmerüberlassung strenger zu regeln. „Unser Maßnahmenbündel ist das weitestgehende Konzept, um diesem Geschwür auf dem deutschen Arbeitsmarkt entgegenzutreten“, sagte Weil. „Wir müssen alle gemeinsam losmarschieren.“

Mitte Juni waren zwei rumänische Werkvertragsarbeiter der Papenburger Meyer-Werft bei einem Brand in ihrer Unterkunft umgekommen. Der Vorfall löste eine breite Diskussion über die Situation osteuropäischer Billigarbeiter aus. Das Thema sei häufig anhand von niedersächsischen Beispielen diskutiert worden, sagte Weil. „Das ist aber nur die Spitze eines Eisbergs.“ Den Missbrauch gebe es in der ganzen Bundesrepublik und in allen Branchen. Allein in der Fleischindustrie schätzt die Landesregierung die Zahl der Missbrauchsfälle auf eine fünfstellige Höhe, sagte Weil.

Die Initiative des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums soll im September in den Bundesrat eingebracht werden. Demnach sollen Betriebsräte künftig informiert werden, wenn Stammbeschäftigte durch Werkvertragsarbeiter ersetzt werden sollen. Auch soll der Betriebsrat die Interessen der Werkvertragsarbeiter vertreten dürfen. „Wir stärken die Rechte der Betriebsräte“, erklärte SPD-Wirtschaftsminister Olaf Lies. Anträge auf Arbeitnehmerüberlassung werden nach Vorstellung des Ministers künftig nur noch für ein Jahr genehmigt und dann genau überprüft. Die Initiative soll Lies zufolge aber kein bürokratisches Hemmnis für die Betriebe werden.

Sozialministerin Cornelia Rundt stellte für das Land Niedersachsen zudem einen Kriterienkatalog vor, um in Absprache mit den Kommunen die teils katastrophalen Wohnbedingungen der Werkvertragsarbeiter zu unterbinden. „Wir sind uns einig, dass die Zustände in den Unterkünften nicht tragbar sind“, sagte die SPD-Ministerin. Der Katalog konkretisiert die baulichen Anforderungen für die Unterbringung der Arbeiter. Demnach sollen jedem Arbeitnehmer künftig mindestens acht Quadratmeter Nutzfläche zustehen. Außerdem schreibt der Katalog Telefone und Feuerlöscher in den Unterkünften vor. Die Handlungsempfehlung soll als Erlass rechtlich bindend werden, die Kommunen könnten aber bereits sofort eingreifen, sagte Rundt.

Die niedersächsischen Unternehmen sehen die Maßnahmen der Regierung kritisch. „Neue gesetzliche Regelungen sind überflüssig und abzulehnen, da sie die Spezialisierung und Aufgabenteilung und damit die Grundlage für die industrielle Produktion in Deutschland gefährden“, teilte der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen, Volker Müller, mit. Gewerkschaften hingegen begrüßen die Initiative. „Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, sagte Hartmut Meine, IG Metall-Bezirksleiter für Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. „Die Beteiligung der Betriebsräte schafft Transparenz und hilft, einen Missbrauch zu verhindern.“