Der Fall des Segeberger „Kellerkindes” sorgt weiter für Aufregung. Schon seit 2005 soll es Berichte über Gewalt in der Familie gegeben haben

Bad Segeberg. Neu entdeckte pikante Details sorgen für weitere Diskussionen um den Fall des sogenannten „Kellerkindes“ von Bad Segeberg: Verschiedene Medien berichteten über den Inhalt geschwärzter und weggelassener Passagen aus dem Gutachten eines Kinderschutzexperten. So soll es bereits seit 2005 Berichte über körperliche und psychische Gewalt in der Familie gegeben haben.

In einer Presseerklärung zeigte sich Segebergs Landrätin Jutta Hartwieg (SPD) am Montag „entsetzt“ darüber, dass das Gutachten des Soziologen Reinhart Wolff an die Presse gelangt war. Zwar habe die Öffentlichkeit ein Recht auf Information, doch dürften dadurch nicht die Interessen Einzelner beeinträchtigt werden. Die Kreisverwaltung müsse zudem auf die Einhaltung rechtlicher Vorgaben achten. Zu verbergen habe die Verwaltung nichts: „Wir müssen Menschen schützen, denen wir helfen wollen. Den Vorwurf einer Zensur weisen wir entschieden zurück.“

Die sozialpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Katja Rathje-Hoffmann, hatte den Begriff der Zensur verwendet und war dafür bereits von Hartwieg kritisiert worden. Nach den aktuellen Medienberichten „kommt in mir der Verdacht auf, dass sie die Machenschaften des Jugendamts schützt“, sagte Rathje-Hoffmann der dpa am Montag. Die CDU-Politikerin, die auch Kreistagsabgeordnete ist, kritisierte, dass selbst der Hauptausschuss des Kreistages als Auftraggeber des Gutachtens nicht die komplette Version erhalten habe. „Wir können mit sensiblen Daten umgehen.“ Eine Kontrolle sei so nicht möglich. Es komme der Verdacht auf, dass mehr geschwärzt wurde als unbedingt notwendig. „Die Spekulationen gehen jetzt ins Uferlose, das tut der Sache nicht gut.“

Als Abgeordnete könne sie sich gegenwärtig kein Bild von dem Fall machen. In der unvollständigen Version habe das Gutachten „keinerlei Aussagekraft“. Es müsse der Beweis erbracht werden, dass tatsächlich alle betroffenen Passagen dem Sozialdatenschutz, auf den Hartwieg sich beruft, unterliegen. Rathje-Hoffmann forderte erneut Einsicht in das komplette Gutachten, etwa in einer nichtöffentlichen Sitzung. „Zeitungen und Fernsehen haben mehr Informationen als ich.“ Hartwieg kündigte in ihrer Mitteilung an, den Umbau und die Neuaufstellung des Jugendamtes intern zu organisieren und der Kreispolitik darüber und über weitere Schritte Bericht zu erstatten.

Das „Kellerkind“, ein dreijähriger Junge, war im Juni in einer völlig verdreckten Kellerwohnung entdeckt worden. Der Soziologe Reinhart Wolff hatte in seinem Gutachten das Jugendamt entlastet. Die Mitarbeiter des Jugendamtes und der Sozialen Dienste hätten „ganz ordentlich gearbeitet“. Das Zusammenspiel der verschiedenen Institutionen hätte laut Wolff allerdings besser sein können. Die Familie war seit 2006 vom Jugendamt betreut worden.