Schleswig-Holsteins Familienministerin Alheit sieht eine Aufarbeitung der Fehler im Fall um den verwahrlosten Dreijährigen als notwendig.

Kiel. In der Segeberger „Kellerkind“-Affäre müssen nach Ansicht von Schleswig-Holsteins Familienministerin Kristin Alheit (SPD) die Fehler noch aufgearbeitet werden. „Wenn ein Kind in einem verwahrlosten Keller aufgefunden wird, ist offensichtlich etwas falsch gelaufen“, betonte Alheit am Donnerstag in Kiel. Rechtsverletzungen seien aber bisher nicht erkennbar, die Untersuchungen jedoch noch nicht abgeschlossen, sagte Alheit bei einer von der FDP beantragten Sondersitzung des Jugendausschusses des Landtags.

Das Land werde die Erkenntnisse, die sich aus dem Segeberger Vorfall ergeben, mit den Jugendämtern aller Kreise und kreisfreien Städte erörtern, kündigte Alheit an. Es gehe darum, solche Fälle in Zukunft zu verhindern. Darüber hinaus werde das Land die Thematik in die bewährten Strukturen der lokalen Netzwerke Kinderschutz einbringen und diese in die Aufarbeitung einbeziehen. In der anschließenden Landtagssitzung am Nachmittag bekräftigte sie, die Rahmenbedingungen für Kinderschutz in Schleswig-Holstein weiter zu verbessern.

Im Juni hatte die Polizei einen dreijährigen Jungen befreit, der von seinen überforderten Eltern in einer völlig verdreckten Kellerwohnung in Bad Segeberg eingesperrt worden war. Der Junge stand im Kot. Ein Handwerker hatte Wimmern gehört, die informierte Vermieterin rief die Polizei. Die Eltern werden seit 2006 vom Jugendamt betreut, wie die Segeberger Landrätin Jutta Hartwieg und der stellvertretende Jugendamtsleiter Manfred Stankat vor dem Ausschuss schilderten. Sie waren der Einladung gefolgt, obwohl sie rechtlich dies nicht hätten machen müssen.

Hartwieg und Stankat bekräftigten, dass die überforderte Familie zahlreiche Hilfen erhalten habe. Es habe 200 Besuche gegeben. Der beauftragte freie Träger und das Jugendamt hätten sich regelmäßig ausgetauscht. Sie erinnerten daran, dass das Oberlandesgericht Schleswig das ursprünglich dem Jugendamt übertragene Sorgerecht für alle fünf Kinder wieder geändert habe – zwei Kinder durften die Eltern behalten, die danach noch ein drittes Kind bekamen. Inzwischen seien alle sechs Kinder in Einrichtungen untergebracht – jeweils zu zweit. Der Dreijährige sei körperlich unversehrt, habe ein Gutachten ergeben. Seelische Schäden seien nicht auszuschließen.

Aus Datenschutzgründen wurden Details zu der Familie nicht genannt. Im Vordergrund standen strukturelle Schwachstellen. In den Fragen und Antworten der Ausschusssitzung wurde deutlich, dass die personelle und finanzielle Ausstattung der Jugendhilfe verbesserungswürdig ist. Ein Problem dabei sei auch, welche Ebene welche Leistung bezahlen müsse.

Der Sozialausschuss des Landtags soll sich nach dem Willen der FDP-Abgeordneten Anita Klahn weiter mit dem Fall befassen. Der Kreis Segeberg hat inzwischen den Kinderschutzexperten Prof. Reinhart Wolff beauftragt, ein Gutachten zu erstellen. Es soll am 18. Oktober vorliegen.

In der Landtagsdebatte wurde der von der Landesregierung geplante Ausbau „Früher Hilfen“ für Familien im Norden von allen Parteien unterstützt. Ziel ist ein flächendeckendes Netz, dabei sollen Familienhebammen und Ehrenamtler besonders berücksichtigt werden.