Im Fall des vernachlässigten Dreijährigen in Bad Segeberg müssen die Behördenvertreter vor dem Sozialausschuss aussagen.

Kiel/Bad Segeberg. In die Segeberger „Kellerkind“-Affäre will der Sozialausschuss des Landtags Licht bringen. Bei einer Sondersitzung des Gremiums werden am Donnerstag (27.9.) die Segeberger Landrätin Jutta Hartwieg und Jugendamtsleiter Georg Hoffmann den Parlamentariern Rede und Antwort stehen.

Es gehe vor allem darum aufzuklären, wie sich die Behörden verhalten haben, um Fehler zu erkennen und solche Vorfälle in Zukunft möglichst vermeiden zu können, sagte der Ausschussvorsitzende Peter Eichstädt (SPD) am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Die FDP hat die Sondersitzung beantragt. Die bisherige Salami-Taktik der Segeberger Behörden, jeden Tag ein wenig mehr einzuräumen, sei inakzeptabel, sagte die FDP-Landtagsabgeordnete Anita Klahn.

Die seit Jahren vom Jugendamt betreuten Eltern – von inzwischen sechs Kindern – hatten ihren dreijährigen Sohn in einer verdreckten, unbewohnten Kellerwohnung unter ihrer Erdgeschosswohnung eingesperrt. Unklar ist bis heute, ob nur stundenweise oder ganze Tage und Nächte. Nur durch Zufall flogen die Missstände im Juni auf. Die Polizei befreite das Kind, das in Kot stand. Nachdem bereits drei Kinder den völlig überforderten Eltern vor zwei Jahren entzogen worden waren, befindet sich jetzt keins mehr in ihrer Obhut.

Die Kieler Staatsanwaltschaft prüft nach einer privaten Strafanzeige gegen das Jugendamt wegen Verletzung der Fürsorge- und Aufsichtspflicht, ob ein Anfangsverdacht für Vorermittlungen besteht. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, es müssten noch Akten angefordert und ausgewertet werden, sagte Oberstaatsanwalt Axel Bieler am Montag. Er betonte, dass das Jugendamt entgegen anderslautenden Medienberichten nicht das Sorgerecht hatte.

Gegen die Eltern laufen bereits Ermittlungen. Die beiden jüngsten Kinder wurden von einem Rechtsmediziner begutachtet. Demnach sind sie nicht ihrem Alter entsprechend entwickelt, haben aber keine körperlichen Schäden, wie Bieler weiter mitteilte.

Unterdessen ist in Segeberg ein kommunalpolitischer Streit entbrannt. Vertreter von CDU und FDP fordern Akteneinsicht in dem Fall, was die Landrätin und das Jugendamt nach Angaben der Parteien unter Hinweis auf gesetzliche Bestimmungen verweigern. „Es geht uns nicht um persönliche Daten zu den Eltern und dem Kind, sondern darum, das Verhalten der Behörden nachvollziehen zu können“, sagte der Vorsitzende des Hauptausschusses Henning Wulf (CDU). Solche Daten müssten dem Hauptausschuss, dessen politische Aufgabe es sei, die Arbeit der Landrätin zu kontrollieren, zur Verfügung gestellt werden.

CDU und FDP wollen an diesem Dienstag im Hauptausschuss die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Aufklärung des Falles durchsetzen.