Über ein Konzept will die Kanzlerin diese Woche mit den Ministerpräsidenten verhandeln. Auch Schuldenabbau und Rente waren große Themen.
Schwerin. Bundeskanzlerin Angela Merkel schließt weitere Strompreiserhöhungen in Folge der angestrebten Energiewende nicht aus. Doch müsse die Politik dafür sorgen, dass die auf Alternativenergien erhobenen Umlagen nicht ausuferten. Es gehe darum, den „vernünftigsten und billigsten machbaren Weg“ für die Energiewende zu finden, sagte die CDU-Bundesvorsitzende am Montagabend in Schwerin bei der vierten von sechs CDU-Regionalkonferenzen vor rund 600 Teilnehmern aus Norddeutschland.
Merkel bekannte sich zum Ausbau der Windkraft auf See. „Wir müssen dort die Energiewende vorantreiben, wo die erneuerbaren Energien besonders gut zu nutzen sind. Und im Norden weht der Wind besser als im Süden“, sagte sie. Wichtig sei ein Gesamtkonzept, über das Bund und Länder noch in dieser Woche bei einem Treffen in Berlin beraten würden. „Eigene Egoismen müssen da zurückstehen“, betonte Merkel. In der Vergangenheit hatte es insbesondere aus südlichen Bundesländern mehrfach Bedenken gegen neue Offshore-Windkraftanlagen gegeben.
Merkel machte in der Diskussion mit der Parteibasis auch deutlich, dass sie bei der Sicherung einer armutsfesten Rente auf eine zügige Einigung mit Regierungspartner FDP setzt. „Wir sollten bei der Rente ein Zeichen setzen, und so wird die Union auch in dieser Woche in den Koalitionsausschuss gehen“, kündigte sie an. Reformen seien nötig. „Allein von der gesetzlichen Rente wird man in 20 Jahren seinen Lebensstandard nicht sichern können“, betonte Merkel. Trotz der Konflikte etwa auch um das Betreuungsgeld oder Lohnuntergrenzen bekannte sich die Kanzlerin zur Fortführung von Schwarz-Gelb auch nach der Bundestagswahl im Herbst 2013.
Mehrfach wurde Merkel auf die Eurokrise angesprochen. „Wir können nicht weiter an Europa und an der Eurozone bauen, indem wir die Versprechen, die wir uns gegeben haben nicht einhalten“, mahnte die Kanzlerin, äußerte sich aber nicht direkt zur Debatte um einen neuen Schuldenschnitt für Griechenland. Trotz aller aktuellen Probleme sei das geeinte Europa eine Erfolgsgeschichte. „Europa ist es allemal wert, dass wir dafür eintreten und manchmal auch streiten um den richtigen Weg.“
Zur Konferenz in Schwerin waren Mandatsträger, Parteifunktionäre, aber auch einfache Mitglieder der CDU-Landesverbände Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gekommen. Nach zuvor schon in Düsseldorf, Fulda und Potsdam sind weitere Regionalkonferenzen in Bad Fallingbostel und Ludwigshafen geplant. Die Diskussionen mit der Parteibasis soll der Vorbereitung des Bundesparteitages vom 4. bis 5. Dezember in Hannover dienen.
Auf der norddeutschen CDU-Regionalkonferenz hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Lanze für einen schnelleren Schuldenabbau sowie – beim zweiten großen Thema des Abends – für die Rente mit 67 gebrochen. Bund und Länder müssten „unbedingt runter vom hohen Niveau der Gesamtverschuldung“, sagte die CDU-Bundesvorsitzende am Montag in Schwerin. Als einzige Länder mit „soliden Finanzen“ lobte Merkel Sachsen, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern, die bereits Schulden tilgten.
Der Wiederaufbau nach dem Krieg sei auch ohne erheblichen Anstieg der Schulden geschafft worden, sagte Merkel. Man müsse jedoch nun einen Mittelweg finden: Die Neuverschuldung müsse gestoppt werden, ohne gleichzeitig die Binnenkonjunktur abzuwürgen. Merkel mahnte aber auch: Würde Deutschland jetzt seine Neuverschuldung auf null absenken, gäbe es Kritik aus Europa, weil auch der europäische Binnenmarkt auf Wachstum angewiesen sei.
In diesem Zusammenhang warb Merkel erneut für ihre europäische Vision. Europa als Staatenbund werde immer anders sein als die USA, jedes Land werde seine kulturelle Eigenständigkeit bewahren. Man müsse aber bereit sein, mehr Aufgaben an Europa abzugeben. Dann werde der Staatenbund in einigen Bereichen noch enger zusammenwachsen.
Ein Plädoyer hielt Merkel zudem für die Rente mit 67. Weder ein früheres Renteneintrittsalter noch eine Rente mit weniger Beitragsjahren ohne Abschläge seien Alternativen. Solche Varianten des Rentensystems würden viele Milliarden Euro jährlich mehr kosten, das müsste an anderer Stelle ausgeglichen werden, sagte Merkel. Vielmehr müssten die Rentenbezugsjahre gezählt werden. Wenn an der Rente mit 67 gerüttelt würde, wäre die Belastung für kommende Generationen umso größer, warnte die CDU-Chefin.
Speziell Norddeutschland betreffende Themen wie die Energiewende, der Stromnetzausbau oder die Werftenkrise spielten in der Diskussion eine untergeordnete Rolle.
Schwerin war die vierte Station der geplanten sechs Regionalkonferenzen vor dem CDU-Parteitag Anfang Dezember in Hannover. Etwa 600 Parteimitglieder aus Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Schleswig-Holstein waren der Einladung nach Schwerin gefolgt.