Tausende Angestellte im Öffentlichen Dienst haben in Niedersachsen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern ihre Arbeit niedergelegt.
Hannover/Bremen/Schwerin/Rostock. Ausgefallener Unterricht, geschlossene Mensa und enttäuschte Theatergäste: Tausende Angestellte im Öffentlichen Dienst haben am Donnerstag in Niedersachsen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern ihre Arbeit niedergelegt. Allein in der Hansestadt Bremen demonstrierten nach Gewerkschaftsangaben rund 12.000 Polizisten, Lehrer, Feuerwehrleute, Justizangestellte und Krankenhausmitarbeiter für mehr Lohn. Viele davon waren mit Bussen und Zügen aus Hannover, Braunschweig, Göttingen, Stade, Nienburg und anderen Städten angereist.
Ihrem Ärger über die Haltung der Länder machten die Beschäftigen am Vormittag auf einer zentralen Kundgebung in Bremen lautstark Luft. Mit Trillerpfeifen, Trommeln und Rasseln zogen sie vom Hauptbahnhof durch die Innenstadt. Auf Plakaten standen "Wir wehren uns“, "Wir geben alles, was gebt Ihr?“ und "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ geschrieben. Anschließend versammelten sie sich zu einer Kundgebung auf dem Marktplatz. Dort fasste die Personalrätin von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Bremen, Doris Hülsmeier, die Stimmung so zusammen: "Der Aufschwung ist da.“ Doch für eine ordentliche Bezahlung ihrer Angestellten hätten die Länder angeblich kein Geld. "Das fühlt sich an wie ein Tritt in unseren Hintern.“ Auch Achim Meerkamp vom Verdi-Bundesvorstand bezeichnete die Gehaltserhöhung als angemessen. "Wer gute, qualifizierte Arbeit haben möchte, muss auch gut bezahlen.“
Die Warnstreiks im Norden bekamen die Bürger vor allem beim Behördengang zu spüren. Nach Angaben von Verdi mussten sie sich in vielen Ämtern auf längere Wartezeiten einstellen. Auch Beschäftigte der Medizinischen Hochschule in Hannover und der Göttinger Uniklinik beteiligten sich an dem Protest. Auf die Versorgung der Patienten habe dies jedoch keine Auswirkungen gehabt, sagte der Sprecher des Klinikums in Göttingen, Stefan Weller. An der Universität Bremen mussten zahlreiche Studenten und Mitarbeiter dagegen hungern. Die Mensa und die Cafeterien des Studentenwerks blieben geschlossen. Auch andere Einrichtungen waren betroffen. "Vieles lief auf Sparflamme. Aber die Verwaltung war nicht lahmgelegt“, sagte Unisprecher Eberhard Scholz. In einigen weiterführenden Schulen fiel außerdem der Unterricht aus. Für die Kinder und Jugendlichen habe es aber eine Aufsicht gegeben, sagte der Sprecher der Lehrergewerkschaft GEW, Christian Gloede. In Braunschweig hatten einige Kinder dagegen Pech: Am Theater musste am Vormittag eine Vorstellung wegen des Warnstreiks ausfallen.
In Mecklenburg-Vorpommern hat der Warnstreik im öffentlichen Dienst am Donnerstag den Betrieb in den Schulen gehörig durcheinandergebracht. Nach Angaben der Lehrergewerkschaft GEW legten etwa 1600 Lehrer im Arbeit nieder. In zwei Drittel der Schulen im Raum Rostock sei der Unterricht erheblich beeinträchtigt gewesen, auch in den anderen vom Warnstreik betroffenen Regionen konnte vielfach von Normalität nicht die Rede sein. Wie viel Unterricht genau ausgefallen ist, ließ sich nach Angaben des Bildungsministeriums nicht beziffern. Überall seien jedoch die anwesenden Schüler beaufsichtigt worden. In Rostock demonstrierten am Vormittag mehr als 1000 Lehrer und andere Angestellte des öffentlichen Dienstes.
Von der Tarifrunde sind im Nordosten über 40.000 Menschen betroffen. Den Beschäftigten fehle aber auch die Anerkennung durch die öffentlichen Arbeitgeber, klagten viele Demonstranten. "Es geht um die Aufrechterhaltung und Sicherung öffentlicher Dienstleistungen, und es geht nicht zuletzt um Gerechtigkeit“, sagte der Vorsitzende der dbb MV, Dietmar Knecht. Vor allem die Lehrer sind mit den Zuständen nicht zufrieden. So sollten im 21. Jahr nach der Wiedervereinigung die Gehälter im Osten endlich denen der Kollegen im Westen entsprechen. "Dazu kommt die Mehrarbeit wie Elternbesuche, die ich unentgeltlich machen muss“, sagte die Lubminer Lehrerin Petra Sohns. Zudem dürften die Lehrer nicht Vollzeit arbeiten, obwohl sie lange genug studiert haben.
Mit den Arbeitsniederlegungen in zahlreichen Bundesländern wollen die Gewerkschaften in den Tarifverhandlungen den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Sie verlangen für die bundesweit 600.000 Angestellten im öffentlichen Dienst einen Sockelbetrag von monatlich 50 Euro plus 3 Prozent mehr Gehalt. Außerdem sollen Auszubildende für mindestens zwei Jahre übernommen werden und die Beschäftigen in den Straßenmeistereien und im Küstenschutz eine Zulage erhalten. Die Länder lehnen die Forderungen als überzogen ab.