Ein Tunnel unter dem Fehmarnbelt ist laut dänischen Baustudien billiger als eine Brücke - und wird von Umweltschützern bevorzugt.
Kiel/Kopenhagen. Der Bau eines Mega-Tunnels zwischen Fehmarn und Lolland wäre etwas billiger als die bisher favorisierte Brücke über den Belt. Zu diesem brisanten Ergebnis kommen Baustudien, die Dänemarks Verkehrsminister Hans Christian Schmidt (Venstre-Partei) in Kopenhagen vorstellte. Eine endgültige Entscheidung über das Querungsbauwerk kündigte der rechtsliberale Politiker für Januar an. Klar ist bereits, dass die Querung später fertig wird als vorgesehen. Sie soll statt 2018 erst 2020 öffnen.
"Es ist erfreulich, dass mit dem Tunnel jetzt die umweltschonendere Variante vorn liegt", sagte Kiels Verkehrsminister Jost de Jager (CDU) dem Abendblatt. Bei den Querungsgegnern war der Jubel deutlich verhaltener. "Ein Tunnel ist besser als eine Brücke, aber gleichwohl ein erheblicher Eingriff in die Natur", sagte der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen die Querung, Malte Siegert. Für einen Absenktunnel müsse der Belt ausgebaggert werden. Das würde über Jahre den Belt und die Strände verschmutzen.
+++ Deutsch-dänischer Staatsvertrag +++
In den Baustudien werden die Kosten eines Absenktunnels auf 5,087 Milliarden Euro beziffert. Der 17,6 Kilometer lange Tunnel wäre damit 81 Millionen Euro günstiger als eine gleich lange Schrägseilbrücke. Der Preis ist für Dänemark allerdings nicht das einzige Kriterium. Der Bau eines Tunnels birgt weniger Gefahr für Schifffahrt und Vogelzug, würde aber mit sechseinhalb Jahren mindestens ein halbes Jahr länger dauern. Zudem wird befürchtet, dass viele Autofahrer einen Tunnel meiden und lieber mit der Fähre nach Skandinavien übersetzen.
Eines ist Tunnel wie Brücke gemein: Beide würden zu den größten, teuersten und spektakulärsten Bauwerken in Europa gehören. Die von der Staatsgesellschaft Femern A/S beauftragten Planungsgruppen für Tunnel und Brücke mussten dieselben Vorgaben erfüllen. Die Querung soll aus einer vierspurigen Autotrasse und einer zweigleisigen Bahnstrecke bestehen.
Die Tunnelbau-Experten aus Großbritannien, den Niederlanden und Dänemark setzen auf einen klassischen Absenktunnel mit Gardemaß. Die 89 Tunnelelemente, jedes bis zu 73 000 Tonnen schwer, sollen in einem riesigen Graben im Meeresgrund eingelassen werden. Der Graben müsste 18 Kilometer lang, bis zu 75 Meter breit und mehr als zehn Meter tief sein. Zum Abschluss soll der Tunnel mit einer Gesteinsschicht abgedeckt werden. Die Planer wollen damit einen Wassereinbruch verhindern, falls ein Schiff den Notanker wirft oder sogar sinkt.
Nach den Berechnungen der Tunnel-Gruppe fallen etwa 15,5 Millionen Kubikmeter Baggergut an. Diese Menge würde reichen, um einen Güterzug zu füllen, der die Länge der Strecke von Hamburg nach New York hätte. Die Tunnel-Gruppe kümmerte sich auch um die Sicherheit. Die Autospuren haben Standstreifen, alle 54 Meter eine Notstation mit Feuerlöscher und an jeder zweiten Station einen Notausgang zu einem Rettungskorridor. Die Planer setzen zudem auf helle Tunnelwände mit wechselnden LED-Bildern, um die "Tunnelangst" zu dämpfen. Der durch den Autoverkehr entstehende Sog soll die Lüftung sicherstellen, unterstützt durch Ventilatoren.
Nicht weniger wagemutig sind die Brückenpläne, an denen Experten aus Dänemark und Deutschland feilten. Sie favorisieren eine Schrägseilbrücke in leichter S-Form mit zwei Ebenen. Oben fahren Autos, unten Züge. Die beiden Hauptfelder der Brücke hängen an drei Pylonen, je 270 Meter hoch. Die Riesenfundamente sind 724 Meter voneinander entfernt, lassen also genügend Raum für Schiffe auf der viel befahrenen Route. Die Durchfahrtshöhe beträgt 66,2 Meter. Das ist etwas mehr als im Ostseeraum üblich. Die Planer haben vorsichtshalber einkalkuliert, dass der Meeresspiegel in den nächsten Jahrzehnte um 1,2 Meter steigt.