Rund 16.000 Menschen demonstrierten gegen den Castor-Transport. Im Wendland fand ein Training für das sogenannte “Schottern“ statt.
Hamburg. Mehr als 16.000 Menschen demonstrierten nach Angaben eines Sprechers des Koordinationskreises von Anti-Atom-Organisationen entlang der möglichen Strecke des Atommülltransports nach Gorleben. Unter den Namen "Castor-Strecken-Aktionstag" versammelten sich die Menschen zu Protestaktionen an 120 bis 130 Orten. Insgesamt rechneten die Organisationen bei bundesweiten Aktionen mit 20.000 Demonstranten.
Jochen Stay, der Sprecher der Anti-Atom-Organisation “.ausgestrahlt – Gemeinsam gegen Atomenergie“, zeigte sich dennoch sehr zufrieden: „Eine tolle Sache, die sicher eine große Zahl Menschen zum Widerstand gegen den Castor-Transport im November ins Wendland bringen wird.“ Die Teilnehmer hätten Sitzblockaden geübt und die Bevölkerung informiert.
Die Initiative „Castor-Strecken-Aktionstag“ sprach am Nachmittag ebenfalls von mehr als 120 Orten, an denen Kernkraftgegner demonstriert hätten. Die Teilnehmerzahlen hätten zwischen mehreren Hundert Aktivisten etwa in Ahaus und Aschaffenburg, rund 1.000 Menschen in Freiburg und 3.000 Kernkraftgegnern in Hannover gelegen. Vielfach hätten sich Aktive noch während des Tages entschlossen, Aktionen durchzuführen.
Proteste im Wendland friedlich
An Protesten in Lüneburg, Uelzen und entlang der Bahnstrecke im Wendland nach Dannenberg beteiligten sich nach Angaben eines Polizeisprechers in Lüneburg mehr als 800 Menschen. Der Protest sei ausnahmslos friedlich verlaufen, sagte der Sprecher.
In Berlin und im Wendland hatte die Initiative „Castor? Schottern!“ zu sogenannten Schotter-Trainings aufgerufen. Dabei ging es unter anderem darum, die Bahngleise, auf denen der Zug mit den Castor-Behältern im Schritttempo rollt, zu untergraben und damit unpassierbar zu machen.
Am Bahnhof der südhessischen Gemeinde Biblis versammelten sich mehr als hundert Demonstranten. Ihr Protest richtete sich vor allem gegen die längeren Laufzeiten des 1974 in Betrieb genommenen Atomkraftwerks in Biblis, dessen Block A der älteste Meiler in Deutschland ist.
Voraussichtlich am ersten November-Wochenende sollen wieder Atommüllbehälter von der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague über Süddeutschland ins niedersächsische Gorleben im Wendland rollen. Demonstriert wurde Stay zufolge auch an möglichen Strecken für zwei weitere Transporte von Karlsruhe nach Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern sowie von Jülich nach Ahaus in Nordrhein-Westfalen.
Politischen Druck auf Bundesregierung erhöhen
Zwei Wochen vor dem Transport nach Gorleben wollten die Kernkraftgegner mit ihren Aktionen den politischen Druck auf die Bundesregierung erhöhen. „Angela Merkel muss sich von ihren radikalen Atomplänen verabschieden, denn wir akzeptieren es nicht, dass wir alle ein höheres Risiko tragen sollen, damit die Gewinne von vier Stromkonzernen weitersprudeln“, sagte Stay.
Der Sprecher kritisierte, der anstehende Castor-Transport in eine oberirdische Leichtbau-Halle in Gorleben verdeutliche die völlig ungelöste Entsorgungsfrage für den strahlenden Müll. Die Behälter seien für 40 Jahre ausgelegt, doch der Inhalt strahle Jahrtausende. Bislang gebe es weltweit kein sicheres Endlager für hochradioaktiven Müll. Die Bundesregierung wolle jedoch mit der Laufzeitverlängerung für die AKW den Atommüllberg weiter anwachsen lassen.
Mit dem bundesweiten Aktionstag wollten die Kernkraftgegner darauf aufmerksam machen, dass Gorleben und das Atommüllproblem kein regionales Thema seien. Ab 6. November sollen die Proteste mit einer Großdemonstration in Dannenberg fortgesetzt werden. Dann wollen die Kernkraftgegener den Castor-Transport aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague nach Gorleben blockieren. Erstmals hat auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in diesem Herbst zu gewaltfreiem Widerstand gegen die geplanten Castor-Transporte aufgerufen.
Unterdessen hat das Verwaltungsgericht Lüneburg die Erkundungsarbeiten im Salzstock Gorleben wegen der beim Gericht eingereichten Klagen vorerst gestoppt. Stay zeigte sich jedoch skeptisch über den Erfolg. Die Klagen hätten zwar erst einmal aufschiebende Wirkung. Da das Bundesamt für Strahlenschutz aber einen Antrag auf Sofortvollzug der Erkundungsgenehmigung beim niedersächsischen Oberbergamt gestellt habe, könne die Entscheidung des Gerichts schnell wieder aufgehoben werden. Das Landesamt für Bergbau hatte erst Ende September die Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten nach zehnjähriger Pause erlaubt.