Ab Montag bietet die Uni Osnabrück als erste Hochschule in Deutschland eine Fortbildung für Imame an. Muslimische Verbände begrüßen dies.
Osnabrück. An der Universität Osnabrück beginnt am Montag (11. Oktober) ein in Deutschland bislang einzigartiger Weiterbildungskurs für Imame . Damit will sich die Hochschule im Wettbewerb um die vom Wissenschaftsrat geforderte Bildung von Instituten für den Islam in Stellung bringen. Rauf Ceylan, seit 2009 Professor für Religionswissenschaft mit dem Schwerpunkt islamische Religionspädagogik, hofft, langfristig die Ausbildung der muslimischen Prediger umkrempeln zu können. Die Verbände begrüßen das Programm, wollen ihre Vorbeter allerdings auch weiterhin selbst ausbilden. Das, so sind sich viele Muslime einig, ist aber nicht mehr zeitgemäß.
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Das Interesse war groß, als die Universität Osnabrück im Juni einen Informationstag zum neuen Fortbildungsprogramm veranstaltete. 30 Plätze stehen in diesem Wintersemester zur Verfügung, mehr als doppelt so viele Interessenten kamen. Ceylan, der für seine Studie „Prediger des Islam“ Interviews mit zahlreichen Imamen in Deutschland geführt hat, kennt die Probleme ihrer bisherigen Ausbildung. So werden etwa die Imame des größten muslimischen Verbands in Deutschland, Ditib, von der türkischen Regierung ausgewählt und nach Deutschland entsandt. Sie seien, so das Ergebnis von Ceylans Studie, oft mit der eigenen Integration überfordert.
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Er selbst hat im Auftrag der Konrad-Adenauer-Stiftung Prediger in der Türkei für ihren Dienst in Deutschland vorbereitet. Auf diesem Konzept basiert auch der Lehrplan in Osnabrück. Neben Sprachkursen stehen Landeskunde und Pädagogik für die Gemeindearbeit auf dem Programm. Nurhan Soykan , Generalsekretärin des Zentralrats der Muslime, meint: „Den Islam an die Universitäten zu holen ist eine Neuheit, die überfällig ist.“ In vielen Verbänden habe die Ausbildung eher „self-made“-Charakter, sagt sie. „Wir möchten mehr Professionalität auf wissenschaftlicher Basis.“ Ceylan hebt hervor: „Wir beschränken uns nicht nur auf die Imame, sondern auch Frauen und andere Gemeindemitglieder nehmen an der Weiterbildung teil.“
Abdul-Jalil Zeitun, Imam der Ibrahim-Al-Khalil-Moschee in Osnabrück, hat einen der begehrten Plätze ergattert. Er ist sich bewusst, wie viel Verantwortung der Imam für die Gemeinde trägt und wie wichtig eine gute Ausbildung ist. „Der Imam wird in allen Angelegenheiten befragt. Er ist der erste Ansprechpartner“, erklärt Zeitun, der auch Vize-Vorsitzender des Landesverbands der Muslime in Niedersachsen (SCHURA) ist. Dort sind nach Verbandsangaben mit mehr als 80 Moscheen die meisten Gemeinden im Land vertreten. „Nur wenn Imame über ein Land und das Leben der Menschen dort Bescheid wissen, können sie diese Erfahrungen in ihre Predigten einbringen“, sagt Zeitun.
Niedersachsens Integrationsministerin Aygül Özkan (CDU) stimmt auf dapd-Anfrage ähnliche Töne an: „In Deutschland ist der Imam längst nicht mehr allein traditioneller Vorbeter.“ Er werde gerufen, um Eheprobleme zu schlichten oder um bei Behördengängen zu helfen. Oft leiste er auch in Erziehungsfragen Hilfestellung. „Für diese Aufgaben braucht er auch pädagogische, soziale, kulturelle und sprachliche Kompetenzen.“
Auch der Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) schickt Imame nach Osnabrück. Beim VIKZ bilden sie ihre Prediger seit Jahren für den Eigenbedarf in den 300 Gemeinden aus. Sprecher Seyfi Ögütlü sagt: „Unsere Imame sprechen die deutsche Sprache und sind hier zur Schule gegangen.“ Die Zusatzqualifikation sieht er als „gute Ergänzung, die über die theologischen Kenntnisse hinausgeht“. An der eigenen Ausbildung will der Verband weiterhin festhalten.
„Das ist auch richtig“, sagt Professor Ceylan. „Bei 2.500 Moschee-Gemeinden in Deutschland wird es noch Jahre dauern, bis wir den Bedarf abgedeckt haben.“ Die Verbände hätten immerhin erkannt, dass die Imame aus anderen Ländern den Ansprüchen häufig nicht mehr genügten, weil sie nicht auf die Lebenswirklichkeiten der Muslime in Deutschland eingestellt seien. Auf lange Sicht geht Ceylan davon aus, dass die Ausbildung von Imamen in den Verbänden obsolet wird. Soweit will man beim VIKZ noch nicht gehen. „Man darf das eine nicht gegen das andere ausspielen“, sagt Sprecher Ögütlü.
Es wird viel davon abhängen, wie die Universitäten die Imam-Ausbildung umsetzen werden, glaubt Ceylan. „Man muss nicht nur Imame ausbilden. Wir vergessen in der Diskussion, dass wir auch Theologen brauchen für wissenschaftlichen Nachwuchs.“ Derzeit seien nur wenige Professoren in Deutschland tätig, sagt Ceylan. „Mit zwei, drei Leuten können sie keinen wissenschaftlichen Disput führen.“
Sollte Osnabrück vom Bundesbildungsministerium den Zuschlag zur Einrichtung eines Islam-Instituts erhalten, sollen allein dort fünf weitere Professorenstellen hinzukommen. Ceylan sagt: „Wir werden den Einfluss der Herkunftsländer unterbinden und so einen europäisch geprägten Islam fördern.“