Ein Politikwissenschaftler attackiert das Islamische Zentrum als “extrem“. Das Landesamt für Verfassungsschutz wertet die Tagung aus.
Hamburg. Die islamische Tagung in der Hamburger Moschee über Pfingsten ist beendet, doch viele Fragezeichen sind geblieben, Vorwürfe der Kritiker konnten die Veranstalter nicht entkräften: War die Veranstaltung der Versuch, die islamische Gemeinde in der Hansestadt einzuschüchtern? Sollten hier lebende Schiiten auf Kurs des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad gebracht werden? So, wie es gemäßigte Muslime befürchteten, die sich vehement gegen das Treffen an der Schönen Aussicht gewehrt hatten.
Der Vorwurf: Unter dem Tarnmantel unverfänglicher Themen wie Frieden und Dialog würden islamistische Ideologen aktiv und an Einfluss gewinnen. Der Organisator der Tagung, der Verein Islamischer Weg, wird seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Hintermänner riefen mehrfach zu Demonstrationen auf, die sich gegen Israel richteten und eine "Befreiung Jerusalems von den Zionisten" forderten. Eines der Gründungsmitglieder ist heute führendes Mitglied des iranischen Regimes.
Nicht nur Kritiker in der eigenen Gemeinde, auch der Hamburger Politikwissenschaftler und Publizist Dr. Matthias Küntzel attestieren dem Islamischen Zentrum Hamburg (IZH) unter Führung des Ajatollah Dr. Reza Ramezani eine besonders harte Rolle. "Innerhalb der schiitischen Welt stellt dieses Zentrum den extremen Flügel dar", sagte Küntzel dem Abendblatt. Nur wer eindimensional denke und nicht zwischen Staat und Kirche trenne, begreife die Kritik gemäßigter Moslems als "mediale Verunreinigung". Diese Worte hatte Ramezani im Abendblatt-Interview gewählt. Er hatte außerdem gesagt, Kritiker könnten sich problemlos direkt an ihn wenden. Doch das wird niemand tun. Viele Gemeindemitglieder haben Angst. Aus Furcht vor Repressalien ihrer Familienangehörigen im Iran äußern sie ihre Kritik nach wie vor nur hinter vorgehaltener Hand. "Was auf dem Papier aufgeschlossen und freundschaftlich klingt, ist in Wirklichkeit eine knallharte Einschüchterung", meint ein Kaufmann mit afghanischer Abstammung.
Heino Vahldieck, Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes, stellte beim Lesen des Abendblatt-Interviews fest, dass Imam Ramezani versuche, sich lediglich als religiöse Autorität darzustellen. In Wirklichkeit gehöre er dem iranischen Expertenrat an, einer Nahtstelle zwischen Religion und Politik im Iran. "Sich nur als geistiger Führer zu geben, ist nur ein Teil der Wahrheit", sagte Vahldieck. Die politische Seite unterschlage Ramezani. Zudem sei er direkt vom Revolutionsführer eingesetzt. "Und dieser hat durchaus politischen Einfluss." Noch ist der Verfassungsschutz dabei, seine Beobachtungen vom Wochenende auszuwerten.
Da im Iran eine Theokratie herrsche, so Wissenschaftler Küntzel, sei die gesamte Staatsordnung der Denkweise des verstorbenen Ajatollah Khomeini untergeordnet. "Die Funktion der Moschee an der Schönen Aussicht ist deshalb mit der Kirche in Deutschland nicht vergleichbar."
Die Furcht gemäßigter Gemeindemitglieder könne er verstehen. "Es gibt viele Hinweise, dass offizielle iranische Stellen Mitglieder der exiliranischen Gemeinschaft ausspionieren und gezielt einschüchtern", sagt Matthias Küntzel, der auch das Buch "Die Deutschen und der Iran - Geschichte und Gegenwart einer verhängnisvollen Freundschaft" schrieb.