Weil der Landtag im Schweriner Schloss wertvolle Räume zur Verwaltung nutzt, könnte die Bewerbung für das Welterbe platzen.
Schwerin. Der zunehmende Platzbedarf des Landtags im Schweriner Schloss bedroht die geplante Welterbe-Bewerbung. Das geht aus einem Gutachten des Kunsthistorikers Christofer Herrmann im Auftrag der Stadt Schwerin hervor, das am Donnerstag in Schwerin während eines Kolloquiums vorgestellt wurde. Von der UNESCO könnten kritische Fragen zu einer möglichen Übernutzung des Schlosses, das im Stil des Historismus errichtet wurde, durch das Parlament kommen, gab Herrmann zu bedenken. Von der Verwaltung genutzte, historisch wertvolle Innenräume, wie die Bibliothek, sollten dem Schlossmuseum übergeben und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, schlug der Wissenschaftler vor.
Die Landeshauptstadt bereitet gemeinsam mit der Landesregierung eine Bewerbung des Schweriner Schlossensembles mit den umliegenden Parkanlagen, dem Alten Garten mit Staatstheater und Staatlichem Museum sowie mit dem Marstall und dem Kollegiengebäude (heute Staatskanzlei) für die prestigeträchtige UNESCO-Welterbeliste vor. Das Gutachten ist ein wichtiger Bestandteil der Vorarbeiten.
Herrmann bescheinigt dem Schlossensemble in dem gut 100-seitigen Papier einen Ausnahmecharakter. „Es fällt schwer, eine Parallele zu finden“, sagte er am Rande des Kolloquiums zu möglicherweise vergleichbaren Schlossanlagen. Noch ist offen, ob es einen Alleinantrag über die deutsche Vorschlagsliste geben wird oder einen Gemeinschaftsantrag mit Historismus-Schlössern in anderen europäischen Ländern. Welcher Weg beschritten wird, soll im November 2011 entschieden werden, wie Kultusminister Henry Tesch (CDU) sagte.
Als mögliche internationale Partner einer Bewerbung zählt Herrmann in seinem Gutachten auf: Schloss Hohenzollern in Baden-Württemberg, Haut-Koenigsbourg und Pierrefonds in Frankreich, Hluboka in Tschechien, Keszthely in Ungarn, Vaduz in Liechtenstein, Franzensburg in Österreich, Bojnice in der Slowakei und Posen (Poznan) in Polen.
Das Schweriner Schloss gehört Herrmann zufolge zur Spitzengruppe seiner Baugattung in Europa. Allerdings könne der außergewöhnliche kulturelle und historische Wert des Ensembles nicht nur behauptet, sondern müsse besser erforscht und dargestellt werden, mahnt er in seinem Gutachten. Defizite gebe es dabei bei den Gebäuden im Schlossumfeld. Weiter sei eine Ausstellung zu Geschichte und Bedeutung des Schlosses und seines Umfeldes nötig, da die UNESCO bei den Welterbestätten großen Wert auf den Bildungsaspekt lege. Im Schloss selbst fehlten Präsentationen zur gesamten Schlossgeschichte von der slawischen Zeit bis zur Gegenwart.