Der schwere Sturm zog sich über die Grafschaft Bentheim bis ins nördliche Emsland und hinterließ vielerorts eine Spur der Verwüstung.

Lingen/Nordhorn. Es ging rasend schnell. Von einer Minute zur anderen verfinsterte sich am Montagnachmittag im Westen Niedersachsens der Himmel , und ein Orkan tobte los. Am Tierpark Nordhorn starb eine 47 Jahre alte Frau, als eine große Pappel umknickte und auf ein Haus stürzte. Sie war auf einer Radtour mit ihrem Hund unterwegs und hatte bei dem Haus Schutz vor dem Sturm gesucht. Der ganze Tierpark sei verwüstet, sagte die Sprecherin des Zoos, Ina Brockmann, und rang kurz nach dem Sturm um Fassung. „Wir sind alle ziemlich fertig hier.“ Bis zu zehn Tage müsse der Tierpark geschlossen bleiben. Ein fürs kommende Wochenende geplantes Sommerfest müsse abgesagt werden. Zum Glück büxten nur zwei Gänsegeier aus einer Voliere aus. Sie wurden am späten Nachmittag in der Nähe des Zoos gesichtet wurden. Die Schimpansen oder „gefährlichen Tiere“ wie die Leoparden seien schnell gesichert worden. Glück im Unglück sei auch gewesen, dass wegen des heißen Wetters relativ wenig Besucher im Tierpark gewesen seien. „Heute waren vor allem Niederländer im Park, auch viele niederländische Besuchergruppen“, erzählte Brockmann. Die Gäste seien schnell in Sicherheit gebracht worden.

Tornado fegt über Helgoländer Düne

Auch die Bahn war vom Unwetter betroffen. „Die Strecke von Rheine nach Emden musste gesperrt werden“, berichtete der zuständige Regionalsprecher der Deutschen Bahn AG, Egbert Meyer-Lovis. Wieviele Züge betroffen waren, stand zunächst nicht fest. Zahlreiche Bäume waren in die Oberleitungen gestürzt. Auch die Bahnstrecke von Oldenburg nach Osnabrück musste wegen eines umgestürzten Baumes bei Großenkneten (Kreis Oldenburg) gesperrt werden. Eine Sprecherin der NordwestBahn in Osnabrück sagte, dass es im gesamten Schienennetz zu Einschränkungen gekommen sei. Im Leeraner Hafen rissen die Sturmböen einen Schiffsneubau los. Der 157 Meter lange und 17 Meter Meter breite Frachter krachte in die Werftanlage. Dabei wurde ein Portalkran aus den Schienen gerissen, der umstürzte und seinerseits auf das Schiff, aber auch auf zwei Gebäudedächer stürzte. Der Sachschaden betrug nach Polizeischätzungen rund eine Million Euro. Nun prüft die Wasserschutzpolizei Papenburg, ob das Schiff zum Zeitpunkt des Sturms ordnungsgemäß gesichert war.

In Ostfriesland wurden nach Angaben von Polizeisprecherin Sabine Kahmann einige Häuser bis zur Unbewohnbarkeit beschädigt. In der Ortschaft Utgast sei ein Bauernhaus komplett eingestürzt. Ganze Block- und Gartenhäuser seien durch die Luft geschleudert worden. Auf dem Tannenhausener Badesee bei Aurich kenterte ein Schlauchboot mit drei Personen, die aber unverletzt blieben. Riesiges Glück hatten die Besucher des Schützenfestes in Esens: Die großen Festzelte, in denen sich zum Zeitpunkt des Sturmes fast 2000 Menschen aufhielten, blieben unbeschädigt.

Von den ostfriesischen Inseln sei Baltrum am schlimmsten betroffen gewesen, sagte Kahmann. Der Orkan habe im Bereich Westdorf eine regelrechte Schneise geschlagen. Fast jedes Haus sei in Mitleidenschaft gezogen worden. Viele Urlauber flüchteten vom Strand in die Dünen. Auch Sportboote wurden beschädigt. Viele Straßen im Nordwesten waren wegen umgestürzter Bäume blockiert. Zum Teil fielen auch Strom, Telefon und Internet aus. Von einer Brückenbaustelle an der Autobahn 30 löste sich die Bauverschalung samt Eisenbewehrung, berichtete Polizeisprecher Achim van Remmerden. Einige Eisenstangen schlugen durch die Frontscheibe eines Autos. Der 34 Jahre alte Fahrer und seine 22 Jahre alte Beifahrerin wurden glücklicherweise nur leicht verletzt. Zwischen den Orten Wesuwe und Versen im Emsland kollidierte ein Auto mit umgestürzten Bäumen. In dem Wagen war ein vier Wochen altes Kind, das sicherheitshalber zur Beobachtung in ein Krankenhaus gebracht wurde. Bei ostfriesischen Wittmund wurde ebenfalls ein Baum vor ein fahrendes Auto geschleudert. Es blieb beim Blechschaden.