Deutschlands größter Ostsee-Eisbrecher, die “Arkona“ führt Schiffkonvois durch das meterdicke Eis vor der vorpommerischen Küste.
Vierow. Es kracht, knackt und knirscht: Die Maschinen pumpen, der 70 Meter lange Schiffskörper des Eisbrechers „Arkona“ vibriert, der Kiel treibt lange Risse in den zur Eiswüste erstarrten Greifswalder Bodden. Ein kalter Sturm jagt über den Bug des größten deutschen Ostsee-Eisbrechers, der sich am Donnerstag Meter für Meter durch das Eis in Richtung Ostsee arbeitet. Konzentriert, mit zusammengekniffenen Augen schaut Kapitän Ulf Krüger von der Brücke auf das Eismeer. „Das sind heute ganz besondere Verhältnisse.“ Der Wind, der mit Stärke zehn über das Wasser pfeift, hat das Eis teilweise zu meterhohen Bergen aufgetürmt. Hinter dem Schiff sammelt sich Eisschlamm.
Mit einer Geschwindigkeit von nur einem Knoten schiebt sich das im Jahr 2004 erbaute 6000 PS starke Kraftpaket durch das Eis und zerschneidet es in kleine Scheiben. „Wie Kies reibt das Eis an der Schiffswand“, sagt Krüger. Zu viel für den Frachter „Amirante“, der am Mittag auf die offene See geführt werden sollte. Nach 15 Kilometer Fahrt, kurz vor dem Landtief bei Thiessow muss der Konvoi umkehren. Die „Arkona“ begleitet die „Amirante“ zurück in den sicheren Hafen Vierow. Auch der kleinere Eisbrecher „Görmitz“ muss am Donnerstag wegen der Eis-Aufpressungen mit zwei Schiffen im Gefolge in den Hafen Wolgast zurückkehren.
Der Eiswinter stellt die Eisbrecherflotte der Ostsee in diesem Jahr vor besondere Herausforderungen. Innerhalb von wenigen Tagen schloss sich Ende Januar der Eispanzer in den vorpommerschen Boddengewässern, die mittlerweile von einer 15 bis 20 Zentimeter dicken Eisdecke überzogen sind. Seit einer Woche gilt dort ein Nachtfahrverbot für Schiffe. Zudem dürfen nur Frachter mit der Eisklasse E1 die vorpommerschen Gewässer befahren. Die Nordansteuerung von Stralsund wurde bereits komplett für die Schifffahrt gesperrt. Schiffe, die noch Ende Januar die Häfen Lubmin, Wolgast, Vierow oder Greifswald-Ladebow erreichten und dort ihre Ladung zu löschten, sitzen jetzt fest.
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In Lubmin wartet am Donnerstag der Frachter „Eems Chrystal“ vergeblich darauf, in die Ostsee geleitet zu werden. Ein russischer Frachter wurde am Vormittag von der „Arkona“ ins Schlepptau genommen. „Er hat mit Ach und Krach die offene See erreicht“, sagt Krüger, Chef einer 15-köpfigen Crew.
„Wir machen Schifffahrt möglich“, zitiert der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Stralsund, Holger Brydda, einen Slogan der Schifffahrtsbehörde. „Wir kämpfen aber nicht gegen die Natur an, um jeden Preis.“ Um die Kosten zu senken, würden die Schiffe zu Konvois zusammengestellt. Gebrochen werde zudem nur auf Anforderung. Rund 50 000 Euro kostet den deutschen Steuerzahler ein Einsatztag der hochtechnisierten „Arkona“, die als Multifunktionsschiff konzipiert wurde und auch als Notschlepper oder Schadstoffbekämpfer eingesetzt werden kann.
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Mitten in der Saison ist dem Wasser- und Schifffahrtsamt nun der dritte Eisbrecher kaputtgegangen. Die 33 Meter lange „Ranzow“, die als Tonnenleger fungiert und Eis bis zu 30 Zentimeter Dicke brechen kann, liegt mit einem Maschinenschaden im Stralsunder Hafen. Die Reparatur werde zwei bis drei Wochen dauern, der Ausfall könne nur teilweise kompensiert werden, sagt Brydda. „Das ist ein Handikap für uns.“
Schwerpunkt ist in diesen Tagen der Greifswalder Bodden, der besonders unter der Nordost-Wetterlage leidet. „Doch wir wissen nicht, wie sich die Lage weiter verschärft“, sagt der Leiter der Verkehrszentrale Klaus-Peter Nitsch. Auch vor Rostock schiebe sich das Eis immer mehr auf. „Letztendlich hat Rostock Priorität“, sagt Nitsch. Dann werde die „Arkona“ nach Rostock verlegt.
(dpa/abendblatt.de)