Weil die Nordseeküste inzwischen fast vollständig im Eis erstarrt ist, erreichen überwinternde Wasservögel keine Nahrungsquellen mehr.
Tönning/Wilhelmshaven. Für Touristen ist die eisbedeckte Nordsee ein faszinierender Anblick, für viele Vögel ist das Eis tödlich. Sie kommen nicht an Nahrung ran - und für manche ist es dann zu spät, noch Richtung Süden zu fliegen.
Der harte Wintereinbruch hat viele Vögel im Wattenmeer kalt erwischt. Weil die Nordseeküste inzwischen fast vollständig im Eis erstarrt ist, müsse mit einer erhöhten Sterblichkeit bei den überwinternden Wasservögeln gerechnet werden, teilte das Internationale Wattenmeersekretariat in Wilhelmshaven am Donnerstag mit. Für viele Wasservögel seien die Nahrungsquellen kaum noch zu erreichen. Die meisten Vögel hätten daher das Wattenmeer verlassen und seien weiter nach Süden gezogen.
Viele Vögel seien dafür jedoch bereits zu schwach, da sie in den vereisten Wattflächen kaum noch ausreichend Nahrung finden, sagte Vogel-Experte Bernd Haelterlein vom Nationalparkamt in Tönning. Dazu komme die Schwächung durch die starke Kälte. „Wer jetzt noch nicht weg gekommen ist, dem fehlt die Kraft für eine Flucht“, erklärte Haelterlein. So rasten im Vogelschutzgebiet auf der nordfriesischen Insel Amrum zurzeit noch rund 5000 Austernfischer, die alle extrem geschwächt seien. Viele Vögel seien so entkräftet, dass sie nur noch ganz geringe Fluchtdistanzen haben: „Jede zusätzliche Störung bedeutet einen unnötigen Energieverlust und verstärkt die Notlage weiter.“
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Da es im Gegensatz zu den Vorjahren zu Beginn dieses Winters keinen Frost gegeben habe, seien viele Tiere – darunter Weißwangengänse, Brandgänse, Pfeifenten, Austernfischer, Knutts, Alpenstrandläufer und Brachvögel – zum Überwintern dageblieben. Zusätzlich trieben die Stürme der vergangenen Tage ungewöhnlich viel Dreizehenmöwen und Zwergmöwen an die Küste, es wurden sogar so seltene Arten wie Eis- und Polarmöwen beobachtet. Sie alle wurden von dem Kälteeinbruch am 26. Januar überrascht.
Ebenso wie tausende Ringelgänse, die Ende Januar auf den Weg in ihre arktischen Brutgebiete einen Zwischenstopp im nördlichen Wattenmeer machen wollten. Sie mussten wieder umkehren und flogen zurück in ihre Winterquartiere in den Niederlanden und Großbritannien, sagte Haelterlein.
Nach der kältesten Nacht des Jahres hätten Helfer am 7. Februar alleine in Büsum im Kreis Dithmarschen 91 tote Vögel gefunden. Auch auf Amrum sammelten die Helfer 30 tote Vögel.
(dpa/abendblatt.de)