Feuerwehren sind für den Ernstfall gerüstet. Behörden warnen trotz klirrender Kälte und Dauerfrost vor dem Betreten zugefrorener Gewässer.
Stade. Dauerfrost und klirrende Kälte in den vergangenen Tagen lassen die Gewässer im Landkreis Stade gefrieren. Vor allem kleinere Teiche verlocken bereits zum Betreten. Doch das Eis ist längst nicht überall sicher. Bricht die Eisdecke, droht Lebensgefahr. Einsatzkräfte sind in Alarmbereitschaft. Die Freiwillige Feuerwehr Stade hat bereits Zusatzschichten eingelegt, um den Ernstfall zu trainieren. Jeder Handgriff muss sitzen. Im Notfall können wenige Augenblicke Leben retten.
Wenn eine Person im Eis eingebrochen ist, wissen alle Mitglieder der Stader Ortswehr, was zu tun ist. Die ersten drei oder vier Einsatzkräfte in der Feuerwehrwache an der Hansestraße besetzen einen bestimmten Mannschaftstransportwagen und rücken schnellstmöglich zum Einsatzort aus. Das besondere an diesem Fahrzeug befindet sich auf dem Dach. Während der Winterzeit ist dort ein spezieller Eisrettungsschlitten befestigt.
Außerdem ist in dem Fahrzeug weiteres Zubehör für die Eisrettung zu finden. Dazu gehört beispielsweise ein Anzug, der den Retter schützt, falls er ebenfalls einbricht. Nahezu zeitgleich bereiten sich auch die Stader Feuerwehrtaucher vor und fahren mit ihrem Taucherwagen zum Einsatzort. Sollte der Rettungsversuch mit dem Schlitten nicht erfolgreich sein, dann steigen die Taucher ins eiskalte Gewässer.
Die Taucher fahren grundsätzlich nicht im ersten Auto mit, das ausrückt. Doch das ist kein Problem. Denn alle Mitglieder der Stader Feuerwehr werden auf dem Rettungsschlitten eingewiesen und proben den Einsatz. Dafür werden im Winter zusätzliche Übungsdienste angesetzt. Geübt wird nur auf abgesperrten Flächen, die für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Wenn die ersten Feuerwehrleute bei der eingebrochenen Person angekommen sind, arbeitet sich ein Helfer mit dem Eisrettungsschlitten bis zur Einbruchsstelle vor. Dabei wird er mit einer speziellen Führungsleine von den anderen Feuerwehrleuten gesichert.
Schnellstmöglich wird die eingebrochene Person auf den Schlitten gezogen und zum sicheren Ufer gebracht. Dabei kommt es auf jede Minute an. Wer ins Wasser eingebrochen ist, erleide schnell einen Kälteschock und habe dann wenig Chancen, sich selbst zu retten, sagt Dennis Ebeling, Leiter der Tauchgruppe der Freiwilligen Feuerwehr der Hansestadt Stade.
Eine starke Unterkühlung und die damit verbundene Abnahme der Kräfte und des Reaktionsvermögens stellen zusammen mit dem Schock die größte Gefährdung für den Eingebrochenen dar. Für zusätzliche Gefahr sorgen dann Daunenjacken oder warme Stiefel, die sich voll mit Wasser saugen und eine eigene Rettung weiter erschweren. Sie sorgen sogar noch für weiteren Abtrieb und erhöhen die Gefahr des Ertrinkens innerhalb weniger Minuten.
Die Feuerwehr hat einen wichtigen Tipp für Menschen, die im Eis einbrechen. "Wer einbricht, sollte Ruhe bewahren und nicht in Panik verfallen", sagt Feuerwehrtaucher Ebeling. Wer merkt, dass das Eis nachgibt, sollte seine Arme ausbreiten, um nicht unter das Eis zu geraten. Wer sich selbst wieder auf die Eisdecke retten kann, sollte versuchen, sich in die Richtung zu bewegen, aus der er gekommen ist. "Dort ist die Wahrscheinlichkeit größer, sicher zurück ans Ufer zu kommen", sagt Stefan Braun, Pressesprecher der Feuerwehren im Landkreis Stade. Wer jemanden sieht, der ins Eis eingebrochen ist, sollte auch ruhig handeln.
Zunächst gilt es, Rettungskräfte über den Notruf 112 der Feuerwehr zu alarmieren. Dabei sei es wichtig, eine möglichst genaue Ortsangabe zu machen. Schließlich gebe es bei Gewässern keine Hausnummer, sagt Feuerwehrsprecher Braun. Sowohl die Einsatzkräfte der Feuerwehr als auch die Freiwilligen der DLRG sind speziell für diese Situationen geschult und ausgerüstet. Entscheidend sei es, nicht kopflos selbst auf die Eisfläche zu stürzen , um zu helfen. Wer nicht untätig bleiben will, dem rät die Feuerwehr, sich eine lange Stange, einen Ast oder eine Zaunlatte zu suchen, mit der man den Eingebrochenen erreichen kann.
Man könne sich auch vorsichtig auf das Eis begeben, um näher an das Opfer heranzukommen. Dabei sollte die eigene Sicherheit jedoch im Vordergrund stehen. Sonst müssten die Einsatzkräfte gleich zwei Menschen retten. Wer sich auf das Eis begibt, sollte dies möglich auf dem Bauch tun, um eine größere Fläche zu bilden. Die Feuerwehr weist jedoch auch darauf hin, dass es für alle schwierig einzuschätzen sei, wie dick das Eis tatsächlich ist.
Schließlich sei das Eis auch nicht überall gleichmäßig dick. Unter Brücken und an Randzonen ist es oft besonders dünn und brüchig. Bei einem verdächtigen Knistern oder Knacken sollte man das Eis sofort verlassen. Droht ein Einbrechen, sollte man sich flach auf die Eisdecke legen und vorsichtig in Bauchlage zum nächsten Ufer robben. Generell ist es laut Feuerwehrsprecher Braun am sichersten, das Eis nur dann zu betreten, wenn es von den Behörden freigegeben wird.
Mit solch einer Freigabe sei im Landkreis Stade allerdings vorerst nicht zu rechnen, sagt Stades Polizeisprecher Rainer Bohmbach auf Anfrage. Er warnt ausdrücklich vor dem Betreten der Eisflächen in der Region. Nur wenn niemand das Eis betritt, müssen die Rettungskräfte lediglich zu Übungszwecken Eingebrochene aus den eisigen Gewässern ziehen.