200.000 Rohre auf dem Meeresgrund sollen den Energiehunger Europas stillen. Ex-Kanzler Schröder und Kreml-Chef Medwedew loben das Projekt.

Der Bau der Gaspipeline Nord Stream durch die Ostsee hat offiziell begonnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und EU-Energiekommissar Günther Oettinger begrüßten das Projekt als Beitrag zur Energiesicherheit in Europa. Ende 2011 soll erstmals Gas durch die rund 1220 Kilometer lange Röhre von Russland nach Deutschland fließen. Kritik kommt von Umweltschützern und Anrainerstaaten.

An einem Festakt in der russischen Portowaja-Bucht nahe der finnischen Grenze nahm am Freitag neben Kremlchef Dmitri Medwedew auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder teil, der das Mammut-Vorhaben mit dem damaligen russischen Präsidenten Wladimir Putin angestoßen hatte.

Der Gaslieferant Russland sei „fester Bestandteil“ auf dem europäischen Energiemarkt, sagte Oettinger. Merkel lobte in einer Videobotschaft die „Energiepartnerschaft“ zwischen Russland und der EU. Die Gaspipeline werde die Energieversorgung in Europa sicherer machen und die strategische Partnerschaft mit Russland vertiefen, sagte Schröder. Er ist Vorsitzender des Aktionärsausschusses des Betreiberkonsortiums Nord Stream. Die ersten Rohre waren am Dienstag nahe der schwedischen Insel Gotland verlegt worden.

Präsident Medwedew betonte, die Leitung sei vor allem wegen des wachsenden Energiebedarfs in Europa nötig. „Auch wenn wir uns alle um die Umwelt sorgen und auf der Suche nach alternativen Energiequellen sind – die Nachfrage nach dem „blauen Brennstoff“ wird weiter steigen“, sagte der Kremlchef. Der Vorstandsvorsitzende des deutschen Energieunternehmens Wintershall, Rainer Seele, lobte die Pipeline als „Europas bestes Frostschutzmittel“. BASF/Wintershall hält wie auch Eon bisher 20 Prozent an dem Nord-Stream-Konsortium. Größter Anteilseigner ist mit 51 Prozent der russische Energieriese Gazprom. Die niederländische Gasunie ist mit 9 Prozent beteiligt.

Der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin, nannte die Pipeline „ein Stück mehr Versorgungssicherheit“. Nord Stream allein könne aber die Energieprobleme Deutschlands nicht lösen, sagte Trittin dem Sender MDR Info.

Umweltschützer haben in Deutschland gegen den Bau der Pipeline Klage eingereicht. Die Auswirkungen auf die Umwelt seien erheblich, kritisieren Umweltverbände unter Federführung des BUND. Nord Stream verweist hingegen auf ein Gutachten zur Umweltverträglichkeit der Leitungen. Mit den Arbeiten vor der deutschen Küste will das Konsortium am 15. Mai beginnen, nach dem Ende der Heringslaichzeit. Insgesamt drei Spezialschiffe sollen die Rohre für die Pipeline verlegen.

Auch die baltischen Staaten und Polen kritisieren das Mammut- Projekt. Die direkten Nachbarn Russlands befürchten, dass Moskau seine Machtposition im Ostseeraum ausbaut und wegen des Schutzbedarfs der Leitung auch seine militärische Präsenz erhöht. Nach Angaben von Nord Stream sind bereits rund 22 bis 23 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus dem ersten Leitungsstrang langfristig in Gaslieferverträgen gebunden. Zu den Abnehmern gehören Eon Ruhrgas, Wingas, Gasunie, der dänische Energiekonzern Dong Energy, GDF Suez sowie Gazprom UK. Die Baukosten belaufen sich auf 7,4 Milliarden Euro. Die Pipeline soll zunächst 27,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr transportieren.