Evangelische Kirche und Elternverbände kritisieren die freie Schulwahl: Werden sozial schwache Eltern beim Schultransport benachteiligt?
Schwerin. Die Kritik an der Neuregelung des Schülertransports in Mecklenburg-Vorpommern wächst. Mit Einführung der Schulwahlfreiheit zum nächsten Schuljahr soll dieser nur bis zur örtlich zuständigen Schule bezahlt werden, die von den Behörden festgelegt wird. Damit sei die freie Schulwahl aber nicht gewährleistet, weil sozial schwache Eltern den Weg zur Wunsch-Schule möglicherweise nicht bezahlen können, kritisierten die beiden evangelischen Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern am Montag.
Freie Schulen seien komplett betroffen, da sie niemals örtlich zuständige Schule sein könnten, sagte der Vorsitzende der AG Evangelischer Schulträger im Land, Benjamin Skladny. Zum nächsten Schuljahr soll die freie Schulwahl ab Klasse 5 eingeführt werden. Bei einem Treffen mit dem Staatssekretär im Bildungsministerium, Udo Michallik, wollen die Kirchen am 29. März ihre Kritik noch einmal vorbringen.
Auch Elternverbände hatten bereits Kritik geübt. Die FDP hat das Thema auf die Tagesordnung der Landtagssitzung in dieser Woche gesetzt.
Die drohende Bildungsungerechtigkeit treffe auch behinderte Schüler, sagte Matthias Bartels vom Konsistorium der Pommerschen Evangelischen Kirche. Das Land wolle künftig auch nicht mehr den Transport von Kindern zu den Schulen zur individuellen Lebensbewältigung in freier Trägerschaft bezahlen, die demnächst in Schulen mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung umbenannt werden sollen. „Ein Drittel dieser Schulen ist in freier Trägerschaft, davon wiederum sind die Hälfte evangelische Schulen“, sagte Skladny.
Auf Rügen gebe es beispielsweise gar keine derartige staatliche Schule; wer den Transport zu einer der beiden Schulen auf der Insel künftig nicht selber bezahle, müsse nach Stralsund gefahren werden. Eltern von Kindern an den Schulen mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung seien häufig nicht in der Lage, selbst für den Transport zur freien Schule aufzukommen. „Das wäre ein Skandal“, sagte Skladny zu den Plänen von Bildungsminister Henry Tesch (CDU). Für Kinder, die eines der wenigen Gymnasien für sportlich, musisch oder intellektuell Hochbegabte besuchen, gelte hingegen diese Schule als die örtlich zuständige und der Schulweg werde bezahlt. „Da werden die Starken bevorzugt.“
Die Kirchen forderten eine Beibehaltung der derzeitigen Regelungen, die zumindest eine teilweise Übernahme der Fahrtkosten zu freien Schulen ermöglichen. Der Regierungsbeauftragte der evangelischen Kirchen, Martin Wiechert, meinte, möglicherweise sollten die Landkreise mit der Neuregelung entlastet werden, weil sie künftig zusätzlich die Schulfahrtkosten für Abiturienten übernehmen müssen. Diese haben bisher selbst bezahlt.
Die evangelische Kirche betreibt in Mecklenburg-Vorpommern 32 Schulen mit zusammen rund 3500 Schulen.