Können Vater und Mutter eines Kindergartenkindes schon wissen, welche Schulform es besuchen wird?
Winsen. Ein doppelseitig bedruckter, gelber Fragebogen sorgt in diesen Tagen für einige Verwirrung. Absender ist die Verwaltung des Landkreises Harburg, die im Auftrag des Kreistages den Bedarf für die Errichtung einer Gesamtschule ermitteln soll. Angesprochen sind alle Eltern, deren Kinder die erste bis dritte Grundschulklasse besuchen oder im kommenden Sommer eingeschult werden.
"Grundsätzlich ist so eine Umfrage eine gute Idee", meint Regine Puls. Doch kaum hat die zweifache Mutter den Stift gezückt, muss sie ihn wieder zur Seite legen: "Gleich die erste Frage lautet, auf welche Schulform ich mein Kind nach Beendigung der Grundschule schicken würde. Da wäre mir rein theoretisch das Gymnasium am liebsten. Allerdings geht meine Tochter Nina zurzeit noch nicht einmal in die Grundschule, sondern in den Kindergarten - deswegen kann ich die Frage unmöglich jetzt schon sinnvoll beantworten."
Darüber hinaus stört die Wenzendorferin, dass bei der Frage nach der gewünschten Schulform nur eine einzige genannt werden darf: "Wenn ich also mein Kreuzchen beim Gymnasium gemacht habe, haben sich dadurch alle weiteren Fragen für mich automatisch erledigt - auch dann, wenn ich parallel trotzdem an einer Gesamtschule interessiert bin."
Auch für Kerstin Philipzen, deren Tochter Sophia in diesem Sommer eingeschult wird, weist der Fragebogen einige Unklarheiten auf. Zwar findet die Hollenstedterin die beigefügten Informationsblätter sehr aufschlussreich, die die Merkmale und Unterschiede von Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Integrierter (IGS) und Kooperativer Gesamtschule (KGS) beleuchten. "Allerdings frage ich mich, warum die Standorte der eventuell entstehenden Gesamtschulen jetzt schon feststehen. Wäre es nicht besser, erst einmal herauszufinden, ob generell Bedarf an einer Gesamtschule besteht - und anschließend zu schauen, in welchen Teilen des Landkreises das Interesse am größten ist?"
Tatsächlich stehen in dem Fragebogen die vier möglichen Standorte bereits fest: Eine Integrierte Gesamtschule könnte demnach in Buchholz, Winsen oder Jesteburg entstehen, eine Kooperative Gesamtschule darüber hinaus in der Elbmarsch. Die befragten Eltern sollen sich für eine der beiden Gesamtschulformen in einem bestimmten Ort entscheiden, zusätzlich noch eine Standortalternative angeben. Außerdem soll beantwortet werden, ob das Kind auch in dem anderen als dem ursprünglich gewünschten Gesamtschultyp angemeldet werden würde.
Die mangelnde Klarheit des Fragebogens kritisiert auch die Seevetaler Gymnasiallehrerin Barbara Keizer. In erster Linie sei es für Eltern eines Kindergartenkindes unmöglich, sich bereits jetzt auf eine weiterführende Schule festzulegen. "Dann wäre es sinnvoller gewesen, erst einmal abzufragen, ob überhaupt eine Gesamtschule gewünscht wird. Im zweiten Schritt hätte der Gesamtschultyp gewählt und erst abschließend die Frage nach dem Standort geklärt werden sollen."
Bis zum 31. Januar können die Eltern ihren ausgefüllten Fragebogen zurück an den Landkreis schicken. Aber eines steht für Lehrerin Barbara Keizer jetzt schon fest: "Die Auswertung dieses unübersichtlichen Fragebogens wird ein ziemliches Kuddelmuddel geben."