Nach der Neuauszählung der Stimmzettel stellen die Linken einen Abgeordneten mehr. Hat dieser Anspruch auf eine Nachzahlung der Diät?

Berlin/Kiel. Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, sieht in der schleswig-holsteinischen Auszählungs-Panne einen „interessanten Rechtsfall“. Es sei zu fragen, ob die FDP-Abgeordnete Christina Musculus-Stahnke ihre Diäten zurückzahlen müsse, sagte Gysi. Gleichzeitig warf er die Frage auf, ob nicht der Abgeordnete der Linken, der "rechtswidrig an der Wahrnehmung seines Mandats gehindert worden ist", einen Anspruch auf Nachzahlung der Diäten habe.

Die FDP-Politikerin verliert ihr Mandat, weil die Linken im Zuge einer Nachzählung einen Sitz dazugewinnen. Bei der Neuauszählung der Stimmzettel des Wahlkreises Husum 003 stellte der Landeswahlausschuss deutlich mehr Stimmen für die Linke fest. Statt neun Zweitstimmen bei der ursprünglichen Zählung nach der Wahl im September kamen die Prüfer jetzt auf 41 Kreuze für die Linke. Dadurch haben Union und FDP nur noch eine Stimme Mehrheit im Kieler Landtag.

Gysi sagte, der zuständige Wahlleiter habe sich zunächst geweigert, neu auszuzählen. Erst als zwei Ausschüsse des Landtags beschlossen hatten, dass neu ausgezählt wird, sei dies geschehen. „Die Staatsanwaltschaft müsste hier wirklich mal den Verdacht des Wahlbetrugs prüfen", sagte Gysi.

Auch der unzureichende Stimmenausgleich nach der Landtagswahl vom 27. September 2009 werfe Fragen auf. Nur ein Teil der Überhangmandate war ausgeglichen worden, bei einem vollständigen Ausgleich hätte die Opposition eine Mehrheit. „Wir haben die Situation: SPD, SSW, Grüne und Linke haben zusammen mehr Stimmen bekommen als CDU und FDP, aber CDU und FDP stellen die Mehrheit im Landtag“, so Gysi. Dagegen laufen noch Klagen beim Landesverfassungsgericht.

Sollte den Klagen der Opposition stattgegeben werden, dann sei auch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der Bundesregierung mit der Mehrwertsteuersenkung für Hotel-Übernachtungen fraglich, sagte Gysi. „Ohne die Stimmen Schleswig-Holsteins wäre das gar nicht in Kraft getreten“, so Gysi. „Wenn aber die Regierung verfassungswidrig war, ja was machen wir denn dann?"