SPD und Grüne fordern einheitliche Regelungen. Der CDU-FDP-Koaltition gehen die Pläne der anderen Bundesländer nicht weit genug.
Kiel. Die CDU-FDP-Koalition in Schleswig-Holstein hält trotz Kritik von Opposition und Wohlfahrtsverbänden an ihrem geplanten Alleingang zur Liberalisierung des Glücksspielwesens fest. Während SPD und Grüne eine bundeseinheitliche Regelung fordern, will Schwarz-Gelb Ende Juni/Anfang Juli ein eigenes Gesetz verabschieden, weil dem Bündnis die Pläne aller anderen 15 Bundesländer nicht weit genug gehen. Es handle sich dabei nur um eine „Scheinliberalisierung“, kritisierte Innenminister Klaus Schlie (CDU) am Freitag im Kieler Landtag. Er hoffe aber, dass sich die anderen Länder der Position aus Kiel noch annäherten.
Ein Ziel der Kieler Koalition ist, den Glücksspielmarkt im Internet zu kanalisieren, in legale Quellen zu leiten und damit die Steuereinnahmen zu erhöhen. „Ich bin in der Lage, während der Landtagssitzung an 40, 50 Glücksspielen im Internet gleichzeitig teilzunehmen, und wir sind nicht in der Lage, dieses zu regeln“, monierte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). Nach Ansicht von CDU und FDP wird das auch mit dem von den 15 anderen Bundesländern geplanten Glücksspielstaatsvertrag nicht gelingen.
Dieser sieht vor, für Sportwetten höchstens sieben Privatfirmen befristete Lizenzen zu geben. Dies sei nicht mit dem EU-Recht vereinbar, erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki. Spätestens wenn der Achte klage, würden die Regelungen zu Fall gebracht werden. Großen Anstoß erregt bei CDU, FDP und naturgemäß den Sportwettenanbietern die anvisierte Kozessionsabgabe von knapp 17 Prozent auf den Spieleinsatz – aus ihrer Sicht viel zu hoch. „Es besteht die Gefahr, dass die Konzession leer läuft“, sagte Schlie.
Kritik kam von der Opposition. Der SPD-Abgeordnete Andreas Beran sprach von einer Radikalisierung. „Nicht der Schutz vor Sucht steht auf einmal im Vordergrund, sondern der freie Wettbewerb – koste er, was er wolle“, sagte er. „Das ist Las Vegas pur, mit allen dazugehörigen sozialen Folgen.“ Auch Lars Harms vom SSW kritisierte fehlenden Spielerschutz. Uli Spippels von der Linken erklärte: „Ich möchte nicht, dass wir uns dadurch quasi auch noch zu Dealern von illegalen Glücksspielangeboten machen, in dem wir nämlich Anbietern erlauben, hier Glücksspiel im Internet anzubieten.“
Die Grünen-Abgeordnete Monika Heinold, deren Fraktion die Liberalisierung des Sportwettenmarkts im Ansatz für richtig hält, äußerte Zweifel an der Höhe der Mehreinnahmen. Bei Zahlen von 60 bis
220 Millionen Euro fantasiere Schwarz-Gelb über einen virtuellen Jack-Pot zur Lösung der Finanzprobleme des Landes, sagte sie. Sie verlangte vor allem ein Spielhallengesetz, weil hier das Suchtpotenzial am größten sei.
Der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände, Günter Ernst-Basten, kritisierte die schwarz-gelben Pläne. „Wir warnen seit Jahren davor, den Markt zu öffnen, den Zugang zum Glücksspiel zu erleichtern und mehr Werbung zuzulassen.“ Die Verbände fürchten, dass die Zahl der Spielsüchtigen deutlich steigt, wenn der Glücksspielmarkt wächst. Das Wachstum sei ein erklärtes Ziel von CDU und FDP, hieß es. (dpa)