Der Windpark vor der deutschen Ostseeküste ist ans Netz gegangen. 21 Windräder sollen pro Jahr 185 Gigawattstunden Strom produzieren.

Rostock. "Baltic 1", der erste Windpark vor der deutschen Ostseeküste, wurde in Betrieb gesetzt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der mecklenburg-vorpommernsche Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) drückten in Zingst (Nordvorpommern) den roten Knopf. Die 21 Windräder des Energiekonzerns EnBW stehen rund 16 Kilometer vor der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst. Sie haben eine Leistung von knapp 50 Megawatt und können damit jährlich Strom für rund 50.000 Haushalte erzeugen - das entspricht 185 Gigawattstunden Strom.

Merkel verwies bei der Zeremonie in Zingst (Nordvorpommern) auf die staatlichen Hilfen für den Ausbau der Windkraft-Nutzung. Die KfW-Bank werde ein Kreditvolumen von fünf Milliarden Euro bereitstellen. Sie sehe gute Chancen, dass das Programm zügig in Kraft treten könne. Die Kanzlerin sprach sich zudem dafür aus, Genehmigungsverfahren für neue Projekte zu bündeln.

Villis forderte eine „Anpassung“ des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Es müsse darüber diskutiert werden, ob die Vergütung für Investoren ausreichend sei. „Es wäre schade, wenn Unternehmen woanders als in Deutschland investieren würden“, sagte der Manager. EnBW hatte das Offshore-Projekt „Baltic 1“ im März 2008 übernommen und vor einem Jahr den symbolischen Grundstein gelegt. Der Energiekonzern plant bereits einen zweiten Windpark mit 80 Windkraftanlagen rund 32 Kilometer nördlich der Insel Rügen, der 2013 in Betrieb gehen soll. Villis bezifferte die Investitionskosten für beide Parks auf rund 1,2 Milliarden Euro.

Nach den Worten von Sellering gibt die Inbetriebnahme von „Baltic 1“ ein „kraftvolles Signal“, dass der Umstieg auf erneuerbare Energien möglich sei. Mecklenburg-Vorpommern habe das Potenzial früh erkannt. Inzwischen komme mehr als die Hälfte des im Land erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen. An Merkel gewandt fügte er aber hinzu: „Wir brauchen starken Rückenwind aus Berlin.“ Wichtig seien jetzt nicht mehr die Meinungsverschiedenheiten der Vergangenheit, sondern die schnelle Weichenstellung für den Atomausstieg bis Mitte Juni. Zudem seien Investitionen bis zu einer Milliarde Euro nicht ohne staatliche Hilfen möglich. Darum müsse das Sofortprogramm der KfW schnell kommen. Sellering begrüßte auch die Initiative der Bundesregierung, ein Energiewegebeschleunigungsgesetz auf den Weg zu bringen. Der Ausbau der Stromnetze müsse energisch vorangetrieben werden.

Merkel bekräftigte, dass der Atomausstieg „deutlich beschleunigt“ werden solle. Es müssten aber realistische Ziele gesetzt werden. Deutschland werde weiter einen Energiemix brauchen. „Wir wollen eine Energiewende mit Augenmaß und eine, die klappt“, sagte die Kanzlerin. Dazu gebe es die Bereitschaft in der Politik über Parteigrenzen hinweg und auch bei den Bürgern. Die Gunst der Stunde müsse genutzt werden, um rechtliche Hürden zu beseitigen. „Der gesellschaftliche Konsens ist eine ganz wichtige Angelegenheit.“

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) nannte den Start von „Baltic 1“ eine „wichtige Wegmarke ins regenerative Zeitalter“. Der Ausbau der Offshore-Windenergie sei ein wesentlicher Schlüssel, um die Ziele der Bundesregierung beim Ausbau der Erneuerbaren Energien zu erreichen. Voraussetzung für den Erfolg der Offshore-Windenergie sei aber auch die richtige Netzinfrastruktur. „Wir brauchen moderne und leistungsstarke Stromautobahnen, um die Erzeugungszentren in Nord- und Ostsee mit den Verbrauchszentren im Süden zu verbinden“, betonte Brüderle. Deshalb habe er auch die Länderminister zu einem Treffen am nächsten Montag eingeladen, um mit ihnen über Netzausbau und beschleunigte Genehmigungsverfahren zu beraten. Die Nord-Wirtschaftsminister verlangten bei einem Treffen in Rostock eine gerechte Kostenverteilung beim Netzausbau.

EnBW-Chef Villis dankte ausdrücklich den Bewohnern auf dem Darß für ihre positive Haltung zum Windkraftprojekt. Der Streit um den Stuttgarter Bahnhofsneubau habe gezeigt, wie wichtig die Akzeptanz der Bürger sei. Die neuen Windräder stehen zwar in 16 Kilometer Entfernung von der Küste, die mehr als 100 Meter hohen Anlagen sind aber gut mit bloßem Auge zu erkennen.

Der Chef des Netzbetreibers 50Hertz, Boris Schucht, erklärte, Baltic 1 sei ein Projekt mit vielen Überraschungen gewesen. Die Umstände mit winterlichem Wetter und technischen Herausforderungen seien nicht immer günstig gewesen. „Sie haben uns das eine oder andere graue Haar beschert.“ Die Errichtung des Windparks sei „echte Pionierarbeit“ gewesen. 50Hertz plant, den Windpark „Baltic 2“ auch mit einer dänischen Anlage zu verbinden. Dies könne bei einer Flaute einen Ausgleich über die europäischen Stromnetze erleichtern. „Wir schaffen damit den Nukleus für ein Ostsee-Netz“, sagte Schucht. (dpa)