Die Besucher des ersten Gottesdienstes mit der ehemaligen Landesbischöfin Margot Käßmann fordern ihre Rückkehr in das Amt.
Hannover. „Komm, sag es allen weiter, ruf es in jedes Haus hinein.“ Lange erklang das bekannte Kirchenlied am Sonntag auf dem Marktplatz von Hannover. Doch das vor allem in Abendmahlsgottesdiensten gern gesungene Gospel hatte einen anderen Kehrreim als sonst: Mehrere Hundert vor dem Portal der größten Kirche der Stadt versammelte Menschen sangen: „Komm, sag es allen weiter, Frau Käßmann soll es sein.“
Mit Plakaten, auf denen das Antlitz der über eine Alkoholfahrt gestolperten Theologin zu sehen war, demonstrierten sie für eine zweite Amtszeit der früheren EKD-Ratsvorsitzenden als Landesbischöfin von Hannover. Nach ihrem umjubelten Comeback beim Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) in München hatte Käßmann am Sonntag zum ersten Mal seit ihrem Rücktritt einen Gottesdienst in ihrer ehemaligen Predigktirche gehalten. Und mit 1.500 Besuchern war die Marktkirche völlig überfüllt, gut 100 Menschen verfolgten den Gottesdienst über Lautsprecher im Freien vor dem Gotteshaus.
Gleich zu Beginn gab es Applaus: „Liebe Margot, wir bitten Dich, dass Du auch in Zukunft hier predigen wirst“, sagte die Pastorin der Marktkirche, Hanna Kreisel-Liebermann, als sie Käßmann im Gotteshaus begrüßte. Vor allem Frauen mittleren Alters waren es, die an dem Gottesdienst mit der früheren Bischöfin teilnahmen - das typische Käßmann-Publikum, das schon auf dem ÖKT die Hallen füllte.
Käßmann selbst, die mehr als zehn Jahre lang Landesbischöfin von Hannover war, gab sich im ersten Gottesdienst in ihrer früheren Bischofsstadt als reuige Sünderin. In ihrer Predigt über den Römerbrief betonte sie die Sündenvergebung durch Gott. „Gott hat alle eingeladen, damit er sich aller erbarme“, sagte die Theologin in der Predigt. Vor ihm gebe es keine Vorzeigechristen und keine Glaubensversager. Gott wende sich allen Menschen zu. „Alle Menschen sind fehlbar“, fügte sie hinzu. Manchmal würden Menschen erst hinterher bemerken, was im eigenen Leben schiefgelaufen ist. „Manchmal weißt Du nicht, wohin die Reise gehen soll, in Deinem Leben.“
Doch geht es nach der Mitarbeitervertretung der Hannoverschen Landeskirche, gibt es für die ehemalige Bischöfin nur einen gangbaren Lebensweg: die Rückkehr in ihr altes Amt. Eine zweite Amtszeit der populären Bischöfin würde die Arbeitsplätze der Kirchenmitarbeiter sichern, weil es Käßmann besser als anderen Theologen gelänge, Menschen für die Kirche zu begeistern, sagte deren Vorsitzender Werner Massow (Göttingen). „Es muss nur der Kirchensenat Margot Käßmann wieder nominieren, es muss die Synode Margot Käßmann wählen, und es muss Margot Käßmann zu einer zweiten Amtszeit bereit sein.“
Margot Käßmann äußerte sich zu dieser Forderung der Mitarbeiter nicht. Eine Stellungnahme wird erst am Mittwoch erwartet, wenn die Landessynode der Hannoverschen Kirche zu ihrer turnusgemäßen Tagung im Henriettenstift zusammenkommt. Dann soll die ehemalige Bischöfin Margot Käßmann offiziell verabschiedet werden. Über die Nachfolge der Landesbischöfin will das Kirchenparlament der größten evangelischen Landeskirche Ende November entscheiden - Ginge es nach den meisten Gottesdienstbesuchern am Sonntag, wäre die Entscheidung klar.