Hamburg. UKE-Forscher testen seit November des vergangenen Jahres einen Impfstoff gegen das Virus. Jetzt gibt es erste vielversprechende Ergebnisse.
Seit mehr als einem Jahr grassiert das Ebola-Virus in Westafrika. In den am stärksten betroffenen Ländern Sierra Leone, Liberia und Guinea wurden rund 25.000 Erkrankungen registriert. Mehr als 10.000 Menschen sind an der gefährlichen Seuche gestorben. Um endlich ein Mittel gegen das tödliche Virus in der Hand zu haben, wird weltweit fieberhaft an der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten gearbeitet. Auch im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) wird zurzeit ein Impfstoff erprobt. Die Vakzine „r-VSV-ZEBOV“ wird seit November 2014 am UKE sowie an den drei weiteren Standorten Genf (Schweiz), Lambaréné (Gabun) und Kilifi (Kenia) getestet.
Jetzt liegen erste Ergebnisse von insgesamt 158 gesunden erwachsenen Testpersonen vor, die am Mittwoch in der Fachzeitschrift „The New England Journal of Medicine“ veröffentlicht worden sind. 20 dieser Probanden nahmen an der Studie im UKE teil. Insgesamt sollen am Uniklinikum 30 Teilnehmer in die Studie aufgenommen werden.
„Die vorläufigen Ergebnisse zur Verträglichkeit und Sicherheit sowie zur Immunantwort auf den Impfstoff-Kandidaten sind vielversprechend“, erklärte Prof. Marylyn Addo, Leiterin der Studie am UKE. Die Leiterin der Sektion Tropenmedizin in der I. Medizinischen Klinik des UKE zählt zu den verantwortlichen Autoren der Veröffentlichung und leitet auch die Impfstudie im UKE. Die Nebenwirkungen seien überwiegend mild oder moderat gewesen und hätten sich im Rahmen dessen bewegt, was für Lebendimpfungen zu erwarten sei. Insgesamt wurde der Impfstoff gut vertragen, obwohl fast alle Studienteilnehmer Nebenwirkungen hatten“, sagte Addo. Nebenwirkungen waren Fieber, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen und allgemeines Unwohlsein. Am Studienzentrum in Genf seien bei 22 Prozent der Probanden Gelenkbeschwerden aufgetreten, die aber vorübergehend waren.
Bei dem Impfstoff handelt es sich um ein abgeschwächtes, gentechnisch verändertes sogenanntes Vesikuläres Stomatitis-Virus. Es trägt ein Oberflächenprotein des Ebola-Virus, gegen welches das Immunsystem der Geimpften Antikörper bilden soll, die vor einer Infektion schützen.
Antikörper konnten Infektion hemmen
Wie die Studie gezeigt hat, wurde bei allen Teilnehmern das Immunsystem durch die Impfung angeregt, Antikörper gegen das Ebola-Protein zu bilden. Bei Versuchen im Labor zeigte sich, dass diese Antikörper im Reagenzglas die Infektion durch das Ebola-Virus hemmen konnten. Mit dieser Vakzine wurden die Probanden einmalig geimpft und blieben anschließend drei bis fünf Tage unter stationärer Beobachtung. Auch danach wurden sie engmaschig überwacht. In den Blutproben waren die Impfviren für einige Tage nachweisbar, wurden aber weder im Speichel noch im Urin der Testpersonen gefunden. Die jetzt vorgestellten Studienergebnisse beziehen sich auf den Zeitraum von 28 Tagen nach der Impfung.
Ob eine einmalige Impfung ausreicht, um einen dauerhaften Schutz zu erreichen, ist unklar. „Aber im Tierversuch war nach zehn Monaten noch ein Schutz vorhanden“, sagte Addo.
Um möglichst schnell wirksame Mittel gegen Ebola zur Verfügung zu haben, wird weltweit mit Hochdruck gearbeitet. „Noch nie hat es eine so schnelle Impfstoffentwicklung gegeben wie jetzt im Falle von Ebola“, sagte Prof. Ansgar W. Lohse, Direktor der
I. Medizinischen Klinik. „Es ist uns gelungen, trotz erheblicher regulatorischer, logistischer und organisatorischer Hürden gemeinsam mit den anderen Zentren diese wichtige Impfstudie so zügig zu beginnen und erfolgreich durchzuführen.“
Es wachse jetzt auch die Hoffnung, in absehbarer Zeit einen Impfstoff in den Ebola-Gebieten zur Verfügung stellen zu können. Die jetzt getestete Vakzine sei der am weitesten entwickelte Impfstoff, sagte Dr. Stefan Schmiedel, Leitender Oberarzt für Klinische Infektiologie und Tropenmedizin an der I. Medizinischen Klinik des UKE. Normalerweise dauere die Impfstoffentwicklung viele Jahre, sagte Lohse. Wenn man das jetzt in zwei Jahren schaffen könnte, wäre das revolutionär. Aber er mahnte auch, trotz allem vorsichtig zu sein, damit auch gewährleistet werden könne, dass der Impfstoff wirklich sicher sei.
10.000 Menschen sollen an Testreihe teilnehmen
Die ersten Ergebnisse fließen jetzt in weitere Studien in Westafrika ein, in denen die ermittelten optimalen Impfdosen eingesetzt werden. Untersucht werden die Wirksamkeit und weitere Aspekte der Sicherheit. Jetzt würden mehrere Tausend Probanden geimpft, sodass auch seltenere Nebenwirkungen gefunden würden, sagte Addo. In Guinea, wo die Ebola-Epidemie immer noch viele Todesopfer fordert, wird der Impfstoff bereits in einer Folgeuntersuchung getestet. Geimpft werden dort Kontaktpersonen von Ebola-Patienten. Rund 10.000 Menschen sollen in den kommenden Wochen an dieser Testreihe teilnehmen.
Die Gelder für die Impfstoffstudie stammen vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung, dem deutschen Bundesministerium für Gesundheit und dem britischen Wellcome Trust. Der Impfstoff wurde von Kanada an die Weltgesundheitsorganisation gespendet und von dieser für die Studie zur Verfügung gestellt.
Als die Forscher im September 2014 mit der Planung der Studie begannen, gab es nur zwei Impfstoffkandidaten, die für ein solches Vorhaben weit genug entwickelt waren. „Mittlerweile gibt es zehn Impfstoffkandidaten, die auf die klinischen Studien vorbereitet werden“, sagte Addo.