Mancherorts droht der Straßenverkehr in Staus zu ersticken - sie verwandeln etwa zehn Prozent des 11 000 Kilometer langen deutschen Autobahnnetzes täglich zum Parkplatz. Diese Zahl hat Professor Dietrich Stein, der an der Bochumer Ruhr-Universität Leitungsbau lehrt, vom ADAC. Es soll noch schlimmer werden; vor allem das Frachtaufkommen wird weiter steigen. Dietrich Stein und sein Team haben eine unkonventionelle Abhilfe erdacht: das unterirdische Rohrtransport-System CargoCap.

Führerlose, knapp 40 Stundenkilometer schnelle Transport-Kapseln sollen Waren auf jeweils zwei Euro-Paletten durch 1,60 Meter messende unterirdische Röhren quer durchs Ruhrgebiet verfrachten. Die zweispurige Strecke soll möglichst öffentlichen Straßen folgen, schon um den Bau planungsrechtlich zu beschleunigen. Die Leitungsbauexperten wollen eine erste, rund 80 Kilometer lange Strecke zwischen Dortmund und Duisburg in vier bis fünf Jahren umsetzen, zum großen Teil entlang der staugeplagten Autobahn 40. Heute seien Maschinen zum grabenlosen Vortrieb der Tunnel und die Steuerungstechnik so weit, "um diese Version anzupacken", so Stein.

So funktioniert das System: Statt stundenlang über die A 40 zu schleichen, fährt ein Lkw zur nächstgelegenen von insgesamt 22 CargoCap-Frachtstationen. Über Rollenbänder und Lastaufzüge werden die beladenen Euro-Paletten vom Fahrzeug in die Transportkapseln gelotst, woraufhin diese sich auf den Weg machen - vorangetrieben von Elektromotoren, auf Rädern, die auf Spezialgleisen rollen, und kontrolliert von eingebauten Rechnern, die jederzeit wissen, wo sich die Kapsel gerade befindet und wohin sie fahren soll.

Der Empfänger wird telefonisch benachrichtigt, wann er die Güter an der Übergabestation abholen kann - Verspätungen sind unwahrscheinlich. Als Fracht kommen vor allem eilige Pakete, dringend benötigte Produktionsbauteile oder ungekühlte Lebensmittel in Frage.

Stein braucht eine Teststrecke, um das System zu optimieren - und er braucht zumindest am Anfang öffentliche wie private Geldgeber, denn die Investitionen sind beträchtlich. Allein die Ruhrgebietstrasse soll 515 Millionen Euro kosten. Erreicht CargoCap bei den anvisierten Güterarten einen zehnprozentigen Transport-Anteil auf der Ruhrstrecke, hätten sich Schätzungen zufolge die Kosten erst nach 40 Jahren amortisiert, bei einem Anteil von 20 Prozent nach 30 Jahren. Die öffentliche Hand wird vorfinanzieren müssen - umso mehr, je weniger Risiko-Kapitalgeber sich finden. Bislang hat das Land Nordrhein-Westfalen 1,7 Millionen Euro in das Projekt fließen lassen.

Dietrich Stein gibt sich dennoch optimistisch. Unternehmen, denen er CargoCap vorgestellt hat, darunter Versandhäuser, hätten gesagt "Fangt bloß bald an damit". Und sogar die Spediteure wisse er auf seiner Seite. Deren Bundesverband habe ihm mitgeteilt, das zusätzliche Frachtaufkommen durch den Online-Handel sei ohne neue Systeme wie CargoCap kaum zu bewältigen.