Kritiker warnen vor Selektion, der Hersteller will Schwangeren riskante Eingriffe ersparen: Ein Bluttest auf das Down-Syndrom sorgt seit Wochen für Furore. Jetzt verzögert sich die Markteinführung.
Konstanz. Der umstrittene Bluttest auf das Down-Syndrom kommt offenbar später auf den Markt als geplant. Einem Bericht der „Neuen Zürcher Zeitung“ (Online-Ausgabe) zufolge verschiebt sich die Markteinführung auf den August. Eigentlich war die Einführung des PraenaTests der Konstanzer Firme LifeCodexx für die Schweiz, Österreich und Deutschland bereits für Ende Juni, später für Ende Juli geplant. Um einen „Test-Tourismus“ im Drei-Länder-Eck rund um den Bodensee zu verhindern, wurde die Einführung vom Hersteller in allen drei Ländern gestoppt.
Auslöser für den Einführungsstopp sind offenbar nachträgliche Fragen zum Medizinproduktrecht aus dem Freiburger Regierungspräsidium als zuständiger Genehmigungsbehörde. Nach Angaben von LifeCodexx seien nun alle Fragen geklärt, man warte die abschließenden Gespräche mit dem Regierungspräsidium in dieser Woche ab. Erst danach will das Konstanzer Unternehmen einen neuen Termin für die Markteinführung nennen. Der PraenaTest wurde für das Gebiet der Europäischen Union bereits zugelassen, diese Zulassung gilt dann auch für die Schweiz.
Der Test wird von vielen Seiten heftig kritisiert. Gegner befürchten durch die Einführung des Tests einen Anstieg der Abtreibungszahlen und warnen vor einer Selektion von Menschen mit Down-Syndrom. Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Bernhard Hüppe, hält den Test auf den Chromosomen-Fehler Trisomie 21 für diskriminierend und illegal. Befürworter des neuen Bluttests sagen, er sei im Gegensatz zu bereits praktizierten invasiven Testmethoden risikofrei. Bei der bisher üblichen Fruchtwasserpunktion steigt das Risiko von Fehlgeburten.
Am vergangenen Freitag hatten laut einem Bericht des „Südkurier“ (Konstanz) rund 80 Menschen vor der Firmenzentrale von LifeCodexx friedlich gegen die Markteinführung des PraenaTests demonstriert. LifeCodexx war am Sonntag für eine Stellungnahme zur verzögerten Markteinführung nicht zu erreichen.
Ein Verbot des Bluttests auf den Chromosomen-Fehler Trisomie 21 hatte unter anderem der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, gefordert. Er stützte sich auf ein Rechtsgutachten, demzufolge der Test mit geltendem Recht nicht vereinbar sei – weder mit der Menschenwürde noch mit Artikel 3 des Grundgesetzes. Auch Ethiker und Kirchen hatten sich gegen das neue Verfahren ausgesprochen. Viele sehen die Gefahr der Selektion.
Das Land Baden-Württemberg, Sitz des Herstellers und damit zuständig, wird den Test nach früheren Angaben des Sozialministeriums nicht verbieten. Dafür seien die rechtlichen Voraussetzungen nach dem Gendiagnostikgesetz nicht gegeben. Der „PraenaTest“ ermöglicht die Erkennung des Down-Syndroms ohne Eingriff in den Mutterleib.
Trisomie 21 führt zu geistigen Behinderungen und körperlichen Auffälligkeiten. Bisher wird mit einer Fruchtblasenpunktion getestet, die medizinische Probleme bis hin zur Frühgeburt verursachen kann. Beim neuen Test genügt eine Blutprobe der Mutter. Nach Angaben des baden-württembergischen Sozialministeriums entscheiden sich schon jetzt neun von zehn Frauen für eine Abtreibung, wenn die Fruchtwasseruntersuchung eine Trisomie 21 ergibt. (epd/dpa)