Das Land Baden-Württemberg, Sitz des Herstellers und damit zuständig, wird den Test nach Angaben des Sozialministeriums nicht verbieten. Dafür seien die rechtlichen Voraussetzungen nach dem Gendiagnostikgesetz nicht gegeben.
Berlin. Wie weit darf man mit technischen Mitteln in die natürlichen Prozesse des menschlichen Körpers eingreifen? Ein neues Verfahren zur Präimplantationsdiagnostik erhitzt die Gemüter, doch ein Verbot des umstrittenen vorgeburtlichen Bluttests auf das Down-Syndrom wird es nach derzeitigem Stand in Deutschland nicht geben.
+++ Mit ein paar Tropfen Blut auf Down-Syndrom testen +++
+++ Bluttest zum Down-Syndrom umstritten – Verbot gefordert +++
Das Land Baden-Württemberg, Sitz des Herstellers und damit zuständig, wird den Test nach Angaben des Sozialministeriums nicht verbieten. Dafür seien die rechtlichen Voraussetzungen nach dem Gendiagnostikgesetz nicht gegeben, sagte ein Sprecher von Ministerin Katrin Altpeter (SPD). Der „PraenaTest“ ermöglicht die Erkennung des Down-Syndroms ohne Eingriff in den Mutterleib.
Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales erklärte, dass die Genehmigung des Tests grundsätzlich nicht Ländersache sei. Produkte wie der „PraenaTest“ unterlägen der EU-Richtlinie über In-vitro-Diagnostika, in Deutschland gelte dafür das Medizinprodukte-Recht. Wenn es vorschriftsgemäß hergestellt werde und alle vorgeschriebenen Verfahren durchlaufen habe, sei das Produkt europaweit verkehrsfähig, erklärte eine Sprecherin. Unter diesen Umständen könne kein einzelnes Bundesland den Test untersagen.
Positiv beurteilt Rheinland-Pfalz den Bluttest: „Wir sehen in einem Verbot nicht den richtigen Weg“, sagte eine Sprecherin von Gesundheitsministerin Malu Dreyer (SPD). Mit dem Bluttest gebe es eine Diagnosemöglichkeit, die für Mutter und Kind weniger belastend sei als eine Fruchtwasseruntersuchung. Von einem Sprecher des niedersächsischen Gesundheitsministeriums hieß es dagegen, es werde derzeit intensiv geprüft, ob es eine Handhabe gegen den Test gebe. In Sachsen gebe es noch keine Positionierung in dieser Frage, sagte ein Sprecher des dortigen Gesundheitsministeriums.
Gegen den vorgeburtlichen Bluttest sprach sich auch der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) aus. „Wir befürchten dadurch eine zunehmende Klassifizierung nach Leben, das leben darf und solchem, das keine Chance auf Entwicklung erhält“, wurde KDFB-Präsidentin Maria Flachsbarth in einer Mitteilung zitiert. Auch der Bischof der evangelischen Landeskirche Sachsens, Jochen Bohl, sieht den neuen Bluttest sehr kritisch. „Aus christlicher Sicht ist es nicht möglich, den Schutz des Lebens zu differenzieren zwischen Nichtbehinderten und Behinderten.“ Es sei zu befürchten, dass ein solcher Test vermehrt zu Schwangerschaftsabbrüchen führen werde.
Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, hatte die Bundesländer in der vergangenen Woche dazu aufgefordert, den Test zu verbieten. Er stützte sich auf ein Rechtsgutachten, demzufolge der Test mit geltendem Recht nicht vereinbar sei – weder mit der Menschenwürde noch mit Artikel 3 des Grundgesetzes. Auch Ethiker und Kirchen hatten sich gegen das neue Verfahren ausgesprochen. Der Test des Konstanzer Unternehmens LifeCodexx sollte im Juli auf den Markt kommen, konkrete Angaben gab es zunächst nicht.
Trisomie 21 führt zu geistigen Behinderungen und körperlichen Auffälligkeiten. Anstelle einer Fruchtblasenpunktion, die medizinische Probleme bis hin zur Frühgeburt verursachen kann, genügt bei dem neuen Test eine Blutprobe der Mutter. Nach Angaben des baden-württembergischen Sozialministeriums entscheiden sich schon jetzt neun von zehn Frauen für eine Abtreibung, wenn die Fruchtwasseruntersuchung eine Trisomie 21 ergibt.
Mit Material von dpa