Laut einer Umfrage fühlen sich die meisten Deutschen beim Thema EHEC von der Regierung nicht gut informiert. Während der Krise haben nach eigenen Angaben mehr als die Hälfte der Deutschen ihre Essgewohnheiten geändert.

Hamburg. Das Thema EHEC ist in aller Munde. Mit dem Krisenmanagement der Bundesregierung sind die Deutschen aber nicht einverstanden. 58 Prozent bewerten den Umgang der Regierung mit dem Ausbruch des gefährlichen Darmkeims als "weniger gut“ (35 Prozent) oder "schlecht“ (23 Prozent), wie eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Nachrichtenmagazins "Der Stern“ ergab. Rund ein Drittel der Deutschen bewertet das Krisenmanagement dagegen als "gut“ (35 Prozent), vier Prozent als "sehr gut“. Nur knapp ein Drittel der Bundesbürger fühlt sich ausgewogen informiert. 44 Prozent klagen, es habe zu viele Hinweise gegeben, 21 Prozent meinen, es seien zu wenige gewesen.

Während der EHEC-Krise haben nach eigenen Angaben mehr als die Hälfte der Deutschen ihre Essgewohnheiten geändert. 58 Prozent der Bundesbürger verzichteten auf bestimmte Gemüsesorten. Jeder vierte Deutsche wusch sich zudem häufiger die Hände. Für die Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa am 8. und 9. Juni insgesamt 1003 Bundesbürger befragt. (dpa)

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Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hatte sich einen von der EHEC-Krise besonders schwer betroffenen Betrieb im Hamburger Umland ausgesucht. Noch vergangene Woche musste Gemüsebauer Dirk Beckedorf in Reinbek den Rucola auf seinen Feldern vernichten - und machte rund 20.000 Euro Verlust am Tag. Gestern bekam er Besuch von der Ministerin und hörte ihre Ansage: "Wir wollen die Landwirte nicht im Regen stehen lassen." Aigner kündigte an, die von der Europäischen Union vorgeschlagenen Hilfen für Gemüsebauern schnell umzusetzen. Die Gelder sollen zügig und unbürokratisch die Gemüseproduzenten erreichen.

Vertreter der 27 EU-Länder beschlossen am Abend in Brüssel, den europäischen Landwirten 210 Millionen Euro Entschädigung zukommen zu lassen - 60 Millionen mehr als bislang geplant. Nach Aigners Angaben sollen betroffene Bauern etwa die Hälfte von dem zurückbekommen, was sie im Durchschnitt in den vergangenen drei Jahren verdient hätten.

Der Präsident des deutschen Zentralverbandes Gartenbau, Heinz Herker, schätzte die bisherigen Umsatzeinbußen der heimischen Gemüseanbauer seit Beginn der EHEC-Epidemie auf etwa 60 Millionen Euro. Ohne nachgebesserte finanzielle Hilfen würden viele Betriebe nicht überleben können, da das Geld für notwendige Investitionen nicht ausreiche, betonte Herker. Auch Bauer Dirk Beckedorf hatte es vergangene Woche auf den Punkt gebracht: Wenn der Staat nicht schnell helfe, "dann ist hier Feierabend".

Auf Forderungen nach zusätzlichen Bundesmitteln ging Aigner nicht näher ein. Sie sagte, für Juli habe die EU Zahlungen in Aussicht gestellt. Die Bundesregierung habe sich dafür eingesetzt, dass betroffene Betriebe zinsverbilligte Darlehen der Landwirtschaftlichen Rentenbank erhalten können.

Unterdessen läuft der Gemüseverkauf nach der EHEC-Entwarnung wieder an. "Der Verbraucher hat gleich reagiert, die Nachfrage steigt", sagte der Vorstandschef der Verwaltungsgenossenschaft des Hamburger Großmarkts, Hans Joachim Conrad. Bis das vorherige Niveau beim Konsum von Salat, Gurken und Tomaten wieder erreicht sei, könnten aber noch etwa zwei Wochen vergehen.

Nicht nur für Gemüsehändler, auch für die Krankenhäuser gab es gestern einen Hoffnungsschimmer. In Hamburg wurden binnen 24 Stunden nur noch 14 neue EHEC-Erkrankungen oder Verdachtsfälle gemeldet. Die Gesamtzahl habe sich auf 1053 erhöht, teilte die Gesundheitsbehörde mit. Neue Erkrankungen am Hämolytisch-urämischen-Syndrom (HUS) habe man aber nicht verzeichnet.

Für die Hamburger Gesundheitsbehörde geht das juristische Nachspiel wegen der EHEC-Gurkenwarnung weiter. Als Vertreter des spanischen Obst- und Gemüsehändlers Frunet reichte die Kanzlei Lindenpartners einen Unterlassungsantrag beim Verwaltungsgericht der Hansestadt ein, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Frunet will, dass der Hamburger Behörde unter anderem die Behauptung verboten wird, der auf der Gurke der Firma "angeblich nachgewiesene Erreger sei lebensgefährlich". Am Ende könnte es um Schadenersatz in Millionenhöhe gehen.

Sprossen von einem Biohof im niedersächsischen Bienenbüttel waren als Träger des gefährlichen Darmkeims identifiziert worden. Deshalb sollen laut Warnung der Behörden keine rohen Sprossen gegessen werden. Auf den Gurken wurden zwar EHEC-Bakterien nachgewiesen. Diese waren aber von einem anderen Typ als der grassierende Erreger.