Manche Zeitungsberichte sind nicht nur für den Tag. Sie wirken weit darüber hinaus – und verändern die Stadt. Wir haben auf den folgenden Seiten einige Beispiele dafür zusammengetragen

Ohne Hamburg gäbe es das Hamburger Abendblatt nicht – und ohne das Abendblatt würden zumindest ein paar Dinge in Hamburg fehlen. Die Zeitung und die Stadt sind eng miteinander verbunden. Die Abendblatt-Redaktion liebt die Stadt, für die sie Zeitung macht. Das Abendblatt engagiert sich für die Stadt.

Das mag auf den ersten Blick banal, ja selbstverständlich klingen. Ist es aber nicht. Es ist etwas Besonderes unter den Tageszeitungen in Deutschland. Ein besonderer Geist, den Axel Springer seiner ersten Zeitung letztlich mit der Wahl des Mottos im Titelkopf mit auf den Weg gegeben hat. „Mit der Heimat im Herzen die Welt umfassen“ – die Zeile aus einem Gedicht des Finkenwerder Dichters Gorch Fock ist seit dem ersten Tag Programm der Redaktion.

„Nichts ist älter als die Zeitung von gestern“, heißt es so schön. Das stimmt sicherlich in vielerlei Hinsicht. Wir Tageszeitungsredakteure erleben jeden Tag ein kleines neues Wunder: Am Morgen sitzen wir noch vor leeren Seiten – und am Abend ist das Werk, eine neue Ausgabe der Zeitung, fertig. Das ist Segen und Fluch zugleich. Manchmal wünscht man sich dann bei all der faszinierenden Schnelligkeit des Berufes auch einmal etwas, das länger Bestand hat.

Und wenn wir uns nach 65 Jahren Hamburger Abendblatt einmal zurücklehnen oder – wie in den vergangenen Wochen mit unsere Serie historischer Titelseiten geschehen – einmal in den (digitalisierten) alten Zeitungen blättern, dann sehen wir: Genau das gibt es eigentlich immer wieder. Es gibt Zeitungsgeschichten, die verändern die Stadt.

Bereits in den Anfangsjahren hat sich das Hamburger Abendblatt eingemischt und engagiert: Mit der Aktion „Bürgermeister für einen Tag“ etwa rief die Redaktion die Hamburger dazu auf, Vorschläge zu machen, wie die Lage in der Stadt verbessert werden kann. Auch das Motto der Werbung „Seid nett zueinander“ entstand aus dem Wunsch, das Leben in der harten Nachkriegszeit zu verbessern. Als in den 50er-Jahren die Zahl der Verletzten und Toten bei Verkehrsunfällen anstieg, suchte das Abendblatt Hamburgs rücksichtsvollste Autofahrer.

Und als sich die städtische Hochbahn 1973 mit dem Gedanken trug, ihre chronisch defizitäre Alsterschifffahrt einzustellen, setzte das Abendblatt zu einem Rettungsmanöver an. Die Redaktion lud einige Senatoren zu einer ungewöhnlichen Kreuzfahrt durch die Alsterkanäle ein. So etwas hatte es vorher noch nicht gegeben. Die Senatoren waren begeistert über die neuen Blicke auf Hamburg und kündigten Unterstützung für die weiße Flotte an. Die Kanalfahrten waren geboren und die Alsterschifffahrt gerettet.

Als wir in der Redaktion zusammensaßen und diese Jubiläumsausgabe planten, waren wir uns schnell einig: Es muss ein Kapitel hinein, in dem wir einmal beleuchten, was es alles in der Stadt nicht (oder zumindest nicht so oder nicht so schnell) gäbe – wenn das Hamburger Abendblatt nicht wäre. Innerhalb weniger Minuten sprudelten die Themen und Erinnerungen.

Bei zwölf Beispielen haben wir schließlich Schluss gemacht. Die Liste hätte problemlos länger werden können. Vom Zebrastreifen über die Olympiabewerbung und die Elbphilharmonie bis hin zur Rettung des Gängeviertels und zur Einführung eines Mindestlohns bei den Firmen der Stadt – lesen Sie auf den folgenden Seiten, was das Abendblatt in Hamburg alles in Bewegung brachte.

Die gelesene Zeitung mag am Tag nach ihrem Erscheinen bereits ins Altpapier wandern – doch ihre Buchstaben, Worte und Sätze überdauern den Tag. Und manchmal entsteht aus einer schnell vergänglichen Tageszeitung etwas mit Bestand. Für Jahre oder Jahrzehnte. Für die Stadt und ihre Menschen.