Hamburg. Durch einen Facebook-Post hat ein Fotograf sein Hobby zum Beruf gemacht. Hier spricht er darüber und warum der Job ein Ablaufdatum hat.

Schlechte Bezahlung, kaum Privatsphäre, viel zu lange Arbeitszeiten. Es kursieren einige Annahmen über das Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff – doch welche stimmen wirklich? Ein ehemaliger Bordfotograf teilt seine Erfahrungen als Crewmitglied auf einem Passagierschiff im Interview mit unserer Redaktion.

Sven Hüsemann hat sich vor zehn Jahren mit der Fotografie selbstständig gemacht. Hauptberuflich wollte er seinem Hobby eigentlich nie nachgehen: „Ich habe keine Ausbildung in diesem Bereich gemacht und somit nicht auf dem üblichen Weg zur Fotografie gefunden“, so der 28-Jährige.

Jobs auf Kreuzfahrtschiff: Fotograf über Leben auf „Mein Schiff 5“ von TUI

Was ihn stattdessen zu seiner Berufung führte, war eine Kamera, die Reiselust und ein Facebook-Post: „‚Hast du Lust zu reisen und zu fotografieren?‘ oder so ähnlich hieß es in dem Beitrag“, sagt er heute. Er habe zu dem Zeitpunkt noch bei seinen Eltern gelebt, ohne Verpflichtungen oder große monatlichen Ausgaben, so Hüsemann weiter. Was jedoch fehlte: „ein Plan, was ich machen wollte.“ Der damals 18-Jährige habe sich spontan beworben und stand keine zwei Monate später an Bord der „Mein Schiff 5“ von TUI Cruises.

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Hamburger Abendblatt: Welche Voraussetzungen muss man für den Job eines Bordfotografens mitbringen?

Ich kann nicht für alle Kreuzfahrt-Unternehmen sprechen, aber in meinem Fall brauchte es keine fotografische Ausbildung. Du solltest ambitioniert sein, erste Erfahrungen hinter der Kamera mitbringen und über eigenes Equipment verfügen – in der Regel ist das eine Spiegelreflexkamera. Außerdem geht es darum, wie man mit Menschen umgeht.

Mir war es recht egal, ob ich bei AIDA Cruises, „Mein Schiff“ oder anderen Kreuzfahrt-Reedereien starte. Vielmehr kam es mir auf die Routen an. Unter anderem wurde mir eine Karibik-Kreuzfahrt vorgeschlagen. Schlussendlich war ich sechs Monate in der Karibik unterwegs und fünf Monate im Baltikum.

Arbeiten auf Kreuzfahrtschiff als Bordfotograf
Als Kreuzfahrt-Fotograf kann man um die Welt reisen und zeitgleich Geld verdienen – man geht dafür aber auch einige Kompromisse ein. © Sven Huesemann

Welches Bewerbungsverfahren durchläuft ein Kreuzfahrtfotograf bei Mein Schiff?

Neben einem informellen Gespräch besteht das Bewerbungsverfahren aus einem Praxisteil. Man spricht Leute im öffentlichen Raum an, ob man Fotos von ihnen machen darf. Anfängliche Hemmungen sind da ganz normal. Das sollte sich aber schnell legen, sonst wirst du an der Arbeit eines Bordfotografens vermutlich keinen Spaß finden. Abschließend wurden die Fotos in einer Collage zusammengetragen, wie man es später auch auf dem Kreuzfahrtschiff macht.

„Der Job ist eine große Einschränkung im privaten Leben.“

Wie flexibel muss ich sein, um auf einem Kreuzfahrtschiff zu arbeiten?

Eine gewisse Flexibilität solltest du mitbringen. Der Job ist eine große Einschränkung im privaten Leben. Aber auch Verpflichtungen, wie beispielsweise laufende Mietkosten, können einen abschrecken.

Nach dem Bewerbungsverfahren habe ich zeitnah die Zusage erhalten. Mir wurden verschiedene Routen und Reisezeiträume vorgeschlagen und ich habe das nächstmögliche Datum gewählt. Ich hätte aber auch später starten können. Denn bevor du auf das Schiff gehst, gibt es noch einige Punkte zu erledigen, wie die ärztliche Bestätigung der Schiffstauglichkeit oder gegebenenfalls den Kauf von Equipment.

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Wie lange sollte ich mindestens auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten?

Viele machen es so wie ich und fahren einen bis drei Verträge. Schlussendlich war ich sechs Monate in der Karibik unterwegs und fünf Monate im Baltikum, Nordamerika und auf den Bahamas.

Wie lange ein Vertrag dauert, hängt von der jeweiligen Route ab und in welchem Bereich du arbeitest. Du hast alleine in den ersten zwei Wochen viele Trainings. Für einen Vertrag für die Dauer von beispielsweise nur einem Monat würde sich der Aufwand kaum lohnen.

Wie sind die Arbeitszeiten an Bord eines Kreuzfahrtschiffes?

Die Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff klingt nach viel Spaß, ist aber auch super anstrengend. Denn du hast keinen Tag frei. Weil diese Arbeitszeiten aber für jedes Crewmitglied gelten, stand es für mich gar nicht zur Debatte, dass ich keinen Tag komplett frei hatte.

„Wenn ich erzähle, ich habe sieben Tage die Woche durchgearbeitet, klingt das immer so schlimm.“

Du arbeitest jeden Tag mindestens acht bis zehn Stunden, je nachdem wie deine Aufgaben verteilt sind. Man arbeitet meist vormittags, hat über Tag frei und arbeitet dann wieder gegen Abend. Da bleibt immer noch genug Freizeit, um beispielsweise die Destinationen zu erkunden.

Arbeiten auf Kreuzfahrtschiff als Bordfotograf
Das Arbeiten auf einem Kreuzfahrtschiff klingt nach viel Spaß, bedeutet aber auch Schichtarbeit und eine 7-Tage-Woche. © Sven Hüsemann

„Als Bordfotograf muss man sich keine Kabine teilen.“

Wie lebt es sich auf der „Mein Schiff 5“?

Viele Crewmitglieder haben Doppel- oder Vierfachkabinen. Als Fotograf bei „Mein Schiff 5“ schläfst du in einer Einzelkabine, was ein bisschen Privatsphäre bringt. Das WC teilst du dir mit der Nachbarkabine. Meistens schläft hier auch ein Fotograf oder eine Fotografin aus dem gleichen Department.

Kost und Logie sind für die Crewmitglieder frei. Es gibt eigene Bereiche für die Crew, darunter ein Fitnessstudio, einen Kiosk und eine Bar. Außerdem wurden Events an Bord oder Landgänge organisiert. Sobald das Schiff anlegt und du keine Schicht hast, kannst du vom Schiff gehen. Ich hab meine Freizeit aber auch gerne an Bord verbracht.

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Wie unterscheidet sich ein Seetag von einem Tag mit Landgang?

Seetage und Tage an Land waren komplett unterschiedlich. An Seetagen gab es viel mehr Aktionen, wie Poolpartys oder Fotoshootings und -workshops. Oftmals hatte man deutlich weniger Freizeit.

Bei Landgang gab es die Frühschicht, in der du die Leute vor dem Schiff fotografierst. Du stehst also mehrere Stunden am Pier, was ehrlich gesagt nicht sonderlich spannend ist. Oder du fährst bei einem Ausflug mit, was ausgenommen von den Guides keinem anderen Dienstleister an Bord gestattet ist.

Mein Highlight war, dass ich eine Strandhochzeit fotografieren durfte. Das Paar ist bewusst auf mich zugegangen, sowohl die standesamtliche als auch die freie Trauung am Strand sollte ich festhalten.

Arbeiten auf Kreuzfahrtschiff als Bordfotograf
Auf Wunsch zweier Passagiere fotografierte Sven Hüsemann deren Strandhochzeit in der Karibik. © Sven Hüsemann

Momentaufnahme oder gestelltes Motiv: Worauf hat ein Bordfotograf zu achten?

Selbst wenn du die schönsten Landschaften oder Sehenswürdigkeiten vor der Linse hast, geht es nicht darum diese abzulichten. Bordfotografen sind dafür da, die Passagiere beinahe immer und überall zu fotografieren. Das geschah eher weniger aus dem Moment heraus. Stattdessen animierst du die Gäste die ganze Zeit, für die Fotos zu posieren, die du idealerweise später im Shop auch verkaufst.

Am Anfang haben die meisten Leute noch Lust auf Fotos. Zum Ende der Reise wird die Bereitschaft bei vielen Gästen logischerweise immer weniger. Irgendwann bist du als Fotograf auch einfach ein bisschen nervig. Viele Passagiere nehmen es mit Humor, andere wiederum reagieren vielleicht mit doofen Sprüchen und werden dann nicht mehr unbedingt von uns angesprochen.

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„Wer will bitte beim Essen fotografiert werden?“

Was mir persönlich am unangenehmsten war, war das Fotografieren im Restaurant. Wir liefen von Tisch zu Tisch und sollten die Gäste beim Dinner fotografieren. Alle gucken einen an und denken wahrscheinlich „lauf weiter, bleib nicht bei mir, ich will nur meine Spaghetti essen“.

Je mehr Fotos ich als Bordfotograf verkaufe, desto höher fällt auch meine Provision aus?

Nicht ganz. Jeder Fotograf bekommt ein Grundgehalt plus eine Provision pro Reise. Einen gewissen Anteil vom Gesamtumsatz des Fotoshops erhält das Team als Provision – unabhängig davon, wie viele der eigenen Fotos verkauft wurden. In die Provision fließen aber auch Gästebewertungen mit ein. Wenn diese besonders positiv ausgefallen sind, hat sich das auch auf die Provision ausgewirkt.

Würden Sie nochmal als Bordfotograf auf ein Kreuzfahrtschiff gehen?

Auch wenn es anstrengend ist, war es mit die beste Zeit und ich bereue keine Sekunde. Für mich war der Job damals ein Traumberuf. Aber es muss halt einfach zur Lebenssituation passen. Ich bin für den Job das erste Mal alleine geflogen, habe in kurzer Zeit viel von der Welt gesehen und bin selbstständiger geworden. Doch mittlerweile haben sich meine Lebensumstände sehr geändert, sodass ich mir nicht mehr vorstellen kann, als Bordfotograf zu arbeiten.

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