Berlin. Zum 1. Januar 2025 steigt in der Lebensversicherung der Höchstrechnungszins. Doch Versicherungen sind nach wie vor nicht zum Sparen geeignet.
Manche Menschen melden sich einmal im Jahr. Verblasste Freundschaften oder eine verflossene Liebe beispielsweise, in der Regel zu Weihnachten oder zum Geburtstag. Und dann gibt es da noch den persönlichen Versicherungsvertreter. Er meldet sich meist dann, wenn er die Chance sieht, Geld zu verdienen. Der anstehende Januar 2025 ist solch ein Moment.
Denn die Versicherungsbranche hat gute Neuigkeiten zu verkünden. Erstmals seit 30 Jahren steigt in der Lebensversicherung der Höchstrechnungszins, auch Garantiezins genannt. Das ist der höchste Zinssatz, den ein Versicherer seinen Kunden bei Abschluss einer neuen Lebens- oder Rentenversicherung als Wertentwicklung für das Ersparte maximal garantieren darf. Er steigt zum 1. Januar 2025 von 0,25 Prozent auf 1,0 Prozent – augenscheinlich ein ordentlicher Sprung.
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Vergleicht man ihn jedoch über einen langen Zeitraum, liegt der Höchstrechnungszins noch immer auf einem niedrigen Niveau. Nur in sieben der 121 Jahre seit seiner Einführung lag er laut Daten des Gesamtverbands Deutscher Versicherer (GDV) unter einem Prozent. Die anderen 114 Jahre lag er über dem Wert für 2025. Die aktuellen Neuigkeiten sind daher nur auf den ersten Blick gut – und Lebens- und Rentenversicherungen werden daher auch nicht auf einmal wieder attraktive Produkte zum Sparen.
Denn wenn man die Rendite abzüglich der oft hohen Gebühren anschaut, schneiden Lebens- und Rentenversicherungen meist schlechter ab als andere Formen des Sparens. Zum Beispiel im Vergleich mit der von Finanztip empfohlenen Kombination aus Tagesgeldkonto und ETF-Sparplan.
Lebensversicherung: Was ist der Höchstrechnungszins?
Effektiv macht der gestiegene Höchstrechnungszins für Lebensversicherungen auf diesem niedrigen Niveau ohnehin fast keinen Unterschied. Der Höchstrechnungszins ist eigentlich ein Instrument, um Verbraucher vor unrealistischen Versprechungen der Versicherer zu schützen. Denn diese dürfen in ihren Angeboten und Verträgen maximal mit dem Höchstrechnungszins kalkulieren. Darüber hinaus hat er Einfluss darauf, wie viel Geld die Versicherer zur Absicherung der Verträge all ihrer Kunden auf die Seite legen müssen.
In Zeiten von deutlich gestiegenen Kapitalmarktzinsen können die Versicherer allerdings höhere Gewinne erwirtschaften als 1,0 Prozent. Einen Teil davon geben sie bei klassischen, zinsbasierten Verträgen als Überschussbeteiligung an ihre Kunden weiter. Diese lag 2024 laut der Rating-Agentur Assekurata, die die Veröffentlichungen von 43 Lebensversicherern ausgewertet hat, im Mittel bei rund 2,5 Prozent vor Abzug von Kosten. Und damit ohnehin sowohl oberhalb von 0,25 als auch von 1,0 Prozent. Der praktische Nutzen des gestiegenen Höchstrechnungszinses beschränkt sich für die Kunden also darauf, dass bei Abschluss von Neuverträgen auf dem Papier ein etwas höheres Endguthaben steht.
Lebensversicherung: Für wen sich jetzt ein Wechsel lohnt
Was können Sie jetzt also tun mit der eigenen Lebensversicherung? Wer bereits seit langer Zeit mit einer zinsbasierten Lebens- oder Rentenversicherung für den Ruhestand vorsorgt, sollte dabeibleiben und durchhalten. Denn gerade alte Verträge haben noch deutlich höhere garantierte Zinssätze. Und am Ende winkt nochmal ein Schlussbonus, der einen beträchtlichen Teil der Gesamtverzinsung ausmacht. Verträge, die vor 2005 abgeschlossen wurden, sind in der Auszahlung sogar steuerfrei.
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Wer schon länger eine fondsgebundene Rentenversicherung bespart, sollte den Vertrag optimieren. Fließt das Geld beispielsweise in einen oder mehrere aktiv gemanagte Aktienfonds, ist ein Wechsel zu einem deutlich günstigeren, marktbreiten Aktien-ETF sinnvoll. Dieser Wechsel ist kosten- und steuerfrei und kann über die Jahre zu einer deutlich höheren Rendite führen.
Wer erst kürzlich – insbesondere innerhalb der letzten fünf Jahre – eine Versicherung zum Sparen abgeschlossen hat, sollte den Vertrag ganz genau auf den Prüfstand stellen. Manchmal ist ein Ende mit Schrecken besser als ein Schrecken ohne Ende. Den Vertrag aufzulösen, ergibt allerdings nur Sinn, wenn das Geld anschließend anderweitig für den Ruhestand angelegt wird.
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Das Scheitern der Regierungskoalition und das damit verbundene Aus der geplanten Reform der privaten Altersvorsorge sorgt bei Versicherern und Verkäufern für lange Gesichter. Schließlich hatten sie darauf gehofft, das Geschäft durch neue Produkte zeitnah wieder deutlich ankurbeln zu können. Jede noch so kleine positive Neuigkeit kommt daher gelegen. Auch, wenn sie auf den zweiten Blick eigentlich gar keine ist.
Wer also in den kommenden Wochen einen Anruf von seinem Versicherungsvertreter bekommt, sollte dementsprechend erst einmal skeptisch sein. Es könnte sein, dass das Gespräch vor allem in seinem Interesse ist. Denn auch mit einem höheren Höchstrechnungszins sind nicht geförderte Lebens- und Rentenversicherungen, vor allem weil Provisionen und Verwaltungskosten die Produkte teuer machen, nicht zum langfristigen Sparen für den Ruhestand geeignet.
Dieser Beitrag erscheint in Kooperation mit finanztip.de. Deutschlands führender Geldratgeber ist Teil der gemeinnützigen Finanztip Stiftung.